Kilian Kirchgeßner

Korrespondent für Tschechien und die Slowakei, Prag

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Die gelbe Pest

Brand eins - Seine Kunden lieben ihn. Bei der tschechischen Staatsbahn fürchten sie ihn. Die Geschichte des Monopol-Knackers Radim Jancura.

- Die ersten Passanten drehen sich auf der Rolltreppe um, sie haben ihn gleich erkannt. Radim Jancura trägt ein kariertes Hemd, den Kragen offen, und lächelt zurück. Sein Gesicht kennt in Tschechien fast jeder. Der Prager Hauptbahnhof ist ein verwinkelter Bau über mehrere Etagen, verbunden mit Rampen, Treppen und Tunneln. Der Einzelne geht unter im Strom der Reisenden, aber dieser Mann fällt auf: Er schlendert ohne Eile, er lächelt, er schaut sich um. Jancura geht durch den Bahnhof wie ein Feldherr über das Schlachtfeld.
"Schauen Sie, wie die Leute hier rumstehen müssen", sagt er. "Die Bahn hat für ihre Kunden nicht einmal einen Warteraum eingerichtet." Seit der Busunternehmer Jancura auch seine eigene Bahngesellschaft betreibt, hat er im Hauptbahnhof ein Ladenlokal gemietet, ein Heidengeld kostet ihn das. Er betreibt dort ein kleines Café, eingerichtet mit Ledersesseln. 30 Cent kostet ein Glas Wasser oder ein Kaffee, aber wer einen Fahrschein von seiner Firma vorzeigt, bezahlt nicht einmal das.
Wenn er schon die Bahn angreift, dann will er auch alles richtig machen. Auf den ersten Blick sieht der Kampf ungleich aus. Da ist die tschechische Bahn, der übermächtige Monopolist mit seinen aktuell 33566 Mitarbeitern und den Depots voller Waggons und Lokomotiven, die Aktiengesellschaft im Staatsbesitz. Dagegen steht ein Einzelkämpfer, gerade einmal 40 Jahre alt.
Auf den zweiten Blick hält Jancura einen Trumpf, den die Bahn lange unterschätzt hat: Er ist beliebt. Dass da einer kommt und es mit der ungeliebten Bahn aufnimmt, bei der immer noch vieles so wirkt wie im grauen Sozialismus, klingt für viele Tschechen wie die Geschichte von Robin Hood, der die Bösen ins Visier nimmt und dabei stets ans Volk denkt. Bei dem Duell gegen die Bahn fiebert das ganze Land mit Jancura mit. Regelmäßig chattet er höchstpersönlich mit seinen Kunden, und die Protokolle lesen sich so, als halte ein Volkstribun Hof.
Lieber Herr Jancura, endlich bietet mal jemand dem Monopol- Moloch Bahn die Stirn. Vielen, vielen Dank! Wollen Sie nicht auch der Post und dem Fernsehen Konkurrenz machen?
-- Mit der Bahn haben wir genug Arbeit für die nächsten 20 Jahre, die haben sich den Trouble redlich verdient!
Auf die Idee, sich selbstständig zu machen, kam Jancura als Bauarbeiter in Großbritannien, wo er sich in den Neunzigerjahren das Geld für sein Studium verdiente: Trockenbau, Wände streichen, Löcher bohren. Dort traf er damals ständig junge Landsleute, eine ganze Generation schien auf Reisen zu sein. Nach seiner Rückkehr in die Heimat gründete Jancura eine Vermittlung für Au-pairs, die er Student Agency nannte. "Innerhalb von drei Jahren war es die größte Vermittlungsfirma weit und breit", sagt er heute. Jancura kaufte damals auch einen alten Bus, um den Transport der Studenten nach Großbritannien, Frankreich und Deutschland gleich mit zu übernehmen. Außerdem vermittelte er ihnen Sprachunterricht im Ausland und verkaufte mit dem aufkommenden Internet billige Flug-Tickets. Der Bahn Konkurrenz zu machen, daran dachte er noch nicht.
