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Mäntel, die Politik machen

Wilder Mustermix, Colorblocking, orientalisch anmutende Drucke. Paspeln in Pink, Türkis und Orange. Willkommen in der schönen bunten Welt von Anoosheh Assefi und ihrem Label Anar Design. "Ich mag ungewöhnliche Farbkombinationen und die Verbindung aus alter persischer Kultur mit modernen Designs", sagt die 32-Jährige. Denn Assefi wohnt nicht in Paris, Mailand oder London, sondern in Teheran.


Iran und Mode - da denken viele an tiefschwarz verhüllte Frauen. Oder an Marji, die Heldin aus dem Film Persepolis, die sich Ärger mit der Sittenpolizei einhandelt, weil sie zum schwarzen Tschador Jeansjacke und Nike-Turnschuhe trägt.


Doch es tut sich was im Iran. Weil Mode, und zwar vor allem die von und für Frauen, im Iran immer auch ein politisches Thema war. Reza Pahlavi, der das Land von 1925 bis 1941 als Schah regierte, verbannte Kopftuch und Tschador aus der iranischen Öffentlichkeit. Sein Sohn Mohammed Reza Pahlavi ließ beides wieder zu - und die islamische Kleiderordnung avancierte zum politischen Statement gegen sein pro-westliches Regime. Seit der islamischen Revolution 1979 haben die Iranerinnen keine Wahl mehr: Verhüllung ist Pflicht. Entweder mit einem Tschador, einem großen, meist dunklen Überwurf, oder mit Kopftuch und einem Mantel, der alles vom Hals bis zu den Knien und Ellenbogen bedeckt. Nicht zu eng, unauffällig und vor allem nicht aufreizend sollte dieser Mantel sein. Wogegen Frauen immer wieder protestieren, wie etwa Masih Alinejad mit ihrer weltweit beachteten Kampagne "My Stealthy Freedom".


Grundsätzlich geändert hat das bisher zwar nichts. Aber es gibt Hoffnung: Im Juni 2013 twitterte der als liberal geltende Präsident Hassan Rohani, dass sich die Tugendhaftigkeit einer Person nicht an ihrer Kleidung ablesen lasse. Seit zwei Jahren darf auch die gefürchtete Sittenpolizei nicht mehr so rabiat eingreifen wie einst. Und der Mantel mit Kopftuch oder Manteau, wie die Iranerinnen ihn nennen, hat sich vom Kompromiss zwischen westlich-säkularem und religiös-traditionellem Stil im Gottesstaat zu einem echten Must-have entwickelt.


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