Grünheide. Aktivisten der Initiative „Tesla stoppen" sind beim Elektro-Autobauer angerückt. Polizei spricht von „nicht angemeldeter Versammlung".
Nach ihrem Votum gegen eine Erweiterung der Tesla-Fabrik haben die Einwohner von Grünheide bei Berlin Unterstützung von Umweltaktivisten erhalten. Etwa 80 Aktivisten der Initiative „Tesla stoppen" besetzten in der Nacht zu Donnerstag ein Waldstück nahe der Autofabrik des Unternehmens (Oder-Spree), um gegen die geplante Werkserweiterung zu protestieren. Auf dem etwa 120 Hektar großen Areal, welches für die Erweiterung des Geländes gerodet werden soll, errichtete die Gruppe nach eigenen Angaben am Donnerstag rund acht Baumhäuser. Mit großen Seilen wurden die Holzkonstruktionen in verschiedenen Höhen angebracht.
Tesla will neben dem Werksgelände mit rund 300 Hektar auf zusätzlichen rund 170 Hektar einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten. Dafür sollen mehr als 100 Hektar Wald gerodet werden. In einer Einwohnerbefragung hatte sich kürzlich eine große Mehrheit dagegen ausgesprochen. Das Votum ist rechtlich nicht bindend, gilt aber als wichtige Wegmarke. Die Gemeindevertretung muss einem Bebauungsplan noch zustimmen. Kritiker forderten, ihn zu ändern. Sie sehen keinen Grund für eine Erweiterung des Geländes. Nach Worten von Bürgermeister Arne Christiani werden sich die Gemeindevertreter nicht gegen das Votum der Bürger stellen.
Tesla: Aktivisten richten sich Feldküche ein
Die Aktivisten fordern von Tesla, Gemeinde, Land und Bund, alles zu tun, um die Erweiterung zu stoppen und eine klimagerechte Mobilitätswende voranzubringen. Die Besetzer wollten sich für eine längere Zeit einrichten. Ein Teil von ihnen sei bereits vor zwei Tagen angereist und übernachte seitdem auf selbst gebauten Plattformen in den Bäumen. „Wir bleiben so lange hier, wie es nötig ist", erklärte Paul Eisfeld von der Initiative „Tesla stoppen" am Donnerstag. „Tesla überschreitet seit Monaten die Schadstoffgrenze im Abwasser und ist zudem in dieser wasserarmen Region, in der die Menschen ihr Wasser sogar rationieren müssen, ein Großverbraucher", so Eisfeld. Mit der Besetzung des Waldes wolle man darauf aufmerksam machen.
Zu den Aktivisten stießen im Laufe des Vormittags immer mehr freiwillige Unterstützer, die Hängematten zwischen den Bäumen anbrachten oder an weiteren Plattformen bauten. Ein Baumhaus war mit einer Antifa-Fahne geschmückt, wenige Meter weiter hing ein großes „Water is a human right"-Banner. Die Stimmung war bis zum Mittag friedlich, einige Personen hatten sich vermummt - um, wie sie selbst sagten, anonym zu bleiben und sich vor der Polizei zu schützen.
Polizei prüft, ob das Gelände geräumt wirdDie Polizei sprach am Donnerstag über die Besetzung des Waldstücks als von einer nicht angemeldeten Versammlung. „Momentan scheint es so, als gebe es hier einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz" erklärte Roland Kamenz, Sprecher der Polizeidirektion Brandenburg-Ost, vor Ort. Zwar sei die Polizei in Kontakt mit den Aktivisten, einen Ansprechpartner, der als Verantwortlicher für die Protestaktion auftritt, gebe es bisher aber noch nicht. Am Donnerstag prüfte die Polizei, ob das Waldstück geräumt werde. Eine Entscheidung sollte es laut Kamenz frühestens im Laufe des Tages geben.
Die Protestaktion kam bei der Bevölkerung in Grünheide gut an. „Ich bin total überrascht und erfreut darüber, dass es so viele junge Menschen gibt, die sich für das Wasser und den Wald einsetzen", zeigte sich Manuela Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide begeistert. Sie selbst habe am Morgen aus dem Radio von der Besetzung erfahren und sei nun selbst in den Wald gekommen, um die Aktivisten mit Wasser und Schlafsäcken zu unterstützen, „so lange, wie es eben dauert". Von der Besetzung des Waldstücks, das der Gemeinde Grünheide gehört, erhofft sich Hoyer mehr Aufmerksamkeit für ihr Anliegen - die Verhinderung des Gigafactory-Ausbaus: „Die Politik muss merken, dass Wasser und Wald schützenswerte Güter sind und durch diesen Turbokapitalismus alles zerstört wird."
Die Aktivistin Caro Weber sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Initiative vertraue nicht darauf, dass die Politik dem Willen der Einwohner folgen werde, da schon das bestehende Werk mit Sondergenehmigungen gebaut worden sei. Ein Teil des Tesla-Geländes liegt im Trinkwasserschutzgebiet. Tesla hatte sein Werk auch über vorzeitige Zulassungen errichtet. Zu der Aktion bei Tesla sind der dpa zufolge Umweltaktivisten aus dem ganzen Bundesgebiet angereist. Sie seien erfahren im Klettern, in Lützerath und im Hambacher Forst in NRW dabei gewesen.
Der Hambacher Forst zwischen Köln und Aachen gilt als Symbol des Protestes gegen Kohle und war im Jahr 2018 zur Rodung vorgesehen, um dem Energiekonzern RWE die Möglichkeit zum Abbau der Braunkohle darunter zu geben. Es kostete die Polizei viele Wochen und Millionen Euro, um 86 Baumhäuser abzumontieren und die darunter liegenden Lager aufzulösen. Ein Journalist kam zu Tode, als er durch die Bretter einer Hängebrücke 15 Meter in die Tiefe stürzte. Als die Räumung fast geschafft war, wurde die Rodung per Gerichtsbeschluss vorläufig verboten.
Was will Tesla auf der erweiterten Fläche bauen?
Der E-Autobauer will neben dem 300 Hektar großen bestehenden Werksgelände einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten. Dafür sollen mehr als 100 Hektar Wald gerodet werden. Unter anderem Naturschützer und Bürgerinitiativen sind gegen die Erweiterung. Tesla sieht Vorteile für die Region, wenn der Bebauungsplan schließlich durchkäme. Der Güterverkehr könnte mit dem Werksbahnhof entlastet werden. Es gehe auch um mehr Liefersicherheit mit Lagerflächen, so das Unternehmen. mitdpa
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