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Wandern in lebendiger Flusslandschaft

Johan Bekhuis betreut für die Stiftung ARK seit Jahren das Naturschutzgebiet Millingerwaard.

Kekerdom. Ein Streifzug durch die Millingerwaard mit Johan Bekuis, Naturschützer in den Niederlanden bei der Stiftung ARK. Wildpferde, Galloway-Rinder und Biber können den Besuchern über den Weg laufen.


Die Sonne lässt das Wasser der Waal glitzern. Noch ist es kalt morgens, doch in wenigen Wochen wird der Schwarzdorn entlang des Ufers voller weißer duftender Blüten stehen. Friedlich grast eine Herde kleiner Rinder auf den Trampelpfaden, die die Gras- und Auenlandschaft durchziehen. Ihr Fell ist dunkelbraun, buschig und fällt ihnen wellenförmig ins Gesicht. Mit ihrem Maul knapp über der Erde suchen sie nach saftigem Gras. Sie sind der natürliche Rasenmäher der Region. Es sind Galloway-Rinder, ursprünglich aus dem Südwesten Schottlands, die in der Millingerwaard angesiedelt wurden. Eine robuste Rasse, die das ganze Jahr über auf dem Gelände lebt. Zusammen mit den polnischen Konik-Pferden verhindern die Rinder, dass aus dem Gebiet Steppe wird.


Wer in die Millingerwaard kommt, um zu spazieren oder zu wandern, hat gute Chancen, den Tieren zu begegnen. Denn sie sind nicht etwa eingezäunt, sondern durchstreifen das weitläufige Gelände nach Lust und Laune. Und auch Besucher sind nicht an die Wege gebunden. Viel gibt es auf Streifzügen zu entdecken: kleine Tümpel umrahmt von Weiden und den für die Region charakteristischen Schwarz-Pappeln, brütende Grau-Gänse und wenn man Glück hat, sogar Biber. Dass der Biber wieder in der Millingerwaard anzutreffen ist, ist etwas Besonderes und für den Naturschützer Johan Bekhuis eine große Freude. Gut 150 Jahre hat man ihn in den Niederlanden nicht gesehen. Wegen seines teuren Pelzes wurde er ausgerottet. 1994 konnte er wieder angesiedelt werden. „Möglich ist das, weil ein Umdenken in den Köpfen der Niederländer stattgefunden hat", sagt Bekhuis. Seit Anfang der 90er ziehe sich die Landwirtschaft und auch die Industrie aus dem Gebiet zurück.


Man habe eingesehen, dass effektiver Hochwasserschutz mehr bedeute als Deiche zu bauen. „Die Natur hat die besten Mittel. Das ist unsere Schule und wir müssen lernen", erklärt der Naturschützer.„Lebendige Flüsse" - das ist seine Vision. Der Waal, die ein Unterarm des Rheins ist, solle wieder Schwemmland zurückgegeben werden. Denn naturnahe Flussauen können steigende Pegelstände ausgleichen. Seit 1992 setzt sich Johan Bekhuis für die Naturentwicklung der Region ein. Für die Stiftung Ark arbeitet er an Naturschutzprojekten - in der Millingerwaard hilft er dabei, flusstypische Lebensräume wieder einzurichten.


Bevor die Waal zu einer viel befahrenen Wasserstraße wurde, waren die Ufer dicht bewaldet. Johan Bekhuis spricht von „Urwald". Doch damit die naturnahen Flussauen entstehen können, müssen vorher die Bagger anrollen. Sie schaffen die benötigten Rückstauflächen. Pflanzen und Tiere, die mit der landwirtschaftlichen Nutzung verschwanden, kehren zurück und machen die Millingerwaard zu einem sehenswerten Ausflugsziel.

Karolina Warkentin

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