Wir sparen uns an dieser Stelle die Beschwerden und Lamenti, die Sorgen und Ängste genauso wie die Durchhalteparolen und herbeigefunkten Hoffnungsschimmer. Alle wissen Bescheid und niemand will noch irgendwas beschönigen. Das Jahr 2022 war ein schlechter Film und wir lassen uns höchstens dazu hinreißen, beim Ablauf der Credits die Lautstärke hochzuregeln. Denn, und auch das ist seit circa Ende 2020 ein zu oft durchgekauter Refrain, zumindest die Musik war immer und ständig top. Es wurde mehr denn je produziert - im Guten wie im Schlechten, 100.000 pro Tag auf Streaming-Plattformen hochgeladene Songs sind ein absoluter Mindfuck - und vor allem radikaler denn je an den Konventionen gekratzt.
Zynischer Zwischenruf: Wenn sowieso kaum jemand mehr Schallplatten anfertigen (Gruß und Dank an die Taylor Swifts und Fleetwood-Mac-Erblassverwalter:innen dieser Welt!) oder auf Tour das zum Überleben notwendige Geld wieder einfahren kann (bei euch noch alles gut, Live Nation? Scheint ja so!), dann muss auch niemand mehr einen Scheiß auf Pflichterfüllung geben. Über 170 Alben hatten wir in der engeren Auswahl, um daraus die besten 50 des Jahres zu picken. Sind dabei unfairerweise ein paar durchs Raster gerutscht? Bestimmt. Gab es noch zig andere, tolle und wegweisende Alben, die wir gar nicht aufnehmen konnten, weil sie überhaupt nicht auf Vinyl erschienen sind? Sowieso.
Fokussiert haben wir uns auf die wagemutigsten, anregendsten, die wenigsten Fucks gebenden Platten - Musik also, die bleibt. Nach einem wieder einmal unendlich beschissenem Jahr, nachdem die letzten Namen über die Leinwand gerollt sind. Sie ertönt, wenn alles für einen kurzen Moment schwarz wird - wenn sich die Chance zu bieten scheint, Tabula rasa zu machen, die Welt neu (und also: besser) zu denken. Dazu braucht es Input und der Output dieser 50 Menschen und künstlerischen Zusammenschlüsse lieferte gegen den. Das waren sie also: Die 50 Alben im Jahr 2022, die uns die Hoffnung gegeben haben, die wir uns nach all dem Abfuck nicht mehr autosuggerieren konnten. Danke, ey.