1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Vorbilder des Klimaschutzes - Der Klimapionier Joseph Fourier entdeckte vor fast zweihundert Jahren den Treibhauseffekt

Um seinen Experimentierdrang zu stillen, bediente sich der französische Mathematiker und Physiker Joseph Fourier auch schon mal in der Waffenkammer. Er habe Kanonenkugeln erhitzt, um zu beobachten, wie schnell sie abkühlten, erzählt der Wissenschaftshistoriker James Rodger Fleming. "Mit dem Experiment wollte er herausfinden, wie lange die Erde zum Abkühlen benötigte".

Die Frage, wie die Temperatur unseres Heimatplaneten zustande kommt, ist für die Klimaforschung elementar - und sie hielt auch Fourier nachts wach. Mit seinen Spekulationen stieß er vor rund zweihundert Jahren auf eine Goldader: Als Erster äußerte er öffentlich die Idee, dass die Erdatmosphäre für die Speicherung reflektierter Sonneneinstrahlung verantwortlich sein könnte - ein Phänomen, das wir heute "Treibhauseffekt" nennen.

Vordenker der Klimaforschung

Bekannt ist der Franzose vor allem für die Fourier-Analyse, mit deren Hilfe man Signale in ihre Frequenzanteile zerlegen kann, was vornehmlich in der Physik und Mathematik bedeutsam ist. Doch heute kann man Fourier zweifelsfrei auch als Vordenker der Klimaforschung betrachten, obgleich seine Hypothesen über die Temperatur der Erde kaum ausgegoren waren.

1768 in Auxerre geboren, verfing sich Fourier in den 1790er-Jahren zunächst in den Wirren der Französischen Revolution. Zur Zeit des Terrors saß er im Gefängnis, weil er die radikale Jakobinerfraktion kritisiert hatte. Der Guillotine entging er nur knapp. Später begleitete er als wissenschaftlicher Berater Napoleon auf dessen berühmter Expedition nach Ägypten und wurde zum Sekretär der Pariser "Académie des sciences".

In einem Essay aus dem Jahr 1824 dachte Fourier über die möglichen Wärmefaktoren der Erde nach. Seinen Berechnungen zufolge hätte ein Körper von der Größe der Erde eigentlich kälter sein müssen, als diese in Wirklichkeit war. Doch woher kommt die zusätzliche Wärme, fragte sich der Wissenschaftler. Sowohl die Hitze aus dem Erdkern als auch der Einfluss der kosmischen Strahlung kamen für ihn infrage.

Obendrein spekulierte Fourier, dass auch die Atmosphäre für die Speicherung von Sonnenwärme verantwortlich sein könnte: "So steigt die Temperatur durch das Dazwischentreten der Atmosphäre, weil die Wärme in Form von Licht ungehindert in die Luft eindringt - aber dann daran gehindert wird, wieder zurückzukehren, nachdem sie in Wärme umgewandelt wurde", schrieb er 1824.

Fourier beschrieb den "Treibhauseffekt"

Im Kern hatte Fourier recht: Sonnenlicht, das die Atmosphäre ungehindert passiert und auf die Erde trifft, wird teilweise als Infrarotstrahlung zurückgeworfen. Für diese Strahlung ist die Atmosphäre fast undurchlässig, weshalb die Wärme gefangen wird, im "Treibhauseffekt", wie es heute heißt.

Fourier selbst hat diesen Begriff nie benutzt (er wurde 1901 von dem Meteorologen Nils Gustaf Ekholm geprägt), und auch die Forschung zur Infrarotstrahlung steckte in den 1820er-Jahren erst in den Kinderschuhen. In Ermangelung eines besseren Ausdrucks nannte Fourier die Strahlung darum chaleur obscure - "unsichtbare Hitze".

Als Denkhilfe diente ihm ein Versuchsaufbau des Geologen Horace Bénédict de Saussure, der mithilfe eines Apparates die Temperatur der Sonneneinstrahlung maß. Saussure hatte eine Box von innen mit schwarzem Kork ausgekleidet und Sonnenlicht durch ein Glasfenster eindringen lassen. Das Innere der Kiste erhitzte sich stark - ein Effekt, der ohne das Glas ausblieb. Obgleich die Wirkung nicht exakt dieselbe war, da sich die Erwärmung der Box vielmehr auf die fehlende Luftdurchmischung zurückführen lässt, inspirierte Saussure doch Fouriers Gedankenspiel.

Vorbild für andere Forscherinnen und Forscher

Wie also ist Joseph Fouriers Verdienst als Klimapionier historisch zu bewerten? Keine Frage, manche seiner Annahmen sind aus heutiger Sicht falsch. So schätzte er den Beitrag der kosmischen Strahlung auf die Erdtemperatur größer ein als den Einfluss der atmosphärischen Barriere. Ferner war Fourier kein Klimaforscher im modernen Sinne, sondern vielmehr ein kluger Geist, der viele Hypothesen produzierte, welche sich damals aber noch nicht beweisen oder widerlegen ließen.

Der Franzose war auch keineswegs der Erste, der sich Gedanken über die klimatischen Bedingungen gemacht hat. Bereits der Aristoteles-Schüler Theophrastus hatte gemutmaßt, dass menschliches Verhalten - das Trockenlegen von Sümpfen oder Abholzen von Wäldern - das lokale Klima verändern kann. Im 18. Jahrhundert ließen sich Denker wie Montesquieu und Rousseau darüber aus, wie unterschiedliche klimatische Bedingungen umgekehrt menschliche Gesellschaften beeinflussen. Doch Fourier gehörte zu den Ersten, die holistisch über das Klima des Planeten als Ganzes nachdachten.

Ohne die wichtige Temperaturregulierung des Treibhauseffekts wäre Leben auf der Erde wohl kaum möglich. Und doch verändert der Mensch durch sein Verhalten das prekäre klimatische Gleichgewicht. Spätere Forscherinnen und Forscher bauten auf Fouriers Einsichten auf: Die Amerikanerin Eunice Newton Foote etwa beobachtete, dass CO 2 in der Luft Wärme einfangen kann, und eine höhere CO 2-Konzentration auch die Temperatur steigen lässt. Das war im Jahr 1856.

Zum Original