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Feature

FÜSSEN und die Wiedergeburt des Geigenbaus

Ein Besuch bei Achim Hofer

 



Mehr als die Sehnsuchtslandschaft der bayerischen Könige: In Füssen knüpfen Geigenbauer wieder an die frühe Blüte des Handwerks an. Und für den Tourismus spielt der behutsame Umgang mit den Schätzen der Erde eine bedeutende Rolle.

 

Natürlich kann man auf den Spuren der bayerischen Könige des 19. Jahrhunderts nach Füssen reisen, um Neuschwanstein und Hohenschwangau zu besichtigen. Doch wer sich auf die royale Bauwut in der Ostallgäuer Sehnsuchtslandschaft von Ludwig II. und seinem Vater beschränkt, verpasst das Charakteristische an Bayerns höchstgelegener Stadt in den Ammergauer Alpen: Füssen schaut nicht nur auf die landschaftliche Schönheit der sanft hügeligen und seenreichen Voralpen. Die Lage der Stadt hat geschichtlich noch einen anderen wichtigen Aspekt. Füssen lag geostrategisch ideal an der Römerstraße über die Alpen, die Via Claudia Augusta. Und das hatte Folgen.

Seit dem 1. Jahrhundert musste man das mächtige Gebirge von Oberitalien in Richtung Norden an der Füssener Enge am Lech überqueren, was die Stadt lange Zeit zu einem bedeutenden Punkt für den Handel machte. Verständlich, dass die machtbewussten Augsburger Fürstbischöfe diese Lage am Lech im 9. Jahrhundert besetzen mussten. Sie gründeten an seinem Ufer die Benediktiner-Abtei Kloster Mang. Dass einst der Heilige Magnus hier in einer Einsiedelei ein gottgefälliges Leben führen wollte, kam ihnen dabei gut zupass. Gleich oberhalb des Klosters bauten sie sich noch ihre prächtige Sommerresidenz, das Hohe Schloss.

Wie es am Lech zur Wiege des Geigenbaus kam

Wo Mönche ihre Gemeinschaft pflegten und Gott anbeteten, da war auch immer Musik. Zuerst der Gesang, 500 Jahre später durch Instrumente begleitet. Im Kloster Mang befeuerte der kunstfreudige Kaiser Maximilian I. auf seinen zahlreichen Aufenthalten in der Mitte seines Reiches diesen Trend zur Musik. Und die Bevölkerung konnte die Nachfrage nach Orgeln und vor allem Lauten im 16. Jahrhundert gut bedienen. Dank bestens geeigneter Eiben, Fichten und Ahorn aus den Bergwäldern; handwerkliches Geschick, der Transport über den gut flößbaren Lech und die zentrale Lage kamen zu den guten Ausgangsbedingungen hinzu. So wurde Füssen die Wiege des gewerbsmäßig betriebenen Instruments in Europa, das aus dem Orient stammte: die Laute, die im Mittelalter oft den Minnesang begleitete.

Die hoch stimulierte Nachfrage brachte allerdings bald zu viele Lautenbauer hervor. Und so regulierten die Meister den Markt in der Stadt über den Zunftzwang und bildeten damit 1562 die erste Lautenmacherzunft Europas. Von nun an mussten viele junge Instrumentenbauer ihr Auskommen woanders suchen. Die meisten zogen über die Via Claudia Augusta nach Italien. Bald dominierten die ehemaligen Füssener in Venedig und Padua, aber auch in Rom und Neapel den Lauten- und dann den Geigenbau. Denn im 17. Jahrhunderts lösten Streichinstrumente die klassischen Zupfinstrumente immer mehr ab. Die ausgewanderten Instrumentenbauer konnten sich mit ihrem traditionellen Wissen und dem Holz, das sie aus der alten Heimat bezogen in den großen Zentren sogar gut behaupten neben den großen Geigenbauerdynastien aus Cremona wie Amati oder Stradivari.

