Ich war vielleicht sechs, als ich zum ersten Mal mit meinen Leuten loszog, das nächstgelegene Büdchen ansteuerte und anschließend stolz an meinem quietschblauen Eis herumkratzte. Seitdem war diese eine Trinkhalle jeden Sommer unsere Anlaufstelle Nummer eins. Und ist es auch heute noch für Kippen, Cola oder Kaugummi. Doch damit könnte bald Schluss sein. Ein Kommentar von Laura Lindemann
Büdchen, Kiosk oder Späti verschwinden zunehmend aus den kleinen Eckhäuschen am Straßenrand. Etwa 200 weichen jährlich in Deutschland von der Karte, Tendenz steigend, vermeldete der Deutschlandfunk. Unter anderem deshalb, weil der Wettbewerbsvorteil der langen Öffnungszeiten durch Supermärkte, die teils länger als der Späti aufhaben, ausgeglichen wird. Zudem verdrängt die zunehmende Gentrifizierung in den Szenevierteln die kleinen Buden. Das ist ein Problem. Nicht nur für Studis wie mich, die sich, vor allem am Ende des Monats, gerne mal mit einem „Fuß-Pils" auf den Weg in den Stadtgarten machen, sondern für ganze Gesellschaftsgruppen. Für viele Menschen ist die Trinkhalle ein Treffpunkt für Kommunikation, Austausch oder einfach für ein gemeinsames Zusammensein. Durch das Verschwinden der Büdchen-Kultur, geht auch ein Stück der Ruhrpott-Romantik verloren. Ein Gefühl von Verbundenheit und Gemeinschaft. Denn am Büdchen um die Ecke kennt sich jede*r.
Ein gut sortierter Supermarkt ist zwar eine schöne Sache, die echten Gespräche finden aber beim Plausch mit dem*der netten Nachbar*in auf der Straße vor dem Kiosk statt. Hier lernen sich Menschen kennen, kommen wieder und eine Tradition entsteht, die oft Jahrzehnte lang anhält. Für mich ist die Trinkhalle vor allem eines: unkompliziert. Wenn ich einen Kaffee bestellen möchte, dann bekomme ich einen schwarzen Kaffee mit etwas Kondensmilch, der morgens um sieben Uhr seinen Zweck erfüllt. Durch die fortschreitende Gentrifizierung wird das Bestellen des einfachen Kaffees jedoch zu einer echten Herausforderung. Denn vegane Hipster-Läden ersetzen immer mehr die Trinkhalle und somit verwandelt sich der einfache Kaffee-To-Go in einen Matcha-Chai-Frappuccino mit ungesüßter Hafermilch. Im Grunde ist dieses Umdenken in Richtung gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit nicht das Schlechteste. Aber manchmal sind es eben nur die kleinen blauen Gummischlümpfe, die mich einzig und allein glücklich machen und mir ein Stück meiner unbeschwerten Kindheit wieder zurückgeben. Alleine deshalb muss die Trinkhalle bleiben.
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