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AfD - Resilienz und Gegendruck

Eine gezielte Provokation: Nicole Höchst Foto: Christian Ditsch/Imago

Nicole Höchst sorgt sich um die Reproduktion des deutschen Volkes. Außerdem findet sie, Deutschland habe „weniger ein Problem mit Fremdenfeindlichkeit als viel eher ein Problem mit feindlichen Fremden". Keine sonderlich überraschenden Positionen für eine Abgeordnete der AfD.

Doch nun hat ihre Fraktion sie in das Kuratorium der Magnus-Hirschfeld-Stiftung entsandt. Eine Provokation sei das, meint nicht zuletzt der Bundesverband der Lesben und Schwulen. Und es ist ja auch absurd: Eine Politikerin, die die Aufhebung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare als „Befriedigung von Kleinstinteressen" bezeichnet und findet, über LGBT aufzuklären sei ein „Angriff auf Kinderseelen", sitzt nun bei einer der wichtigsten Stiftungen, die gegen genau solche Ansichten kämpfen. Grund dafür ist die einfache Regel, dass jede Bundestagsfraktion ein Mitglied in das 24-köpfige Gremium der durch den Bund geförderten Stiftung entsendet.

Es ist keine Überraschung, dass die AfD eine sogenannte Hardlinerin schickt. Provokation ist nicht nur Strategie, sondern Essenz der Partei. Der Einfluss von Höchst wird natürlich marginal bleiben, auch weil man sich im Beirat der Stiftung wappnen will.

Der Vorgang ist allerdings eine Lehre über die Dialektik des Umgangs mit der AfD. Einerseits erweisen sich die demokratischen, liberalen Institutionen als resilient. Das simple Dazustoßen der Feinde der Freiheit zu den Hütern jener Ordnung schafft diese noch nicht ab. Im Bundestag spielt sich derzeit ein erstaunlich gut funktionierender Modus Operandi ein. Die anderen Parteien stellen die AfD mit inhaltlicher Kritik statt Pauschalisierung.

Andererseits zeigt sich, dass die AfD auf Dauer das demokratische Spiel aushöhlen kann, da es unmöglich ist, sie auszusperren. Am Ende geht es um Mehrheiten - und die können sich ändern. Björn Höckes Fantasien von einer AfD „an der Macht" sind also durchaus eine Drohung. Schwer vorstellbar, dass Organisationen wie die Magnus-Hirschfeld-Stiftung dann noch gefördert würden. Ganz abgesehen von der diskursiven Wirkung, die sich längst in allen Ecken der Gesellschaft entfaltet.

Gegendruck braucht es auch jenseits institutioneller Resilienz. Nicht nur der Stiftungsbeirat muss sich für die Auseinandersetzung wappnen, sondern eigentlich - alle.

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