Kristoffer Cornils

Freier Journalist und Redakteur, Berlin

10 Abos und 3 Abonnenten
Artikel

„Das Berghain schließt für immer!" - Nope. Über ein journalistisches Totalversagen mit Ansage (GROOVE)

Ein „Insider" verbreitet das Gerücht, das Berghain würde schließen. Regionale und überregionale Medien nehmen das begierig auf, obwohl es sich um Unfug handelt. Das lässt tief blicken. Ein Kommentar.

Die öffentlichen Mitteilungen des Berghains seit Eröffnung im Jahr 2004 lassen sich an einer halben Hand abzählen. Die Artikel, die über den Club geschrieben wurden, sind hingegen nicht zu beziffern. Die kommunikative Verweigerungshaltung des Berghains trug maßgeblich dazu bei, dass daraus eine Mythenmaschine wurde: Gerade weil der Club nie etwas sagte, wurde darüber geredet. Spätestens Mitte der Zehnerjahre wurden Nachrichten über das Berghain deshalb zum Salz in der Suppe der publizistischen Clickbait-Ökonomie. Online-Medien griffen jede Bagatelle mit Berghain-Bezug auf.

Im Jahresrückblick 2016 schrieb ich in GROOVE darüber, dass dahinter nicht die reine Klickgeilheit, sondern primär ökonomische Sachzwänge standen: Magazine wie GROOVE waren damals wie heute finanziell darauf angewiesen, dass ihre News im Social-Media-Strudel viral gehen, damit möglichst viele Menschen ihre Posts sehen und ihre Webseiten besuchen, auf denen Werbung ausgespielt wird, mit denen sie Geld machen.

Gegen Ende der Zehnerjahre und Beginn der Zwanziger schien sich der Trend hinsichtlich des Berghains zumindest etwas zu beruhigen - oder zumindest blieb die Clickbait-Maschine weitgehend bei den Fakten. Doch nachdem Resident Advisor die Nachricht über die Schließung der hauseigenen Booking-Agentur Ostgut ankündigte, ging das wilde Spekulieren auf dünner Faktenlage nun wieder los.

Zum Original