Pawel Otdelnows Bilder sind in blassen Farben gehalten, erzählen von Einsamkeit und Isolation. Der 35-Jährige zählt sich selber zu den klassischeren Künstlern. Er arbeitet gerne mit Öl, da es ihn aus seiner Sicht über die Jahrhunderte hinaus auch mit anderen Künstlern verbinde. „Ich mag es, lange und intensiv mit meinen Händen an etwas zu arbeiten, dann hat es am Ende viel mehr von mir selber." Seine Hauptwerke sind über zwei Meter große Landschaftsbilder, inspiriert durch die Umgebung in Degunino, am Stadtrand Moskaus, wo er selber wohnt. Ihn interessiert vor allem ein ungewöhnlicher Blick auf die Sachen, die ihn umgeben. „Viele Menschen finden die Bilder sehr depressiv und traurig. Ich verstehe die Reaktion nicht ganz, weil für mich ist es im Gegenteil eine Art von Poesie."
Pawels zweite Ausstellungsreihe auf der Biennale ist eine Serie über die isolierte Haltung von Menschen in der Metro. Er fotografierte über Jahre verschiedene Menschen in der Moskauer Metro und entwickelte aus ihnen Prototypen: Die ältere Dame mit Hut, die vermutlich regelmäßig ins Theater geht, der junge Russe mit ausrasierten Haaren, eine schlecht gelaunte Blondine.
Er versteht seine Bilder als Reflexion des Jetzt, des normalen Lebens. „Als Künstler versuche ich, immer nach vorne zu blicken. Wenn meine Existenzgrundlage es gerade nicht zu lässt, versuche ich mit meinen Werken einen Standpunkt zu erschaffen, mit dem das möglich wird - es ist auch eine Art Träumerei."
Die aktuellen Sanktionen und Kürzungen, die auch den kulturellen Bereich treffen, beunruhigen den 35-Jährigen sehr: „Damit wird die Verbindung zum Westen gekappt, die kulturellen Beziehungen werden gefährdet und die Integration Russlands in der Welt kippt. Gerade im Hinblick auf die politischen Ereignisse sollte der Westen Russland nicht isolieren, sondern ganz im Gegenteil bemüht sein Russland in die kulturellen Beziehungen viel stärker mit einbeziehen."
Nach Pawels Ansicht soll Kunst jedoch selber neutral bleiben, er möchte keine politischen Aussagen in seinen Bildern vermitteln. „Ich habe nur einen Traum - dass es keinen Krieg gibt. Dass Menschen anfangen, sich gegenseitig zuzuhören, anstatt sich anzuschreien, Ich hoffe einfach, dass sich jetzt alles in der Ukraine beruhigt und nicht noch schlimmer wird. Wichtig ist, dass die Leute aufhören sich gegenseitig zu bekämpfen"
Es ist eine Sorge, die sich durchdie Kunstwelt durchzieht. Die 28-jährige Moskauer Künstlerin Olja Krojtor
beängstigt die aktuell immer stärker werdende negative politische Auswirkung: „Ich habe das Gefühl, dass die Bevölkerung es nicht sonderlich interessiert, was gerade vorgeht. Ich war schockiert, was dieses Jahr bei der Manifesta in St. Petersburg vorging - abgesehen von den Aufrufen die Ausstellung zu boykottieren, wurde auch noch kaum Werbung gemacht! Als ob sie sich selber dafür schämen, dass sie stattfindet. Die russische Kunstszene ist zurzeit in einer fürchterlichen Situation und ich weiß einfach nicht, wie wir da rauskommen sollen."
Olja Krojtor ist zum ersten Mal nach der Premiere in der Ausstellung. Kritisch betrachtet sie die Ausrichtung ihrer Bilder. „Warum hängen sie denn schief?", fragt sie mehr sich selbst und versucht die Rahmen wieder symmetrisch auszurichten. Ihr Beitrag zur Biennale sind eine Reihe von Collagen aus alten Zeitungsartikeln, kombiniert mit Zeichnungen im Stil der sowjetischen Avantgarde. Die zierliche Brünette gehört zu den jungen aufstrebenden Künstlern Moskaus, studiert hat sie am Institut für zeitgenössische Kunst und ihre international geprägte Ausstellungsliste ist durchaus beeindruckend.
Zur Premiere der Ausstellung beeindruckte sie im Innenhof des Moskauer Museums mit einer Performance - stundenlang stand sie regungslos auf einer Holzsäule. „Viele sahen darin ein Zeichen des Feminismus, aber ich gebe meinen Werken nicht so gerne einen starken Sinn mit, weil ich möchte, dass die Zuschauer die Wahl haben, selber entscheiden zu können, was sie darin sehen."
Andere vergleichen die Performance auch gerne mit der Jurij-Gagarin-Statue am Leninskij Prospekt - interpretieren darin den Traum, das All zu erforschen, den Wunsch nach Höherem zu streben und über sich hinauszuwachsen. Dabei sind Oljas eigene Hoffnungen und Träume sehr bescheiden. Sie ist glücklich mit ihrer Heimat Moskau und will, dass sie als Künstlerin weiterhin die Chance haben wird, an ihren Werken zu arbeiten.