Die digitale Zeichnung "Water Mark" verbindet Leid und Ästhetik und schafft so Ambivalenz. Die Zeichnung thematisiert Flüchtlinge, die auf ihrem Weg nach Europa ertrinken.
(Foto: Parastou Forouhar)Die iranische Künstlerin Parastou Forouhar prangert in ihren Werken Folter und Gewalt an. Ihre innere Zerrissenheit treibt sie an.
Der Kinofilm "Taxi Teheran" von Jafar Panahi, die Graffiti-Austellung Tehran 94, Musik des iranischen Sängers Shahin Najafi - iranische Kunst ist in Deutschland präsenter denn je. Parastou Forouhar ist in Teheran geboren und aufgewachsen. Seit Anfang der Neunzigerjahre lebt und arbeitet sie in Deutschland. Die Künstlerin macht grafische Zeichnungen, Animationen, Rauminstallationen und Fotoserien. Forouhar reist jedes Jahr mehrmals nach Iran, unter anderem, um die Erinnerung an den noch unaufgeklärten, politisch motivierten Mord an ihren Eltern wachzuhalten. Beide gehörten zu den führenden oppositionellen Politikern. Ein Gespräch über die widersprüchliche Beziehung zu ihrem Heimatland.
Frau Forouhar, Gewalt und Unterdrückung in Iran sind wichtige Themen für Sie.Das stimmt. Ich will aber keine Propaganda für politische Ziele machen. Ich arbeite Dinge, die mich interessieren, für die ich sensibilisieren will, in meine Kunst ein. Dabei werde ich immer wieder damit konfrontiert, dass meine Arbeiten sofort auf mein Heimatland reduziert werden. Besonders, wenn ich meine Arbeiten in einem westlichen Kontext zeige. Das ist ein Abwehrmechanismus des Betrachters, der diese Unterdrückung woanders verorten will, und so der Konfrontation mit diesen Themen im eigenen Umfeld ausweicht.
Sie wollen Gewalt und Folter also nicht nur im Zusammenhang mit Iran thematisieren?Ich thematisiere generell Mechanismen, die Menschen ausschließen. Das ist kein iranisches Phänomen. Das passiert in Europa mit den Flüchtlingen leider gerade auch. Ich will erreichen, dass der Betrachter über die eigene Verantwortung nachdenkt.
Die iranische Künstlerin Parastou Forouhar will mit ihrer Kunst den Betrachter wachrütteln und zum Nachdenken über Verantwortung bringen.
(Foto: ) Sie leben schon lange in Deutschland. Haben Sie das Gefühl, dass das Interesse an iranischer Kunst und Kultur steigt?Das Interesse ist schon seit einiger Zeit da. Wenn in Iran etwas passiert, berichten westliche Medien darüber. Genauso, wenn Künstler sich mit dem Land auseinandersetzen. Im Fall des Filmes "Taxi Teheran" von Jafar Panahi finde ich das sehr positiv! Ein wunderbarer Filmemacher thematisiert auf sehr kluge Art Zensur und Berufsverbot. Aber es gibt auch immer wieder Situationen, in denen iranische Kunst das Land Iran im Grunde etwas klischeehaft darstellt.
Wann zum Beispiel?Zum Beispiel, wenn in Ausstellungen über Frauen sofort die Schleier thematisiert werden. Es ist richtig, dass Frauen in Iran Schleier tragen müssen. Aber wenn man das als einziges Merkmal dieses komplizierten Landes darstellt, dann ist das eine Reduktion.
2009 wurde Ihnen auf einer Reise in Teheran der Pass abgenommen. Drei Wochen lang konnten Sie nicht nach Deutschland zurückkommen. Warum reisen Sie nach einem solchen Vorfall trotzdem jedes Jahr hin?Die Reisen mache ich, um den politisch motivierten Mord an meinen Eltern im Jahr 1998 aufzuklären und die Erinnerung an sie wachzuhalten. Ich will das Haus, in dem sie ihre politische Arbeit mit ihren Mitstreitern vorangetrieben haben, als Ort der Erinnerung erhalten. Außerdem versuche ich mir jedes Mal, wenn ich dort bin, ein Bild zu machen und die Situation einzuschätzen.