Ihren Kollegen in Füssen setzten dagegen die Pest und die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges sowie später die Konkurrenz in Mittenwald und dem Vogtland so zu, dass die Geigenbauertradition im 19. Jahrhundert hier endete. Die Wiege des Geigenbaus hatte den Trend zur praktischen Arbeitsteilung verschlafen und war nicht mehr konkurrenzfähig. Erst 1982 konnte die Stadt am Lech wieder an die große musikgeschichtliche Vergangenheit anknüpfen. Als erster Geigenbauer ließ sich Pierre Chaubert aus Genf mit einer Werkstatt in Füssen nieder. Heute ist das traditionelle Handwerk mit drei Geigenbauern wieder in der Stadt vertreten; einer von ihnen kümmert sich gleichzeitig auch um Lauten und Gitarren. Zum Vergleich: Im Barock waren es 60 Geigenbauer.

Zu Besuch in der Werkstatt von Achim Hofer

Achim Hofer ist einer der drei Geigenbauer: Er betreibt seine Werkstatt im ersten Stock eines spätgotischen Hauses am Brotmarkt. Passend davor steht der Lautenmacherbrunnen, mit dem die Stadt heute an ihre einstige Bedeutung als Wiege des europäischen Lautenbaus erinnert. Um die Ecke beherbergt das Kloster Mang im Museum der Stadt Füssen neben prachtvoll dekorierten Barocksälen eine der europaweit schönsten Sammlungen historischer Lauten und Geigen.

Wie wird man heute eigentlich Geigenbauer? Bei Hofer lag das einfach nahe, nachdem er feststellte, dass sein Geigenspiel seinen Ansprüchen nicht genügte. Und die waren hoch, denn er kam aus einer Kemptener Musikerfamilie. Doch seine Vielseitigkeit, das handwerkliche Geschick und seine Liebe zum Werkstoff Holz prädestinierten ihn für dieses klassische alte Handwerk. Die Neugier, zu erfahren, wie in anderen Ländern gespielt, gebaut und restauriert wird, begleitete seinen Berufsweg. Nach Lehrjahren in Mittenwald und Füssen und zahlreichen Aufenthalten im Ausland ließ er sich 1992 als Meister in Füssen nieder.

Für die perfekte Harmonie zwischen Hand, Ohr und Seele

Lieber eine neue Geige bauen oder eine gebrauchte reparieren oder restaurieren? Das ist Hofer nicht so wichtig. Er arbeitet vor allem für den Moment, seine Kunden glücklich zu machen. Denn er kennt die großen Gefühle, die ausgelöst werden, wenn jemand die exakt passende Geige spielt. Sozusagen das Glück einer perfekten Harmonie zwischen Hand, Ohr und Seele, das Geiger und Instrumentenbauer zuerst teilen und das dann Zuhörer genießen können. Zuweilen müssen Geigenbauer und Spieler lange zusammen tüfteln, um dieses Ideal zu erreichen. Hofer macht das gerne. „Klangliche Feinjustierungen sind meine Spezialität“, sagt er und öffnet die Schublade mit dem Frequenzgenerator, den er zur Überprüfung des Schwingungsverhaltens der Geigen einsetzt. Darüber hängt die Decke voller Geigen, während linker Hand die Werkbank die ganze Fensterfront einnimmt. Der Werkstattboden ist fast vollständig mit größeren Streichinstrumenten bedeckt. Und die unübersehbare Zahl der Werkzeuge, mit denen Hofer sägt, schneidet, hobelt und feilt oder schleift, zwingt, putzt und lackiert, ist auf zwei Räume verteilt. Darunter sind etliche Pretiosen aus Japan, den USA und England. Was es sonst noch für einen guten Geigenbauer braucht? „Außer Musikalität, Fleiß und Ausdauer auch Geschick, Geduld, Intuition und psychologisches Einfühlungsvermögen“, antwortet Hofer. „Dazu noch Wissen um die Chemie der Lacke.“ Eines ist ihm aber besonders wichtig: „Profunde Holzkenntnisse“.

Hofer, der dafür vor seiner Ausbildung bei einem Schreiner gelernt hat, weiß, wie wichtig Berghöhe, karger Boden und raues Wetter für einen guten Geigenklang sind. Und seine Qualitätsansprüche sind im Umkreis bekannt. Wenn ihn wieder mal ein Anruf wie: „Ich hab einen schönen Baum, willst du den haben?“ erreicht, geht es hinauf in die Berge, um den Baum zu begutachten.

