Ein 81-Jähriger infiziert sich im Krankenhaus mit Corona. Er überlebt nur knapp. Seine Familie erhebt einen schweren Vorwurf: Die Ärzte hätten ihn sterben lassen.
In Bönen, einem kleinen Ort im Ruhrgebiet, serviert Bärbel Förster Mohnkuchen. Es ist Februar. Sohn Peter ist zu Besuch gekommen. Und mittendrin sitzt ein Mann, ihr Mann, der eigentlich nicht mehr leben dürfte, und trinkt Kaffee. Claus Mayr, grauer Jogginganzug, leicht gekrümmt, die langen weißen Haare zum Zopf gebunden, hält eine Tasse in seiner rechten Hand, sie zittert.
"Ich bin jedenfalls ein paar Mal von der Schippe gesprungen", sagt Claus, langsam, seine Stimme ein heiseres Krächzen. "Willst du Kuchen?", fragt Bärbel. "Nein, ich achte doch auf meine Linie", sagt Claus. "Seit wann?", fragt Peter. "Stiehl mir nicht wieder die Show", sagt Claus. Dann lachen alle.
Wann die Angst um Claus' Leben aufhörte, können seine Frau Bärbel und sein Sohn Peter, nicht sagen. Vielleicht ist sie bis heute geblieben. Aber sie wissen noch genau, wann sie anfing: Am 20. Oktober 2020, als Claus' Herz plötzlich komisch wummert, sie mit ihm ins St. Marien-Hospital nach Hamm fahren und die Ärzte ihn im Krankenhaus behalten.
Die Ärzte untersuchen sein Herz. Es schlägt zu schnell und pumpt zu wenig Blut. Vorhofflimmern, typische Altersschwäche.
Als Claus ins Krankenhaus kommt, kämpft Deutschland mit dem ersten Corona-Winter. Die Nachrichten zeigen Bilder von geschlossenen Restaurants. veröffentlicht erste vielversprechende Impfstoffdaten. Die Krankenhäuser lassen keine Besucher mehr rein. Spaziergänge zu zweit. Lockdown.
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