von Laura Goudkamp
Jahr: 2012, Woche: 28
Unter der Woche lebt Manuel Bellini im beschaulichen Landsberied, an den Wochenenden ist er Psytrance-DJ und Globetrotter. Seine Musik lebt vom ständigen Austausch der Kulturen, deshalb kommt er viel rum. Doch die ländliche Ruhe in seiner Heimat Landsberied braucht er auch.Manuel Bellini (Foto: Privat), 24, lebt die Gegensätze. Unter der Woche findet man ihn auf dem Land, in Landsberied im Landkreis Fürstenfeldbruck: ländliche Idylle, tausend Einwohner. Immer nur ein paar Tage lang, dann geht es zum Flughafen: Als Musiker und DJ reist er rund um den Globus und präsentiert seine produzierte Musik auf Partys und Festivals - vor allem in Mittel- und Südamerika steht er häufig auf der Bühne.
Landsberied statt Lima, das kann man sich bei Manuel Bellini nur schwer vorstellen. Seine langen Dreadlocks sind als Zopf zusammengefasst und die rasierten Seiten rahmen sein markantes, südländisches Gesicht ein. Der 24-Jährige spricht leise, als er von seiner ersten Begegnung mit der Musik spricht, die ihn bis heute nicht loslässt. Er war zehn Jahre alt, als er zusammen mit seinen Eltern in Thailand zufällig am Strand eine sogenannte Psychedelic-Party miterlebte. Jahre später landete er in einem Club in München, dem ehemaligen „Natraj Tempel", in dem diese Musik in Süddeutschland ihre Wurzeln fasste.
Seit diesem Tag hat ihn die psychedelische Musik nicht mehr losgelassen. Durch Freunde lernt Manuel, wie man diese Musik produziert, mit 14 Jahren legt er schließlich selber auf. Seine selbstproduzierte Musik präsentiert er vor allem im Internet - und dort wird auch schnell ein Wiener Labelchef auf ihn aufmerksam, der ihn eine Zeit lang zum Resident-DJ eines Clubs macht. Mit den Jahren hat Manuel sein Studio mit immer weiteren Instrumenten und Synthesizern aufgestockt und kombiniert nun die analogen und digitalen Welten der Klänge zu einem neuen Musikstil. Er nennt ihn „New Age Psychedelic".
Muss man bei psychedelischer Musik oder auch „Psytrance", wie sie genannt wird, nicht an Partys mit bewusstseinserweiternden Drogen denken? Aber da widerspricht Manuel, der in der Szene als „Dark Whisper" bekannt ist, energisch. „Durch die kontinuierlichen Kicks und rollende Bass-Lines, die polyfonischen Klänge und verzerrten Aufnahmen von Stimmen und Instrumenten und die schnelle Rhythmik werden die Tänzer in eine andere Bewusstseinsebene katapultiert - auch ohne bewusstseinserweiternde Substanzen."
Ihre Wurzeln hat diese Art elektronischer Musik im indischen Ort Goa, wo Ende der 80er Jahren auch die gleichnamige Musik entstand. Die Location einer Psychedelic-Party spielt ebenfalls eine große Rolle. Die künstlerische Gestaltung der Umgebung ist für das Gelingen essenziell - sagen die Veranstalter. Sie setzen dabei zum Beispiel auf große neonfarbene geometrische Figuren, um dem Publikum eine einmalige Atmosphäre zu bieten. Bei Outdoor-Festivals sei ein sehr hohes Maß an Naturbewusstsein bei dem Publikum zu beobachten, sagt Manuel - für ihn ein weiterer faszinierender Aspekt dieser Musik.
Psychedelische Musik bekommt man in München selten geboten, denn sie wird nur von einem speziellen Publikum gehört. Der 24-Jährige hat in der Vergangenheit immer wieder mal „Psy-Partys" in der Landeshauptstadt organisiert - aber das lohnt sich nicht, zumindest nicht so sehr wie in Südamerika.
Um seine Leidenschaft auszuleben, ist der Musiker fast jedes Wochenende in der ganzen Welt unterwegs. Die Produzenten der psychedelischen Musik sind in den verschiedensten Ländern zu finden und haben sich ein großes Netzwerk aufgebaut. Die Musik lebt vom ständigen Austausch zwischen den Nationen und bekommt von Land zu Land ihre ganz spezielle Note. Manuel hat schon den halben Erdkreis bereist, vor allem Nord-, Mittel- und Südamerika. Mexiko, Guatemala, Kolumbien, Costa Rica, Brasilien und Nepal sind nur einige Stationen seiner Auftritte.
Nach einem langen Party-Wochenende Tausende Kilometer entfernt ist Manuel froh, in sein Dorf zurückzukehren und sich dort von der Natur und der Ruhe neu inspirieren zu lassen. Das aufzugeben, kommt für den Produzenten nicht in Frage. Den Kontrast zwischen lauten und schnellen Beats am Wochenende und ländlicher Ruhe brauche er einfach, sagt er. Deswegen möchte er auch nicht weg von Landsberied. Hier leben seine Eltern und seine Freunde. Hier hat er sein Studio, seinen Rückzugsort, um in Ruhe Musik produzieren zu können. Hier bietet er immer mal wieder Einsteigerkurse für elektronische Musik an - fernab von München. Auch das eine schöne Vorstellung.