Bis ihm irgendwann der Kragen platzte. Seine Student Agency hat ihr Hauptquartier im mährischen Brünn, der zweitgrößten Stadt Tschechiens. Von dort sind es 209 Kilometer nach Prag, und wenn Jancura in der Hauptstadt zu tun hatte und die Bahn nahm, kam er jedes Mal entnervt an. Es fuhren uralte Züge ohne Klimaanlage, die an manchen Bahnhöfen einfach mal eine Viertelstunde anhielten. Jancura dachte an seine Au-pair-Bus-Verbindung von Prag nach London - und nahm sich vor, es besser zu machen als die Bahn. Im Jahr 2004 orderte er acht moderne Busse, um einen Linienverkehr zwischen Prag und Brünn aufzubauen. Mehr als 300000 Euro kostet ein einziger von ihnen. Für eine Fahrkarte verlangte Radim Jancura als Einführungspreis umgerechnet zwei Euro.
Die Passagiere sollen sich so fühlen wie im Flugzeug: Stewardessen verteilten Getränke und Zeitungen sowie Kopfhörer für das Bordprogramm mit Hollywood-Filmen. Das Timing ist perfekt: Wenn gerade der Abspann kommt, rollt der Bus am Ziel ein.
Haben Sie nicht schon einmal darüber nachgedacht, Bahnchef zu werden?
Ich bin vielleicht ein guter Unternehmer und Visionär, aber ein sehr schlechter Manager.
Radim Jancura nippt in seinem Café am Prager Hauptbahnhof am Latte macchiato, lehnt sich im Sessel zurück und plaudert entspannt. "Es behaupten ja immer alle, ein Produkt ist entweder teuer und gut oder billig und nicht gut." Er glaube nicht daran: "Bei Dienstleistungen kann man auf Kosten der Marge die niedrigsten Preise haben und trotzdem einen tollen Service!" Das ist die Lex Jancura, eine Mischung aus unternehmerischem Instinkt und Dickschädeligkeit. Selbst wenn alle Lehrbücher sagen, dass etwas nicht gehe, heiße das noch lange nicht, dass er es nicht probieren könne. Jancura beugt sich vor. "Ich habe in meinem ganzen Leben nur fünf Bücher gelesen, davon war kein einziges über Wirtschaft. Was ich hier mache, ist einfach nur gesunder Menschenverstand."
Sein gesunder Menschenverstand ist bei den Mitarbeitern berüchtigt. Es kursieren Geschichten von einem Chef, der seinen Leuten zu allen Tages- und Nachtzeiten E-Mails schickt, wenn er gerade eine Idee hat. Der damit kokettiert, dass er sich allerlei Dinge ausdenkt, für die seine Manager anschließend das Geld auftreiben müssen. Der schimpft und wütet, wenn etwas nicht so klappt, wie er es sich vorstellt.
Bei seinen Kunden aber kommt genau das gut an: ein Unternehmer ohne Krawatte, ein zupackender Typ, einer aus dem Volk. Selbst aus seinem Einkommen macht er keinen Hehl: 160000 Tschechische Kronen brutto zahle er sich selbst pro Monat aus, umgerechnet sind das knapp 6300 Euro. Auch dass er nicht mehr mit seinen eigenen Bussen fährt, sondern mit einem luxuriösen Geländewagen, sieht man ihm nach. "Sehen Sie", sagt er in seinem Café am Hauptbahnhof, "ich will, dass alle so bequem fahren können und nicht nur die Reichen. Deshalb mache ich das ja mit den Bussen."
Lieber Herr Jancura, ich bin ein großer Fan von Ihren Bussen, die Reisequalität ist um 300 Prozent gestiegen!
Ja, die letzten Autobusse, die wir gekauft haben, sind mit regelrechten Sesseln ausgestattet. Die Italiener nähen sie uns nach unseren Entwürfen - derselbe Hersteller, der auch Ferrari beliefert.
Die Busse selbst kommen von einer spanischen Firma. Deren Vertreter hatte bei der Vertragsunterzeichnung eine geniale Idee: "Es ist alles so grau hier in Tschechien", sagte er halb im Spaß, "sollten wir die Busse nicht einfach knallgelb lackieren, um ein bisschen Farbe in das Land zu bringen?" Jancura sprang sofort darauf an. Gelb wurde seine Farbe, auf den Bussen prangte dazu in riesigen Lettern der Schriftzug Student Agency.
