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Münchner Band der Woche: Kokonelle

"Ich sage empowernde Wörter, die ich gerne gehört hätte, die vielleicht auch andere schwarze Frauen gerne hören würden", sagt Kharis Ikoko. Als Sängerin nennt sie sich Kokonelle. (Foto: Andreas Roppel)

Von Lisa Miethke

Musik enthält Töne, Klänge und Geräusche, sicherlich. Doch kann sie nicht auch eine Einladung sein? Dazu, sich gegenseitig auszutauschen und zuzuhören, mal nichts oder sehr viel zu sagen, um sich über Zustände aufzuregen und wütend zu sein. So empfindet das zumindest die Künstlerin Kokonelle, bürgerlich Kharis Ikoko. In ihren Songs gibt sie sich häufig gesellschaftskritisch, erzählt aus der Perspektive einer schwarzen Frau mit kongolesischen Wurzeln heraus, spricht über schwarze Probleme, nicht zuletzt aber auch über Ermächtigung und Selbstbestimmung.

"Ich sage empowernde Wörter, die ich gerne gehört hätte, die vielleicht auch andere schwarze Frauen gerne hören würden", sagt sie. Kharis, die hier lieber mit ihrem Spitznamen "Koko" genannt werden möchte, könnte man vielleicht als menschgewordene Symbiose aus Musik und Aktivismus beschreiben. Auf der einen Seite Sängerin, Rapperin und Songwriterin, engagiert sie sich neben der Musik als Bildungsreferentin für antischwarzen Rassismus und Diskriminierung, hält Vorträge und gibt Workshops. "Ohne das eine, kann ich das andere nicht", sagt Koko. Ein künstlerisches Produkt dieser Symbiose ist also ihre hochpolitische Musik, eine Melange aus Hip-Hop, Afropop und Soul in Englisch, Lingala, Französisch und Deutsch. In diesem Spannungsfeld bewegen sich Kokonelles Songs, mal klingt das nach starken Beats, Partystimmung und einer ordentlichen Portion Rap-Attitüde, doch dazwischen tauchen immer wieder auch weiche und gefühlsbetonte Songs auf.

Musikalische Einflüsse sammelte sie schon früh, besonders Familie und Kultur hätten dabei eine große Rolle gespielt: "Als Kind habe ich immer den Älteren und ihrer Musik zugehört. Früher war das oft Gospel, kongolesische kirchliche Musik", sagt Koko. Und: "Kongo hat viele Musikarten inspiriert, sagt man. Es liegt mir sozusagen in der Wiege, dass ich aus einem Land komme, das sehr musikalisch ist." Am Anfang stand da also die musikalische Kindheit, später folgten der klassische Weg auf die Schulbühne und die ersten Auftritte. Doch erst der brutale Tod des Afroamerikaners George Floyd bewegte sie 2020 dazu, ihren eigenen Texte zu schreiben. Für sie eine Zeit vieler Emotionen, voller Wut und Verzweiflung, erzählt Koko heute. "Von mir persönlich kam da der Entschluss: Ich möchte aktivistisch sein, ich möchte etwas machen, ich möchte etwas verändern und es mir nicht nur vornehmen."

Zwar sind Kokos Songs vorerst nur live zu hören, ein Release ist aber noch für dieses Jahr geplant. Wer sich bis dahin trotzdem einen ersten Eindruck machen möchte, kann etwa zu einem ihrer Auftritte im Mai bei der Langen Nacht der Musik oder in den Münchner Kammerspielen - zusammen mit "Alogte Oho & his Sounds of Joy" - kommen.

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