Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Artikel

Rollendes Museum: der Saturday Nightcruise

Ungefähr zweimal im Monat samstagabends kann es passieren, dass sich Passanten in der Nürnberger Innenstadt unversehens inmitten eines rollenden Automobil-Museums befinden. Durch die Adlerstraße knattern Caddys, Mustangs oder Chevys, dass die Augen groß und Kameras gezückt werden, und ehe man sich’s versieht, ist der automobile Spuk schon wieder vorbei – und lässt verwunderte Menschen mit verträumtem Blick zurück. „Was war denn das jetzt?“, fragt man sich. Die Antwort führt ans andere Ende der Stadt. Oder fünf Jahre zurück. Oder hundert. Mal schauen.


„Mein 1912 geborener Opa hat bereits Ami-Autos gefahren, aufgewachsen bin ich dann sozusagen im Caddy meines Vaters. Mir liegt das einfach im Blut.“ Marcus Mühlbauer ist ein exzessiver 50ies-Fan, „irgendwie hängengeblieben“, sagt der 44-Jährige und schwärmt von Pastellfarben, von lächelndem Design und verspielter Lieblichkeit. Er sammelt, hortet Lampen, Nierentische, Gegenstände, der große Traum: irgendwann ein 50er-Museum eröffnen. Dabei hat er ein solches eigentlich schon längst auf die Beine gestellt – nur eben besagtes rollendes. Zur großen Leidenschaft gehören nämlich freilich auch die entsprechenden Fahrzeuge. 2009, erinnert sich Marcus Mühlbauer, der seinerzeit seine Lehre als KFZ-Mechaniker bei der damals noch in Fürth stationierten US-Army machen durfte, haben er und ein paar Kumpels mit gleichen Vorlieben spontan eine Ausfahrt beschlossen. Treffen am Dianaplatz, sieben chromglänzende Motorsenioren, und los. Und dann nochmal, und dann, sagt Mühlbauer, habe sich das plötzlich herumgesprochen, auf einmal warens 30, dann 70 Autos. Und heute „sind es meist über 300 Fahrzeuge, die sich immer am ersten und dritten Samstag im Monat auf dem Stadler-Parkplatz treffen“, berichtet der Initiator dessen, was sich im Laufe der Zeit als „Saturday Nightcruise“ in der Szene etabliert hat – und das weit über die Grenzen Nürnbergs hinweg. „Das muss man sich mal vorstellen: Da kommen Leute aus Kaiserslautern, Berlin, Österreich, nur für ein paar Stunden zusammen sein und cruisen.“ Cruisen, das ist Englisch und bedeutet eigentlich „herumfahren“. Was im Anschluss an die Treffen stattfindet. Ganz gemächlich, Marcus Mühlbauer achtet streng darauf, dass keine Rowdys mit quietschenden Reifen und lautem Getöse für Unruhe und damit Unmut bei der Stadt sorgen. „Amerikanische Autos aller Baujahre und alle anderen Oldtimer bis Baujahr 1975“ sind die Gäste, die bei den abendlichen Treffen gern gesehen sind. Die Ansammlung ist beeindruckend: Vom roststrotzenden Wüstenfund über picobello Restaurierte bis zum US-amerikanischen Streifenwagen – alle kommen sie aus ihren Scheunen und Garagen oder wo auch immer die KFZ-Perlen vor der Menschheit sonst versteckt werden. „Man sieht diese Autos nie, nie im Straßenverkehr, und dann sind auf einmal wie aus dem Nichts hunderte davon am Start“, schwärmt Mühlbauer, der selbst einen 59er Chevrolet fährt – und Freundin Tanja einen riesigen US-Truck. Ganz gemächlich tauscht man sich aus, gibt Tipps und Tricks, vereinbart Ziele für die nächste Ausfahrt, um dann für gewöhnlich im Korso einmal quer durch die Stadt und hin zur Adlerstraße zu fahren. Das war’s. Gemeinsame Leidenschaft, gemeinsamer Spaß. Was auch der Grund ist für eine am 19. Juli erstmals für die Öffentlichkeit zugängliche Veranstaltung: Die „Vintage Poolparty“ im Stadionbad gab’s zwar schon zweimal, doch nur in klein und für den inneren Kreis. Jetzt, sagt Mühlbauer, „müssen wir mal rausgehen!“. Beim angekündigten Programm dürften die Herzen aller Fans und Liebhaber von Hawaiihemd und Petticoat überlaufen. Gemeinsam mit circa 80 Oldtimern werden rund um die Badelandschaft alte Zeiten aufgebaut. Die kommen daher in Form von Boogie-Woogie und Charleston-Showtanz, einer Turmspringer-Show im alten Dress, Mode der 30er bis 70er Jahre zum gucken und kaufen, einem Frisör, der Vintage-Tollen drechselt, mit denen man sich anschließend im nachgebauten 50er Jahre-Zimmer ablichten lassen kann. Sowohl die Pools sind zur (standesgemäßen) Benutzung freigegeben wie auch für adäquate Verköstigung (Cakepops auf Rollschuhen, Espresso von der Vespa, BBQ von Boogie’s u.a.) und musikalische Unterhaltung gesorgt: „Tonic Sisters“, „Swing Big Band Brassluft“, „Jonny Porsche“ und „The Rockin‘ Lafayettes“ beschallen das ganze Areal des Stadionbades und bringen die hoffentlich zahlreich erscheinenden zeitgemäßen Outfits zum schwingen. „Ich wünsche mir, dass das eine Zeitreise wird, bei der die Besucher direkt involviert und Teil davon werden“, träumt Marcus Mühlbauer. Sollte klappen. 


Vintage Poolparty im Stadionbad, 19. Juli 2014, 18-24 Uhr, Stadionbad, Hans-Kalb-Straße 42, Nbg; Karten: AK 14 Euro, VVK 12 Euro (an den Kassen von Stadionbad, Westbad, Südstadtbad, Langwasserbad und Nordostbad sowie am 5. Juli ab 20 Uhr beim Saturday Night Cruise-Treffen bei Stadler am Dianaplatz); www.saturday-nightcruise.de