Der Erfolg kam über Nacht. Keiner wollte mehr mit den alten D-Zügen fahren, die Tickets für Jancuras Busse aber waren tagelang im Voraus ausverkauft. Geschäftsleute nahmen auf einmal den Bus, Großmütter auf Verwandtschaftsbesuch, Studenten, Städtetouristen. Der Unternehmer bestellte neue Busse. Zwischen Prag und Brünn fahren sie im Halbstundentakt, der erste morgens um 3.30 Uhr und der letzte um 0.30 Uhr. Die meisten sind voll oder gut ausgelastet.
Noch nie sah die tschechische Bahn so alt aus. 9491 Kilometer Gleise gibt es im Land, es ist das dichteste Schienennetz in Europa. Selbst das hinterste Dorf hat noch einen eigenen Bahnhof, aber das hilft im Alltag wenig: Wer von einer der großen Städte nach Prag fahren will, ist oft stundenlang unterwegs. Die meisten Waggons sind viele Jahrzehnte alt, und weil nicht alle Strecken elektrifiziert sind, wird bisweilen alle paar Bahnhöfe die Lok gewechselt. Von Prag nach Karlsbad sind es 130 Kilometer, die Bahn braucht dafür mindestens 3,5 Stunden. Oder nach Budweis: 160 Kilometer, 2,5 Stunden. Oder in die Universitätsstadt Liberec: 108 Kilometer, mit Umstieg, 2,5 bis 4 Stunden. Die Schienen sind noch älter als die Züge, und der Staat hat es in den 20 Jahren seit der Wende versäumt, das Netz zu modernisieren. Während die tschechische Wirtschaft boomte - das Land kommt inzwischen auf 80 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Bruttoinlandsproduktes in der EU und liegt damit deutlich vor Polen, Ungarn oder den baltischen Staaten -, floss kaum Geld in die Schieneninfrastruktur.
Jancura schickt seine Busse inzwischen durchs ganze Land. Die neuen Modelle haben an jedem Sitz einen Monitor mit Touchscreen, die Passagiere können das Bordprogramm sehen oder zwischen vier Fernsehkanälen wählen. Oder gratis drahtlos im Internet surfen. 130 Fahrzeuge gehören derzeit zur Flotte, die Student Agency fährt nach Karlsbad, nach Budweis, nach Pilsen und in ein halbes Dutzend weiterer großer Städte in Tschechien. Die Tickets kosten je nach Strecke zwischen drei und zehn Euro. 1600 Leute arbeiten für die Firma, die pro Jahr fünf Millionen Passagiere befördert. Tschechien hat zehn Millionen Einwohner.
Haben Sie keine Angst, dass ein reicher Investor kommt und Ihnen das alles nachmacht?
Sie haben recht, es braucht nicht viel, um eine Buslinie zu starten. Wenn wir eine neue Linie aufmachen, kostet uns das etwa 800000 Euro. Aber nicht wegen der niedrigen Ticket-Preise, sondern schlicht wegen der Anlaufzeit: Es dauert sechs, manchmal mehr Monate, bis wir die Busse zu 70 bis 80 Prozent füllen. Erst danach verdienen wir Geld.
Die Kunden sollen immer nur den jovialen Radim Jancura sehen. Dass er auch anders kann, erleben Konkurrenten. Einige Bus-Unternehmer hat er in den Konkurs getrieben, mit anderen lieferte er sich zermürbende juristische Schlachten, die ganze Armeen von Anwälten auf Trab hielten. "Gelbe Pest" wird sein Unternehmen in der Branche genannt, weil er bislang alle Konkurrenten binnen weniger Wochen vernichtete. Die ersten, die aufgaben, waren alteingesessene Fuhrunternehmen, die auf der Strecke von Prag nach Brünn ihre klapprigen Busse aus sozialistischen Zeiten einsetzten. Zwischen Prag und Karlsbad gab es eine etablierte Firma mit modernen Bussen, der Jancura so lange mit Kampfpreisen zusetzte, bis ihr die Luft ausging.
Mehr Widerstand leistete ein Unternehmen aus Liberec, das im Besitz der öffentlichen Hand ist: Die Verantwortlichen verboten dem gelben Wettbewerber kurzerhand die Benutzung des Busbahnhofs. Jancura tobte. Er ließ seine Busse mitten in der Stadt anhalten und bot - "als Entschädigung für den schlechteren Abfahrtsort" - die Fahrkarten für eine symbolische Krone an. Umgerechnet sind das vier Cent. Beide Firmen verklagten sich gegenseitig wegen Wettbewerbsverzerrung: der eine wegen des Einfahrverbots in den Busbahnhof, der andere wegen der Kampfpreise. Bis die Richter entschieden hatten, war Jancuras Marke auch auf dieser Strecke etabliert. Dass er vor Gericht verlor, schmerzte ihn dann nicht mehr.
