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Hungrig nach Kontakten

Im großen Saal des Jugendzentrums Trainstop in Kranenburg lernen diese Asylbewerber aus Afrika Deutsch.

Kranenburg. Kranenburger engagieren sich ehrenamtlich, um Asylbewerber willkommen zu heißen. Sie suchen nach weiteren Unterstützern

Im großen Saal des Kranenburger Jugendzentrums Trainstop wird konzentriert gearbeitet. An vier Tischen sitzen Menschen verschiedenen Alters, aus unterschiedlichen Nationen und lernen Deutsch. Wissbegierig und begeistert üben sie Vokabeln und Grammatik, lernen einfache Gespräche zu führen. Die Schüler sind Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Armut aus ihrem Heimatland flüchteten und nun in Kranenburg darauf warten, dass ihnen in Deutschland Asyl gewährt wird.


Einer von ihnen ist der Nigerianer Lucky. Gut gelaunt packt der junge Mann seine Lernmaterialien aus. Dass er in seinem Heimatland Schlimmes erlebt hat, sieht man ihm nicht an. Seine Familie wurde von der terroristischen Gruppierung Boko Haram verfolgt. Ihm blieb nichts anderes übrig als sein Land zu verlassen. Gemeinsam mit drei Eritreern lernt er nun Deutsch, eine ihm völlig fremde Sprache. Ihr Lehrer ist Ton Beuger. Seit fünf Wochen unterrichtet der Rentner die kleine Gruppe zwei Mal die Woche. Sie sprechen Englisch miteinander, weil Ton Beuger ihre Muttersprache Tigrinya nicht spricht. Die Asylbewerber werden in Kleingruppen eingeteilt, je nachdem ob sie Englisch, Französisch oder Russisch sprechen.


Gutes Englisch

Betreut werden sie von einem Lehrer, der die entsprechende Sprache spricht. In Ton Beugers Gruppe sprechen einige gutes Englisch, andere nur ein paar Brocken. Oft läuft die Verständigung mit Händen und Füßen - weniger über Worte. Die sechs Lehrer sind ehrenamtlich tätig. Einige von ihnen bringen Erfahrung im Unterrichten mit. Beuger hat Niederländisch unterrichtet. Friedhelm Kahm, der Asylbewerber aus dem Kosovo unterrichtet, ist pensionierter Lehrer. Doch, um zu unterstützen, muss man kein Lehrer sein. „Wir freuen uns über jede Hilfe", sagt Ute Wils. Sie ist Kunsttherapeutin, unterstützt eine iranische Mutter und ihren Sohn. „Was die Menschen brauchen, ist Kontakt zu anderen. Sie kommen in ein fremdes Land und sind hier völlig isoliert. Teilweise können sie sich nicht einmal mit anderen Asylbewerbern in ihrem Zimmer verständigen", erzählt Wils. Sie hilft der Familie aus dem Iran im Alltag zurecht zu kommen. Die Frauen gehen zusammen einkaufen oder auch mal spazieren. Mit dem 15-jährigen Sohn ist sie in ein Klavierkonzert gegangen und ins Theater. „Der Junge war wie verändert. Seine Augen haben richtig geleuchtet", sagt Wils. Das habe sie bestärkt, sich weiter zu engagieren. Dank Ute Wils' Einsatz ist der Junge nun in einer Theatergruppe und im Tennisclub aktiv. „Es braucht nicht viel. Eine Einladung zum Kaffee oder zum Grillen. Einfach eine Chance, soziale Kontakte zu knüpfen", so Wils.

Karolina Warkentin

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