Im Anschluss an die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 gab es beim DFB den Wunsch nach einem Museum für die schönste Nebensache der Welt. Dass das DFB-Museum im Herzen des Ruhrpotts, in Dortmund, seinen Standort gefunden hat, liegt vor allem daran, dass durch die vielen großen umliegenden Städte potenziell mit bis zu zehn Millionen Besucher*innen gerechnet werden kann. 2012 erfolgte dann der erste Spatenstich in unmittelbarer Nähe zum Dortmunder Hauptbahnhof - und irgendwann im Sommer dieses Jahres wird es eröffnet. So zumindest die Planung. Was ich mir am Wochenende ansehen durfte, erinnerte noch nicht wirklich an ein Museum. Eher an einen, mit 7.000 Quadratmetern zugegeben sehr üppigen, Abenteuerspielplatz für kecke Journalist*innengruppen.
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts
Schummriges Licht einer Baustellenlampe schafft eine andächtige Atmosphäre, als ich mir mit den anderen elf Schnüffelnasen den Weg durch die Baustelle des Fußballmuseums bahne. Die Zigarettenstummel auf dem Boden verraten, dass hier aktiv jede Arbeitsminute genutzt wird, und auch ein herumliegendes Bonbon-Papier stecke ich sicherheitshalber ein. Es könnte vielleicht später ein wertvolles Indiz sein.
Was an diesem Freitagnachmittag auf der Baustelle unsere Mission ist, scheint Allen etwas unklar zu sein. Das Drehbuch in meinem Kopf schlägt jedoch Arbeitstitel à la „Auf der Suche nach dem verschütteten WM-Pokal" vor. Zumindest stehen wir alle feierlich in den halbdunklen Räumen und schauen mit „Ahh" und „Ohh" auf die leere Fläche, die DFB-Museum-Pressesprecher und unser Expeditionsleiter Knut Hartwig als WM-Pokal-Ausstellungsplatz deklariert. Dieser ist bei der Begehung der Baustelle auch bierernst, versucht aber dabei stetig unserer Fantasie auf die Sprünge zu helfen, indem er selbst in einem komplett dunklen Raum erklärt, dass hier in baldiger Zukunft die Fußballhelden von 1954 die Besucher*innen begrüßen werden. Ich kann es vor meinem inneren Auge förmlich sehen. Ach Moment, stimmt. Ich hab ja auch vorab den ausführlichen Promotion-Trailer des Museums gesehen.
Mein Impuls, spontan eine Runde Fangen zu spielen, scheint bei den anderen Abenteurer*innen keinen Anklang zu finden. Meine Stupser in den Rücken werden mehrfach als Stolpern über herumliegende Kabel abgetan und mein Verstecken in dem zukünftigen Fahrstuhlschacht als ernsthaftes Interesse an der Baustelle fehlinterpretiert. Schade. Dann vielleicht doch ein einsames Tarzan-Spiel an den lianenartigen Stromkabeln, die überall so verlockend von der Decke baumeln?
Und dieser ähh Kastenbums, wird mal...
Doch wir sind schon bei einem weiteren „Ahh" und „Ohh"-Punkt angelangt: Die zukünftige N 11-Bar bietet einen hübschen Blick auf Dortmunds Bahnhof und Umgebung. Nett. Diskutiert werden hier jedoch von den besorgten Journalist*innen ausschließlich die zu Vandalismus neigenden Punks auf dem Bahnhofsvorplatz. Ein anderer Journalist wirft außerdem die Frage in den Raum, ob es bereits jemanden gäbe, der regelmäßig die toten Vögel vor dem Museum einsammelt. Die können sich schließlich allzu leicht ihre Schnäbel an der großen Fensterscheibe des Restaurants einhauen. Fragen, die selbst den gut informierten Knut Hartwig für einen kurzen Moment aus dem Konzept bringen.