Die Fahrgäste bekommen von solchen Querelen kaum etwas mit. Sie genießen den Service an Bord - und der ist bis heute meilenweit entfernt von allem, was die Konkurrenz anbietet. Dass jemand großen Komfort mit niedrigen Preisen kombiniert, hat es so noch nicht gegeben im früheren Ostblock. Bei Student Agency liegt das Versprechen bis heute an jedem Platz schwarz auf weiß in den Sitztaschen: "Wenn Sie einmal nicht zufrieden sind", schreibt Radim Jancura dort in einem Brief, "haben Sie das Recht, von der Stewardess meine Handynummer zu bekommen." Die Anrufe nimmt er persönlich entgegen.
Machen Sie weiter so, Herr Jancura! Ich fahre jeden Arbeitstag mit der Bahn, und die Reise mit deren Schrott ist unerträglich. Im Winter werden die Waggons nicht beheizt, im Sommer fehlt die Klimatisierung, über die uralten Wagen und die ständigen Verspätungen gar nicht zu reden. Ist es eigentlich der Staat, der es so sehr erschwert, dass ein Konkurrenzbetrieb starten kann?
Ja, Sie haben recht, der Staat will keine Privaten auf der Schiene. Das ist eine Entscheidung des Verkehrsministeriums, aber vielleicht ringen sie sich ja doch noch dazu durch.
Der Bahn liefen die Fahrgäste überall dort weg, wo Jancura auftauchte. Ab und zu konterte sie zwar mit vergünstigten Tickets, ließ sich aber lange nicht wirklich aus der Reserve locken. Zu ungleich schienen die Verhältnisse: Der Monopolist mit 166 Millionen Passagieren pro Jahr gegen den Privatmann mit seinen fünf Millionen Fahrgästen. "Aber dann", sagt Radim Jancura und lächelt spitzbübisch, "habe ich diese Interviews gegeben."
2009 war das, als er verkündete, dass er jetzt seine eigenen Züge auf die Schiene bringen werde und alles besser machen wolle als die Bahn. Damit der Paukenschlag auch wirklich gehört wurde, verbreitete Jancura die Kampfansage über alle großen Zeitungen des Landes. Und tatsächlich reagierte die Bahn - und versuchte, Jancura mit ihren Stellungnahmen lächerlich zu machen. Niemals werde der es schaffen, einen eigenen Zug zusammenzustellen. Jancura nutze seine öffentlichkeitswirksamen Angriffe lediglich zur Eigenwerbung, hieß es im Mitarbeitermagazin der Bahn.
"Das war natürlich eine Beleidigung für mich", sagt Jancura. "Die Sache wurde zu einer Frage der Ehre." Vielleicht wollte er mit den Interviews ursprünglich nur einen Versuchsballon starten. Aber nun gab es für ihn keinen Weg mehr zurück: Wenn ihn die Bahn herausfordere, werde er sich nicht drücken. In seinem Chat häufen sich die Mutmach-Parolen - den Leuten gefiel die Vorstellung, dass da jemand dem Staatsbetrieb Beine macht.
Ich habe heute Morgen den Bahnchef im Fernsehen gesehen. Er konnte nicht erklären, warum sein Laden so teuer ist, dreckige Waggons hat, mit Verspätung ankommt und dazu noch Geld vom Steuerzahler nimmt. Ich drücke Ihnen die Daumen!
;-) Die Bahn muss sich daran gewöhnen, dass sie nicht mehr allein auf den Schienen ist! Das Ziel ist, dass die Eisenbahn bunter wird.
Bunt, daran lässt Jancura keinen Zweifel, heißt gelb. Seit 2011 rollen seine ersten Züge, er hat sie in Österreich gekauft. Die Waggons erster Klasse waren ein paar Jahre alt. Bei Jancura fährt jeder Passagier in den dunklen Ledersesseln, das drahtlose Internet ist kostenlos, die Schaffner sind nur für jeweils einen Waggon zuständig und bringen am laufenden Band kostenlose Getränke. Die Waggons sind natürlich in seiner Firmenfarbe lackiert, seine Tochtergesellschaft hat Radim Jancura Regiojet genannt. Er fährt alle zwei Stunden von Prag aus nach Ostrava im östlichsten Zipfel Tschechiens. Die Strecke ist 350 Kilometer lang, eine Fahrkarte kostet 11,40 Euro.
