Am 25. August hat das Label Pudel-Produkte, die Plattenfirma hinter dem Golden-Pudel Club, einen Soli-Rave im Hamburger Club Uebel & Gefährlich veranstaltet. Es wird Geld gebraucht. Warum?
Das liegt daran, dass wir, wie so viele Kulturschaffende, am Anfang der Coronapandemie Soforthilfen des Bundes beantragt haben. Damals wusste niemand, wie es weitergehen wird. Die Plattenläden hatten zu, der Club hatte geschlossen, wir hatten also keine Gelegenheit, unsere Schallplatten abzuverkaufen. Da haben wir uns dann auch in diesen Antragswahnsinn begeben.
Das klingt, als wären die jetzigen Forderungen überraschend gekommen. Hat Ihnen niemand gesagt, dass das Geld zurückgezahlt werden muss?
Das war uns nicht klar. Ich glaube, es war ganz vielen Leuten nicht bewusst, was ein solcher Antrag bedeuten könnte. In den Antragsbedingungen stand nur, dass man gewisse Regeln einhalten muss, aber wie die genau aussehen, war nicht definiert. Viele Kulturschaffende arbeiten deswegen auch jetzt noch mit der Unsicherheit - sie wissen nicht, ob sie die Hilfen zurückzahlen müssen oder nicht. Das erscheint willkürlich, niemand weiß genau, wie das geregelt ist. Da überlegen wir uns auch zweimal, ob wir eine Schallplatte veröffentlichen oder nicht. So entsteht keine Aufbruchstimmung.
Der Golden-Pudel-Club versteht sich als "Ort einer alternativen Notwendigkeit, an dem Selbstbestimmtheit, Kratzbürstigkeit, Beklopptheit und Wärme zusammenkommen". Inwieweit ist dieser Anspruch bei einem Wegfall des Labels bedroht?
Das wäre schade, wenn ein Puzzleteil wegbrechen würde. Dem Club würde das Aus des Labels allerdings nicht schaden, es würden genauso viele oder wenige Leute kommen wie jetzt. Aber dem runden Bild würde etwas fehlen. Keine Schallplatten mehr zu machen, das wäre schon hart. Das gehört zu unserem Selbstverständnis.
Wäre eine nicht zumindest temporäre Querfinanzierung durch den Club denkbar oder das Barboncino Zwölphi, das Café im Obergeschoss?
Dass der Pudel-Club so klein ist, ist ganz toll, das hat unheimlich viele Vorteile. Aber auch einen Nachteil: Wir haben nie die Möglichkeit, bei einem richtig gut besuchten Event richtig viel Geld einzunehmen, es passen ja nur 100 Leute hinein. Das heißt, wir können mit den Einnahmen des Pudel-Clubs die Leute und alle Rechnungen bezahlen, aber es bleibt nichts übrig. Das gilt auch für das Café, das ist ja auch ein winziger Laden.
Es gibt auch die Pudel-Stiftung, die vor ein paar Jahren zum Erwerb des Grundstückes zusammen mit der Mara-&-Holger-Cassens-Stiftung gegründet wurde.
Das mit der Stiftung hört sich immer toll an, das heißt aber nicht, dass wir Herrn Cassens anrufen können und ihn bitten, ein paar tausend Euro rüberzuschicken, nur weil wir gerade Minus mit einer Schallplatte gemacht haben. Wir sind froh, dass die Finanzierung des Rückkaufs durch die Cassens-Stiftung übernommen wurde. Rocko Schamoni hat seinen Teil an die Pudel-Stiftung übertragen. Das Haus ist dadurch vom Immobilienmarkt genommen und gesichert. Aber das heißt nicht, dass keine Miete und keine Kredite anfallen würden. Das ist eine auf 30 Jahre angelegte Finanzierung, das muss abbezahlt werden. Und zwar von den Einnahmen des Pudel-Clubs, der kaum welche hat. Da bleibt nichts übrig.
Die Rede ist auch von einer drohenden Insolvenz, wenn die Summe nicht aufgebracht werden kann. Was würde das für das Label Pudel-Produkte bedeuten?
Ich glaube schon, dass wir dann noch Schallplatten veröffentlichen würden, das kann ja auch eine Privatperson machen. Aber das Digitalgeschäft wäre tot. Die Verträge wären alle ungültig. Wir haben neue Verträge abgeschlossen und sind außerdem dabei, den gesamten Backkatalog Stück für Stück zu lizenzieren. Die Arbeit der letzten Jahre wäre dann umsonst gewesen. Wir müssten den Bandcamp-Shop schließen und die Musik von den Streamingplattformen nehmen lassen.
Was passiert, wenn das Geld am Ende nicht reicht? Haben Sie einen Plan B?
Wir haben bis zum 31. Dezember Zeit, das Geld aufzutreiben. In den letzten Wochen haben wir soviel Musik über Bandcamp verkauft wie noch nie. Das war interessant zu sehen. Die Leute geben normalerweise ihre 9,90 Euro im Monat für Streaming aus und haben, das ist gar nicht bös' gemeint, schlicht vergessen, dass man Musik auch kaufen kann und dass man damit Künstler, Labels und Plattenläden unterstützt. Das tut man ja mit den 9,90 bei Spotify nicht. Dann haben wir 200 Solishirts gemacht, die auch fast alle weg sind. Sollte das immer noch nicht reichen, müssen wir uns was Neues überlegen.