Um kurz vor 6 Uhr morgens sind Tausende Menschen bereits auf den Beinen. Viele haben sich schon im Morgengrauen, als die ersten Vögel zu zwitschern begannen, am Langener Waldsee versammelt. Die Sonne steigt immer weiter auf und färbt den Himmel über dem Waldsee in goldenes Licht. Im Wasser wimmelt es nur so von Athleten, die mit ihren roten Badekappen kurze Aufwärmstrecken kraulen. Wie kleine rote Stecknadeln bewegen sie sich im Wasser auf und ab. Von Anfang Zwanzig bis Ende Siebzig sind alle Altersklassen vertreten. Der Sandstrand füllt sich derweil mit immer mehr Zuschauern. Sie werfen die Arme in die Höhe und klatschen in die Hände. Ihr Jubeln ist mit lauter Pop-Musik, die aus großen Musikboxen dröhnt, unterlegt. Es ist ein besonderer Sonntagmorgen: Der Ironman Frankfurt startet zum zwanzigsten Mal.
3000 Athleten aus 81 Nationen, darunter 43 Profi-Männer und 12 Profi-Frauen, gingen bei der Jubiläumsausgabe an den Start. Der erste Startschuss fiel am Langener Waldsee um 6.25 Uhr für die Profi-Männer: Sie waren die ersten, die sich in das Rennen über 3,8 Kilometer Schwimmen und 185 Kilometer Radfahren stürzten und danach noch einen 42,195 Kilometer langen Marathon meisterten. Jeweils fünf Minuten später starteten dann das Profifeld der Frauen und schließlich die vielen Gruppen der sogenannten Jedermänner und -frauen.
Gute Vorbereitung in der WechselzoneNeben den drei Disziplinen ist beim Ironman noch eine weitere von großer Bedeutung, die gern vernachlässigt wird: Der Wechsel zwischen den Sportarten. Eine gute Vorbereitung in der Wechselzone kann am Ende die entscheidenden Sekunden bringen. Beim Wechsel vom Schwimmen aufs Rad sei es besonders wichtig, ruhig zu bleiben und einen kühlen Kopf zu bewahren, sagt Lars Viehweg, Leiter der ersten Wechselzone. „Ich glaube, es gibt viele, die dann hektisch werden und dann passieren Fehler, dass man etwa sein Fahrrad nicht findet", sagt Viehweg.
Seit 5 Uhr morgens hat die Wechselzone geöffnet. Zutritt nur für Athleten. Ihre Unterstützer stehen vor den Absperrzäunen, um auch während der letzten Vorbereitungen für den großen Wettkampf beizustehen. Gabi Schrei fiebert mit ihrem Mann und genießt die gute Stimmung. „Es ist immer so eine tolle Atmosphäre hier am See, wenn man anreist und es fast noch dunkel ist", sagt Schrei. Ihr Mann ist zum zweiten Mal beim Ironman dabei. Bis zum Startschuss prägen sich die Athleten ihre Laufwege zum Fahrrad anhand von Orientierungspunkten ein. So können sie das eigene Gerät später schnellstmöglich unter den tausend anderen wiederfinden. Immer wieder wird die Luft im Fahrradreifen überprüft, Helm und Wechselkleidung im Umkleidezelt griffbereit gelegt.
Die meisten Teilnehmer durchlaufen vor dem Wettkampftag ein monatelanges, hartes Training, um eine solch extreme sportliche Leistung zu schaffen. Nicht jedoch Rune Lauszus aus Bremen. Ursprünglich hatte er bloß seinen Kumpel begleitet, der zum zweiten Mal am Ironman teilnehmen wollte. In der Schlange zur Registrierung am Vorabends des Wettbewerbs entschloss sich der natürlich nicht unsportliche Bremer, auch selbst am Triathlon teilzunehmen. Er zahlte die Startgebühr von etwa 1000 Euro und besorgte sich ein Leihrad und Ausrüstung. „Gerade ist die Euphorie einfach so groß, dass ich nicht weiß, worauf ich mich eingelassen habe", sagt Lauszus. Er fahre zwar Rennrad und habe an Halbmarathons teilgenommen, das sei allerdings nicht annähernd eine Vorbereitung auf den Ironman.
Sein Freund Ivo Schmidt hingegen hat sich ein ganzes Jahr lang auf das Großereignis vorbereitet. Die letzten vier Monate seien besonders intensiv gewesen. Dazu zählte auch, diszipliniert auf die Ernährung zu achten. Fünf bis sechs Einheiten in der Woche trainierte Schmidt, die letzten Monate kam noch ein zusätzliches Intervalltraining dazu.
Im Zweifel am Rand schwimmenDas Wetter am Sonntagmorgen ist dann ideal für einen Ironman: Es weht kaum Wind und die Sonne versteckt sich noch hinter vereinzelten Wolken. Auch über die Wassertemperatur sind die Athleten erleichtert: 24,3 Grad. Sie dürfen einen Neoprenanzug tragen. Dieser macht die Schwimmer schneller, weil er den Widerstand des Wassers senkt. Beim Schwimmen sei es besonders wichtig, die eigene Leistung richtig einzuschätzen und danach die Startposition auszuwählen, sagt Lars Viehweg in der Wechselzone. „Als guter Schwimmer, klar, erste Reihe, Mitte. Als nicht so guter Schwimmer sollte man sich ein bisschen hinten anstellen oder am Rand schwimmen."
Um 6.20 Uhr ist es fast soweit: Die Zuschauer haben vor der Startposition eine Gasse gebildet, auch die Athleten stehen bereit. Dann ertönt die deutsche Nationalhymne - noch fünf Minuten bis zum Start der Profis. Die Musik setzt kurz vor 6.25 Uhr aus. Das Geräusch eines Herzschlags schallt stattdessen aus den Boxen. Ein dumpfer Knall ist der Startschuss. 43 Männer stürzen sich ins Wasser. Die Zuschauer feuern sie lautstark an. Nur wenige Sekunden später ertönt der Elektro-Hit „Explode" von Jordan and Baker, während die Athleten erstmal zu kleinen roten Stecknadeln in der Ferne werden.