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„Bereit, robuste Brigade zu stationieren": 4000 Bundeswehr-Soldaten kommen nach Litauen

Foto: Imago

Deutschland wird nun doch dauerhaft eine Bundeswehrbrigade in Litauen stationieren. 4.000 Soldatinnen und Soldaten sollen die Ostflanke verstärken, sobald die Infrastruktur dafür vorhanden sei.

Das kündigte Verteidigungsminister Boris Pistorius in der litauischen Hauptstadt Vilnius an.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Security.Table Professional Briefing vor - zuerst veröffentlicht hatte ihn Security.Table am 27. Juni 2023.

Überdeutlich drückte sich Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch in Litauen am Montag aus: „Deutschland ist bereit, dauerhaft eine robuste Brigade in Litauen zu stationieren." Eine Voraussetzung dafür sei, dass Litauen die entsprechende Infrastruktur wie Kasernen, Munitionsdepots und verbesserte Übungsmöglichkeiten bereitstelle.

Bei einer dauerhaften Stationierung von 4.000 Soldatinnen und Soldaten gehe es nicht nur um Truppen und Material, sondern auch um Familien, sagte Pistorius. Damit kündigte er die erstmalige dauerhafte Stationierung deutscher Kampftruppen im Ausland an.

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Als zweite Voraussetzung nannte der deutsche Minister die Zustimmung des obersten militärischen Befehlshabers der Nato. Das Bündnis überarbeitet gerade seine regionalen Verteidigungspläne und will diese auf dem Nato-Gipfel am 11. und 12. Juli in Vilnius verabschieden. Entscheidend sei, so Pistorius, ob eine dauerhafte Stationierung der Brigade mit den neuen Verteidigungsplänen vereinbar sei oder ob die Allianz einen flexibleren Ansatz wolle.

Litauen will die Kapazitäten bis 2026 aufbauen

Seit 2017 unterstützt die Nato in Estland, Lettland, Litauen und Polen mit Kampfgruppen in Bataillonsstärke die jeweiligen Streitkräfte; die deutsche Brigade ist ein zusätzliches deutsches Angebot für Litauen.

Offen bleibt nach Pistorius' Ankündigung allerdings, ab wann die Brigade vollständig in Litauen stationiert sein kann. Man arbeite daran, die nötigen Kapazitäten bis 2026 aufzubauen, sagte Litauens Präsident Gitanas Nausėda nach einem Treffen mit dem deutschen Verteidigungsminister. Synchron zum Kapazitätsaufbau werde man dann Personal nach Litauen verlegen, so Pistorius.

Offen bleibt vorerst auch, wie die angekündigte dauerhafte Stationierung aussehen soll und woher das Heer diese Soldaten nehmen könnte. Deutschland hat der Nato für 2025 und 2027 jeweils eine einsatzbereite Division zugesagt. Eine komplette Kampfbrigade zusätzlich zu dieser ohnehin fordernden Aufgabe zusammenzustellen, ist für die Bundeswehr personell schwer zu stemmen.

Auslandsstationierung bisher nur auf freiwilliger Basis

Darüber hinaus sieht die Bundeswehr eine dauerhafte Stationierung im Ausland bislang nur auf freiwilliger Basis vor: Für einen mehrjährigen Aufenthalt im Baltikum müssten sich genügend Mannschaften, Feldwebel und Offiziere finden, die ihren Lebensmittelpunkt verlegen und möglicherweise sogar die Familie mitnehmen. Im Unterschied zu den USA, Frankreich und Großbritannien hat die Bundesrepublik mit dieser Art des Auslands-Engagements keine Erfahrungen.

Die Nachricht und Deutlichkeit von Pistorius' Aussage kamen überraschend, herrschten doch beim Thema Brigade seit einem Jahr Meinungsverschiedenheiten zwischen Litauen und Deutschland. Grund dafür war eine unterschiedlich interpretierte Formulierung in einem Kommuniqué von Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Nausėda vom 7. Juni 2022. Darin sagte Scholz, Deutschland werde zur Abschreckung und Verteidigung gegen russische Aggression eine robuste und gefechtsbereite Brigade durch ein permanent vorgeschobenes Element eines Brigadestabes in Litauen „anführen".

Litauische Parlamentarier begrüßen die Pläne

Während Litauen seither auf eine permanente Stationierung einer vollen Brigade pochte, verfolgte Deutschland bislang einen flexibleren Ansatz: Seit Anfang Oktober 2022 besteht in Rukla ein vorgeschobenes Brigadekommando, ein so genanntes Forward Command Element, unter der Führung von Brigadegeneral Christian Nawrat, um schnell auf Lageänderungen reagieren zu können. Munition und Material sollte in Litauen vorgelagert, die gemeinsamen Übungen intensiviert werden. Die restlichen Truppenteile sollten, so der Plan bislang, in Deutschland vorgehalten und bei Bedarf innerhalb von zehn Tagen nach Litauen verlegt werden können.

Mit der aktuellen Übung „Griffin Storm", die Anlass für Pistorius' Besuch in Litauen war, hatte Nawrats Panzergrenadierbrigade 41 genau diese schnelle Verlegbarkeit von 1.000 deutschen Soldaten per Land, Wasser und Luft demonstrieren wollen.

Im litauischen Parlament begrüßt man die Nachricht der dauerhaften Stationierung. Nach Monaten, in denen es aus Deutschland bremsende Töne gegeben habe, sei dies es nun eine gute Nachricht, sagt Laurynas Kasčiūnas, Abgeordneter der christdemokratischen Partei Homeland Union Litauen. „Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen, um bis 2026 fertig zu sein. Dann bleibt es abzuwarten, ob Deutschland auch wirklich bereit ist." (Von Lisa-Martina Klein mit Thomas Wiegold)

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