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Trendstück Brosche: Subtile Botschafter

Großmütter, aber auch Patentanten überreichen sie gerne mit feierlicher Miene zu besonderen Anlässen: liebevoll verpackte Schmuckschatullen - deren Inhalt nach kurzer Bedenkzeit oft bei Maximilian Hemmerle landet. „Ich habe schon so viele Broschen gesehen, die zu Anhängern oder Ohrringen umgearbeitet wurden", erzählt der Münchner Juwelier, der mit seinem Unternehmen Renésim eine über 180 Jahre alte Familientradition fortführt.

Sein Großvater René Sim Lacaze war zu Beginn des 20. Jahrhunderts Chefdesigner von Van Cleef & Arpels, zu seinen persönlichen Lieblingsentwürfen gehörte eine Brosche in Schmetterlingsform. Der Enkel kann das gut nachvollziehen: „Eine Brosche zu entwerfen gehört zu den spannendsten Dingen, die ein Juwelier machen kann." Ein Grund mehr für Hemmerle, mit einer gewissen Wehmut zur Tat zu schreiten, wenn die Umarbeitung einer der feinen Anstecknadeln bevorsteht.


Lange galten Broschen als ungefähr so verführerisch und modern wie Stützstrümpfe oder beigefarbene Twinsets. Ein tragisches Schicksal, findet Hemmerle. Denn anders als bei Ketten, Armschmuck oder Ohrringen seien dem Broschen-Design viel weniger Grenzen gesetzt: „Die Natur können Sie hier deutlich freier, aber auch getreuer interpretieren." Doch aktuell stehen die Chancen für den Schmuckdesigner so gut wie lange nicht mehr, auch in Sachen Brosche wieder häufiger kreativ werden zu können.


Die Schauspielerin Uma Thurman zog bei der jüngsten Met-Gala in New York mit einer überdimensionalen, diamantbesetzten Brosche von Cartier am schlichten Kleid alle Blicke auf sich. Besondere Exemplare wie die Lieblingsbrosche von Margaret Thatcher, eine 200 Jahre alte, ebenfalls mit Diamanten verzierte Blume, erzielen bei Auktionen Spitzenpreise. Auch große Labels setzen seit einigen Saisons wieder auf kunstvolle Anstecker.


Schmetterlinge bei Chanel, zarte Porzellan-Pins bei Céline und schwarze Blumen bei Oscar de la Renta ließen die amerikanische „Vogue" bereits über das „überraschend schicke Comeback" der Brosche jubeln. Als Vorbild für deren perfekte Inszenierung wird gerne auf die zur Modeikone ernannte Serienfigur Carrie Bradshaw verwiesen, die schon vor zehn Jahren mit Broschen in Form großer Blumen oder der Initialen von Coco Chanel am Revers in „Sex and the City" durch New York flanierte.


Nun hat der einstige Geheimtipp unter den Accessoires auch große Ketten von C&A bis Zara erreicht. In jeder Modeschmuckabteilung findet sich mittlerweile eine riesige Auswahl an Broschen in Blumen-, Einhorn- oder Schleifenform, knallbunter Buttons mit Aufdrucken wie „Girl Power" und überdimensionaler Sicherheitsnadeln, an denen kleine Anhänger baumeln. Sie alle warten darauf, an Revers, Mützen oder sogar Taschen gesteckt zu werden, zitieren humorvoll die Anstecker der Protestbewegungen aus den siebziger und achtziger Jahren oder spielen ironisch mit Vintage-Zitaten.


Festlich oder damenhaft wirken sie nicht mehr, eher verspielt und humorvoll. Das findet Cornelie Holzach, Leiterin des Schmuckmuseums Pforzheim, wenig überraschend: „Die Freizeitkleidung hat sich verändert. Zum T-Shirt oder Anorak passt eine mit Juwelen besetzte Brosche eben nur bedingt." Erst im Frühjahr zeichnete ihr Museum mit einer Ausstellung die Geschichte der Brosche von der Bronzezeit bis in die Gegenwart nach.


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