Katrin Blaß

Journalismusstudentin, Graz

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Museum of Broken Relationships Kosovo: "Thank you and Fuck you"

Auf dem weißen Pult liegen sie sorgfältig übereinander. Hergestellt aus Baumwolle, mit weißen, roten und gelben Streifen. „He brought me this pair of socks from London", sagt ein Schild, das am Pult angebracht ist. "I was wearing them the night he left me", steht in der nächsten Zeile. Gleich daneben ist ein Nasenspray ausgestellt. Ein Mann aus Istanbul hat ihn sich gekauft. Wegen seiner gekrümmten Nasenscheidewand konnte seine Freundin nie in Ruhe neben ihm einschlafen - der Spray sollte helfen. „Now I can't go to sleep because of the pain of heartbreak", schreibt sie nun. „Thank you and fuck you!", steht unter einem Schwangerschaftstest - er ist positiv - ein paar Meter weiter. Die drei Gegenstände sind Teil des Museum of Broken Relationships Kosovo, einer Wanderausstellung, die vom 04. Mai bis zum 1. Juni in Pristina Halt gemacht hat.

Museum der zerbrochenen Beziehungen

Die Grundidee für das Museum kommt aus Kroatiens Hauptstadt Zagreb. Die beiden Initiatoren, Olinka Vištica und Dražen Grubišić, stammen von dort und waren lange ein Paar. Irgendwann ging ihre Beziehung jedoch in die Brüche. Vor allem die Aufteilung ihrer gemeinsamen Besitztümer gestaltete sich danach als besonders schwierig. Während sich die üblichen Haushaltswaren leicht aufteilen ließen, war für die beiden Künstler vor allem die Aufteilung von Gegenständen mit gemeinsamer Geschichte mühsam. Das Erlebte wegwerfen fiel schwer, jeden Tag an die vergangene Beziehung erinnert zu werden ebenfalls. Schlussendlich haben sich Vištica und Grubišić entschieden, ihre gemeinsamen Gegenstände - und auch Relikte aus den zerbrochenen Beziehungen in ihrem Freundeskreis - in einem eigenen Museum auszustellen. Dem Museum of Broken Relationships . Seit 2010 ist das Museum dauerhaft in Zagreb untergebracht. 2011 wurde ihm der Sonderpreis „Europäisches Museum des Jahres" verliehen. Zusätzlich ist eine Wanderausstellung mit ausgewählten Exponaten auch international unterwegs. Das Museum war bereits in Kroatien, Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Deutschland und den USA unterwegs.

"Menschen brauchen genau solche Ausstellungen!"

Für Pristina ist die Ausstellung eine neue Erfahrung. Das Museum of Broken Relationships Kosovo ist nämlich das erste internationale Museum, das hier in der Stadt seinen temporären Platz gefunden hat. Insgesamt waren 70 Exponate ausgestellt. 25 davon stammten aus dem Kosovo, die restlichen Gegenstände wurden international gesammelt. „Ich finde es wichtig, dass die Menschen diese Gegenstände sehen und deren Geschichten hören. Das Museum gibt einem die Möglichkeit, über Erfahrungen anderer Menschen genauer nachzudenken und sie mit seinen eigenen zu vergleichen", sagt Diellza Salihu. Sie hat die Ausstellung gemeinsam mit sechs anderen Studenten nach Pristina gebracht, nachdem zwei von ihnen bei einem Kroatienurlaub zufällig auf das Museum gestoßen waren.

Schon ein Jahr vor Ausstellungsbeginn begannen die Studenten mit der Planung der Ausstellung. Seither haben sie unzählige Stunden an Arbeitszeit in das Projekt gesteckt. Bezahlt wurden sie nicht. Mit den zwei Euro Eintritt soll zumindest ein Teil der bereits angefallenen Kosten zurückkommen. „Natürlich haben wir versucht die Kosten im Vorfeld zu decken. Doch im Kosovo ist es sehr schwer Förderungen für Kunst zu bekommen. Die Politik interessiert das nicht." - Laut Diellza sei auch keiner der eingeladenen Politiker zur Eröffnung des Museums gekommen. Trotzdem ist sie sich sicher, dass das Museum eine gute Idee war: „Genau solche Ausstellungen brauchen Menschen." Sie hofft, mit dem Museum den Grundstein für eine belebtere Kunstszene im Kosovo gelegt zu haben.

Die Objekte werden anonym abgegeben

Im Museum of Broken Relationships Kosovo geht es um die Geschichte, die mit einem Gegenstand verbunden wird. Vom ursprünglichen Besitzer weiß man kaum etwas. „Nicht einmal der Vorname oder das Alter werden angegeben", so Diellza. Vor Ausstellungsbeginn gäbe es auf der Webseite immer einen öffentlichen Aufruf. Jeder der möchte kann persönliche Dinge aus vergangenen (Liebes-)Beziehungen anonym abgeben. Meistens finden Alltagsgegenstände den Weg in die Ausstellung. „Auf den ersten Blick wirken diese vielleicht gewöhnlich, doch die Geschichten dahinter berühren", sagt Diellza.

Einige der Besucher weinen, andere lachen oder werden unerwartet überrascht. „Wie kommt die nur hier her?", fragt ein junger Mann, als er die blaue Puppe sieht, die in einer Vitrine ausgestellt ist. Vor Jahren habe er sie für das Mädchen, in das er verliebt war, gekauft. Heute ist er mit seiner neuen Freundin ins Museum gekommen.

Die Ausstellung ermöglicht es, einen Einblick in die intimsten Gedanken anderer Menschen zu bekommen. Es entsteht ein Gefühl dafür, was wirklich bleibt, wenn die Liebe geht: Keine kitschigen Liebesbriefe, keine vertrockneten Blumen und keine Ringe. Dafür aber Socken, Nasensprays und ehrliche Gedanken.

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