Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Nürnberger schreibt Krimi via Facebook

Viele Köche verderben den Brei? Das mag ja sein. Dass aber viele kreative Ideen mitnichten ein Buch verderben müssen, sondern ganz im Gegenteil zu seinem Gelingen beitragen können, versucht seit einigen Monaten Stefan Wacker unter Beweis zu stellen.


Der selbstständige IT-Unternehmensberater hat „über die Jahre angefangen, ein bisschen zu schreiben und auch am literarischen Café im Bildungszentrum teilgenommen.“ Kurzgeschichten, nichts Großes. Ein Buch, das wär’s halt gewesen, aber „das schiebt man ja gern mal vor sich her.“

Über einen Zeitungsartikel stieß Wacker auf die Seite www.UnserAller.de der Firma Innosabi. Hier werden sogenannte „Co-Creation-Prozesse“ ermöglicht und verfolgt. Das Konzept: Ein Unternehmen stellt die eher vage Idee für ein neues Produkt einer öffentlichen Nutzergruppe zur Ideenfindung und Abstimmung online bereit.

Über verschiedene offene Fragestellungen wie beispielsweise ein Farbthema für eine neue Nagellack-Reihe entwickelt sich das Produkt immer weiter, wird konkreter und „erschließt dabei sozusagen automatisch die Nutzergruppe“.


Da kam Wacker die Idee: „Warum mache ich so was nicht für mich selbst im literarischen Bereich und versuche, auf diese Weise ein Buch zu schreiben?“ Gesagt, getan. „Es war zuerst einmal nur klar, dass es sich um ein Genre mit klarer Struktur handeln muss.“ Da liegt ein Krimi nahe, denn bei dem gibt’s Ermittler, Opfer, Täter und ein Verbrechen. Immer.

„Als nächstes habe ich mir überlegt, in welche Phasen, an denen man sich dann mit der Fragestellung entlang hangeln kann, ich den Prozess sinnvoll einteilen kann.“ Er entschied sich für die Ermittler, denn „wenn ein neuer Tatort rauskommt, ist ja auch immer die interessanteste Frage die nach den Kommissaren“. Also erstellte Wacker auf der „Unser Aller“-Seite ein entsprechendes Profil, beschrieb sein Vorhaben und stellte die erste Frage zur Disposition: „Wer sind die Ermittler?“

Prompt folgten acht teils extrem detaillierte Vorschläge für mögliche Charaktere. Unter diesen acht konnten die Nutzer dann ihren Favoriten wählen. „So wurde dann ganz ohne meine Einflussnahme das Ermittlerteam Julia Claesen und Niklas Malter festgelegt“, berichtet der Initiator. Er weiß inzwischen, dass man einen gewissen Mitmach-Reiz erzeugen kann, indem man den „Top-Mitentwicklern“ Zusagen macht wie beispielsweise die Namensvergabe.


Parallel zur laufenden Phase 2, in der die Nutzer aufgerufen waren, die Biografie der Ermittler zu skizzieren, begann Wacker mit dem Schreiben des ersten Kapitels, das er, unterfüttert mit Bildern der Fotografin Yvonne Michailuk bei einem eigens erstellten Blog peu à peu veröffentlichte, „damit die Leute auch sehen, dass da wirklich was passiert.“

Alles, was sich tut, dokumentiert Wacker zusätzlich auf der Facebook-Seite. Und investiert wöchentlich „schon einige Stunden in dieses Projekt“. Mittlerweile aber vor allem in das Schreiben der Kapitel des Buches, das den Arbeitstitel „Deine dunkle Seite“ trägt. „Das ist zwar kein gemeinsam geschriebener Text, aber ich muss mich an die Vorgaben halten, die mir gemacht werden, sonst ist das ja witzlos. Ich habe aber trotz alledem noch genug Raum mich auszuleben“, sagt der Autor. Auf diese Weise wurde mittlerweile auch das Verbrechen definiert. Als nächste Phase steht die der Opfer-Findung an.


„Wer ist das, was hat es mit dem Opfer auf sich?“, diese Fragen stehen zur Ideenfindung bereit. Und Wacker hofft auf zahlreiche Vorschläge. „Viele finden das total spannend, machen dann aber doch nicht mit, und ich frage mich: Wo ist die Hürde?“, wundert er sich. Es gehe schließlich nicht darum, viel zu schreiben, sondern einfach mit Kommentaren und Stichpunkten zum Entstehen des Gesamtwerks beizutragen.

„Macht mit, schickt eure Ideen! Ihr könnt alle drin vorkommen“, ruft Stefan Wacker auf. Und schon kann es passieren, dass das Opfer unversehens den Namen des Nachbarn trägt. Oder auch den eigenen, natürlich.


www.facebook.com/DeineDunkleSeiteKrimi

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