Es gibt in der italienischen Sprache den sogenannten absoluten Superlativ, der schwer zu übersetzen ist. Ein Songtitel wie "Sei bellissima" von Loredana Bertè lässt sich nicht einfach mit "Du bist die Schönste" oder "Du bist schöner als alle anderen" übertragen. Stattdessen müssen holprige Wendungen her: "sehr schön", "wunderschön" und so fort. Das Problem liegt darin, dass der absolute Superlativ im Vergleich zum herkömmlichen Superlativ kein Vergleich ist. Gemeint ist also in diesem Songtitel eine Schönheit, die irgendwie unvergleichlich ist. Die Art von Schönheit, die auch Bertès Schaffen innewohnt. Die Sängerin erreichte zwar nie den internationalen Kultstatus von Cantautori wie Franco Battiato und Lucio Dalla oder konnte Erfolge wie die Schmalz-Rocker Eros Ramazzotti oder Zucchero einheimsen, doch bleibt sie bis heute eine einzigartige Figur in der italienischen Musikgeschichte.
Zum Original
Geboren wird Bertè am 20. September 1950 in der Provinz Reggio Calabria. Gemeinsam mit ihren drei Schwestern wächst sie im Haus der Großmutter auf, derweil die Eltern anderswo ihrem Lehrberuf nachgehen. Der Vater ist gewalttätig, die Mutter abwesend und lieblos, die beiden lassen sich im Jahr 1962 scheiden. Es hält die junge Loredana dementsprechend nicht lange zu Hause und mit erst fünfzehn Jahren siedelt sie gemeinsam mit ihrer auf den Tag genau drei Jahre älteren Schwester Dominica nach Rom über. Das ist nur eben folgerichtig für eine, die kaum eine Dekade später "meglio libera che stupida" ("besser frei als dumm") singen wird. Die Zeit dort sei die glücklichste ihres Lebens gewesen, soll sie später sagen.