Angekommen im letzten Teil des DFB-Museums, der Hall of Fame, die momentan noch eine Hall of Staub ist, war ich insgesamt zufrieden mit unserer Teamleistung. Mit zwölf Leuten waren wir unerschrocken in die dunklen Räume hineingetapst und zwölf Leute stehen auch mit mehr oder weniger dreckigen Schuhen am Ende wieder vor Pressesprecher Hartwig. Mission accomplished. Sinn der frühzeitigen Museumsführung weiterhin unklar.
Auch wenn ich an diesem Freitagnachmittag keine spannenden Exponate, wie den Fußballschuh von Helmut Rahn oder den Weltmeisterbus von 2014 gesehen habe, so habe ich immerhin auf den Treppen in der Baustelle des zukünftigen DFB-Museums Sport getrieben. Die trickreichen Treppen waren gespickt mit kleineren Fallen, wie etwa herausragenden Holzpfeilen oder herumliegenden Schrauben. Aber ich bin ja nicht von gestern. In Jump'n'Run-Manier meisterte ich auch dieses Level ohne blaue Flecken.
Sonne, Bier, Tore und „Danke Kloppo"
Doch das Wochenende bot noch mehr. Am Samstag stand dann ein Besuch im Westfalenstadion auf dem Plan. Die Dortmunder empfingen Zuhause den SC Paderborn 07. War ich vorher der falschen Annahme erlegen, dass hauptsächlich Bier und ein bisschen Fangesang einen Stadionbesuch ausmachen, so habe ich jetzt einen anderen Eindruck.
Mir war beispielsweise nicht bewusst, dass man für einen Stadionbesuch in bestimmten Rängen doch lieber schwindelfrei sein sollte. So ein Platz im Block 51 auf der Osttribüne ist wirklich hoch. Durch Finesse und eine erfahrene Stadionbegleitung sitze ich jedoch keine zehn Minuten in schwindelerregender Höhe. Denn ein echter Kenner weiß: „Bestimmt kommen aus den unteren Rängen nicht alle Dauerkartenbesitzer, ich such uns mal andere Plätze." Sprach's und war verschwunden. Wie gut, dass es beim BVB ab diesem Stadiontag WLAN gibt. Nicht, dass ich noch in ein emotionales Gespräch über Jürgen Klopps Abgang verwickelt werde.
Taktik, Taktik, Taktik
Wenige Minuten später sitze ich auch schon in prächtiger Sonne ein paar Meter entfernt von der Trainerbank und dem herumtigernden „Kloppo". Statt der erwartenden Sprüche wie etwa „Schmarotzer" werden wir von der alteingesessenen Clique auf dem Rang mit freudigen „Eine volle Tribüne trägt einfach so sehr zur guten Atmosphäre bei"-Schulterklopfern begrüßt. So dürfte es beim Vordrängeln an der Supermarktkasse auch gern mal laufen. Statt hoch oben im Schatten, thronen wir nun sonnig inmitten einer Taktikbesprechung des zweiten Trainerstabes. Jeder Pass wird kommentiert, jede Entscheidung des Schiris angezweifelt. Verwunderlich, dass Klopp diese engagierten Fanzurufe nicht direkt eins-zu-eins umsetzt. Gehört hat er sie vermutlich.
Mühe gegeben hat sich die Dortmunder Mannschaft jedenfalls bei meinem Besuch im Westfalenstadion. Gleich sechs Tore konnten bejubelt werden, von denen sogar ganze drei zählten. Bier verschütte ich bei mindestens vieren und mein Eis schmierte ich erst beim letzten in das ausgeliehene Trikot meiner Begleitung (blieb glücklicherweise unbemerkt).
Beim ausgiebigen Spaziergang nach Abpfiff durchs Stadion kann ich mich dann noch einmal auf den VIP-Sitzen mit ausreichend Beinfreiheit erholen und mit den übriggebliebenen Fans in einen „Danke Kloppo"-Fangesang einstimmen. Die Stimmung war top und die Stadt glich am Abend einer gut gelaunten Müllhalde - Dortmund, du hast mich überzeugt. Ich komme wieder. [Gerne] auch zur DFB-Museumseröffnung.