Dieses Straucheln in der Schwebe bei gleichzeitiger Reduktion aufs Nötigste (was in diesem Fall immer noch fantastisch und gar ein wenig glamourös, weil absolut filigran zusammengestellt ausschaut), lässt sich vielleicht als Quintessenz von Gabriel Kuris Arbeiten ausmachen. Zum schwebenden Charakter passt auch, dass die Schnur die ganze Zusammenstellung nur so gerade eben zusammenzuhalten scheint. Die drohende Zerstörung des Werks, sein mögliches Auseinanderbrechen sind ihm quasi als negatives Vorzeichen eingewebt; die Faszination dafür, dass eben dies nicht geschieht, umso größer. Ansonsten - kein Gramm zu viel, kein Material zu wenig, und wenn das Ganze allzu harmonisch wirkt, dann kommt gegebenenfalls die Asymmetrie: Das sind pure Präzision und ein Gespür für Materialität, als ob der Künstler Goldfolie und Faden, Marmorplatte und Milchglasscheibe in einer irgendwie synästhetischen Weise selbst erfahren könne. Aber wer weiß.
Dabei nutzt Kuri zwar gern, aber nicht ausschließlich Alltagsmaterialien: Auch der oben genannte Marmor beispielsweise findet den Weg in seine Skulpturen und Installationen - er wird aber ebenso subtil eingesetzt wie alles übrige und hat somit gar nichts mehr von der brachialen Qualität steinerner Skulpturen. Geboren wurde Gabriel Kuri 1970 in Mexiko-Stadt, wo er später auch die National School of Arts besucht. Am Londoner Goldsmith College vertieft er seine Studien, inzwischen lebt der Bildhauer im kalifornischen Los Angeles. Das Selbstporträt nimmt einen von mehreren wiederkehrenden Schwerpunkten in seiner Arbeit ein, neben dem in der SCHIRN präsentierten Werk fertigte Gabriel Kuri eine ganze Reihe ähnlicher Werke an, vom „self-portrait with a symmetrical ripple effect..." bis zum „self-portrait with a basic symmetrical distribution loop". Dieselbe Ausgangsbasis (unter anderem Isolierfolie und Muschel), unterschiedliche Anordnungen: Ich, so legt die Werkserie nahe, das sind viele Variationen und Versionen. Die Summe lässt sich dabei immer wieder auf die ähnlichen einzelnen Teile zurückrechnen.
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