Warum können Sie moderne Züge haben, die Bahn aber nicht?
Die Bahn macht es so, wie es unsere Omas machen würden: Wenn sie in ihrem Sparschweinchen genug Münzen zusammengesammelt haben, kaufen sie einen Zug. Aber die Welt funktioniert heute anders! Man muss einen Zug leasen, nur so lässt sich die Bahn in fünf bis zehn Jahren ändern. Für die Bahn waren aber die 20 Jahre seit der Wende 20 verlorene Jahre.
Dass ein privater Anbieter auf Fernzüge setzt, ist in Europa selten. Die nichtstaatlichen Bahngesellschaften sind üblicherweise im Regionalverkehr unterwegs, den die Kommunen bezuschussen. An so einen Auftrag wollte Jancura ursprünglich auch kommen, aber die tschechischen Behörden haben viele Regionalverbindungen ohne Ausschreibung an die Bahn vergeben. Möge der Staatsbetrieb auch öffentliches Geld hinterhergeworfen bekommen, sagte Jancura sich, er schaffe es auch ohne Subventionen: "Im Prinzip kann jeder einen Zug von A nach B fahren lassen. Man braucht dafür nur zugelassene Loks und Waggons und muss Nutzungsgebühren für die Schiene bezahlen. Das ist alles."
Er werde ohnehin kein gutes Personal bekommen, hieß es bei der Bahn. Ein paar Tage darauf warb Jancura ihr reihenweise Lokführer ab, dazu ein paar Führungskräfte aus der Direktion. Beim Monopolisten knirschte man mit den Zähnen - und blieb bei der Konfrontationsstrategie. "Noch in der Woche, bevor wir gestartet sind, hat die Bahn behauptet, dass wir es nicht auf die Schiene schaffen", sagt Jancura.
Mich würde interessieren, ob Sie Ihr Geschäftsmodell für solide halten. Sie betreiben hundertmal bessere Züge als die Bahn mit hundertmal besserem Service, und das alles für niedrige Preise. Wie geht das?
Der Erfolg kommt aus der Kombination des besten Preises mit der besten Qualität. Nur deshalb sind wir heute so groß, und unsere Zahlen sind so viel besser als die der Bahn.
Goliath ist inzwischen aber zum Gegenangriff übergegangen. Für die Strecke, auf der Jancuras Züge fahren, zieht die Bahn aus dem ganzen Land die neuesten und schönsten Waggons zusammen. Die Züge fahren schneller als vorher, die Fahrgäste bekommen kostenlos Mineralwasser. "Auf einmal machen die Sachen, von denen sie vorher jahrelang behauptet haben, das gehe alles nicht", höhnt Jancura. Außerdem gelten ab sofort Sondertarife, die selbst noch unter den Einstandspreisen von Regiojet liegen. Jancura zieht umgehend nach.
Herr Jancura, haben Sie bei der geringen Marge überhaupt noch Luft?
Das ist egal. Wenn wir kämpfen, ist das für uns nicht wichtig.
Er hat inzwischen den ersten Auftrag für eine regionale Strecke in der benachbarten Slowakei gewonnen. Er verhandelt mit der Deutschen Bahn darüber, ob künftig nicht er statt der tschechischen Bahn den Eurocity von Prag über Dresden und Berlin nach Hamburg betreiben kann. Und er kämpft dafür, in Tschechien zumindest mancherorts doch noch den Zuschlag für die subventionierten Regionalverbindungen zu bekommen. Wenn zehn Prozent der tschechischen Züge für sein Unternehmen fahren, sinniert Jancura, dann könne er in Rente gehen.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, auch regionale Flugverbindungen einzuführen? Für eine Low-Cost-Airline wäre da bestimmt noch Platz!
Flugzeuge auf keinen Fall, das wäre unser sicherer Selbstmord!
Fürs Erste, befindet Radim Jancura, habe er mit dem einen Monopolisten genug zu tun.