Drei junge Menschen erzählen, warum sie in Nigeria gegen die Polizei und die Regierung demonstrieren.
Protokolle von Kolja Haaf
Ibrahim, Oluwalanu und Folu beteiligten sich an den Protesten in ihrem Heimatland Nigeria.
Foto: privat; Bearbeitung: jetzt
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Drei junge Männer sitzen in einem Auto und filmen vor sich einen Polizeiwagen sowie einen weißen Lexus, deren Fahrer offenbar hektisch versuchen, durch den Verkehr zu kommen. Einer der Männer ruft in anklagendem Tonfall etwas ins Handy. Unter dem Video, das diese Szene zeigt, steht: „SARS Polizisten haben gerade einen jungen Mann in Ughelli erschossen. [...] Sie ließen ihn tot am Straßenrand liegen und fuhren mit seinem Auto weg." „Sein Auto" meint offenbar den weißen Wagen. Eine andere Aufnahme (Anm. d. Red.: Achtung, expliziter Inhalt) zeigt einen jungen Mann in einem leuchtend orangenen T-Shirt blutend und leblos auf der Straße. Andere versuchen, ihn aufzurichten, jemand ruft immer wieder: „Er ist tot!" Das Video zeigt den Mann, der von den Polizisten getötet worden sein soll. Der Name des Opfers ist nicht bekannt, der Diebstahl des Wagens ist in den Videos nicht zu sehen.
Diese Videos waren der Auslöser für die Proteste gegen die „Special Anti-Robbery-Squad", kurz SARS, in Nigeria, die jetzt schon seit zwei Wochen anhalten. Der Spezialeinheit der Polizei wird im Wesentlichen massives kriminelles Verhalten vorgeworfen, von willkürlichen Kontrollen, über Erpressung bis zu Vergewaltigung und Mord.
Im Zuge der Proteste blockierten Demonstrant*innen im ganzen Land Mautstellen, um den Verkehr lahmzulegen. An einer davon wurden laut Amnesty International mindestens zwölf Demonstrierende von der Armee getötet, manche Quellen sprechen von anderen tödlichen Zwischenfällen.
„Dein Leben ist ihnen rein gar nichts wert. Das hat man immer im Hinterkopf"
Deshalb sind die Menschen wütend auf Präsident Muhammadu Buhari. Am vergangenen Donnerstag hat er in einer Rede an die Nation nicht einmal die zwölf Demonstranten erwähnt, die von der Armee zwei Tage zuvor erschossen wurden. Die Ereignisse von Lekki (Mautstelle nahe Lagos, Anm. d. Red.) waren ein gezielter Akt staatlichen Terrors. Die Beleuchtung der Mautstelle wurde ausgeschaltet und die Demonstranten, die sie blockierten, wurden im Dunkeln regelrecht überfallen. Es war schlicht ein Massaker.
„Das Schlimmste, was den Protesten passieren kann, ist, dass wir Privilegierten uns zurückziehen"
„Wir Durchschnittsmenschen wollen einfach nicht erpresst oder getötet werden"