Alte Bauernweisheit für Geigen

Gefällt wird der ausgesuchte Baum aber noch nicht, wenn man handelseinig geworden ist. Erst im Winter, im dreizehnten Neumond des Jahres, ist es so weit. Was nach Esoterik klingt, beruht auf einer alten Bauernweisheit und ist wissenschaftlich belegt: Für einen optimalen Klang muss der Baum so trocken wie möglich sein, und das ist im Winter, wenn der Mond besonders tief steht. „Das Holz der Instrumente, die sich ständig verstimmen, ist zum falschen Zeitpunkt gefällt worden“, da ist sich Hofer sicher. Aber auch nach den Fällen spielt die Zeit eine entscheidende Rolle. 15 Jahre können da gut und gerne vergehen. Der Stamm des gefällten Baums muss im Ganzen vor Ort noch trocknen, bevor er in große Stücke zersägt ins Tal gezogen wird und abermals lagert. Die Bretter und Klötze, die Hofer später aussucht, verbringen bei ihm nochmals zwei bis drei Jahre gestapelt, ehe er sie mit der Hand spaltet und erst dann als Ersatz oder Teil eines neuen Streichinstruments verarbeitet. Alles für den perfekten Klang einer Geige, die zu ihrem Spieler passt, ganz gleich, ob berühmter Berufsmusiker oder der Geigenschüler von nebenan. Denn für Hofer zählt in erster Linie, dass das Instrument dem Spieler perfekt dienen kann.

Im Logenplatz fürs Alpenpanorama

Hofer geht in seiner Freizeit gern frühmorgens hoch in die Berge zum Wandern. Wir nutzen lieber die kurzen Wege aus den mittelalterlichen Gassen der Kernstadt zu einem der Ortsteile im Grünen. Im Luft- und Kneippkurort Hopfen am See, der gern die „Allgäuer Riviera“ genannt wird, bieten die Terrasse und Fensterplätze des Speisesaals im Biohotel Eggensberger oberhalb des idyllischen Sees einen Logenplatz für den Blick auf den See und das Alpenpanorama. Der ist besonders schön, wenn die Berge beim Dinner glühen und die Ketten der Ammergauer und Tiroler Alpen langsam übergehen in eine See-Kulisse milchiger Grautöne wie in einer chinesischen Landschaftstuschemalerei. Bei solchem Naturgenuss stellen sich Erholung und Stressabbau schon von selber ein.

Aber auch Kost, Logis sowie Fit- und Wellness geben der Regeneration im Eggensberger einen Extrakick. Der Betrieb des familiär geführten Hotels am warmen Voralpensee pflegt einen behutsamen Umgang mit den Schätzen der Erde; Naturnähe. Der Bruder versorgt das Hotel von seinem Bioland-Bauernhof am Ortsrand mit frischen Milchprodukten, Fleisch und Gemüse. Der Rest kommt, wo immer es geht, aus der Region. Und die Küche nimmt auf Unverträglichkeiten und Diäten Rücksicht. Im Gebäude dienen Naturstein, Lärchenschindeln, Altholz sowie andere natürliche Materialien und indirekte Beleuchtung dem gesunden Wohlfühlen. Lehm an den Wänden und ein ökologisches Heiz- und Kühl-System an der Decke sorgen für ein angenehmes Raumklima. Ein System aus der Raumfahrt minimiert in den Duschen den Wasserverbrauch, ohne dass man es merkt. Auch die Saunen sind mit heimischen Hölzern sowie Naturstein, Salz und Bergkristall ausgestattet. Auf der Ruhewiese im Garten Spa können die Gäste das Alpenpanorama in Schaukeln genießen oder die artenreiche Blumenwiese unter den Füßen betrachten und dann im weichen Wasser des Naturpools baden.

Der Morgen kann mit einem Kneipp-Guss im Badehaus neben der finnischen Blocksauna beginnen. Dabei trifft man schon mal einen Gast von nebenan, der sich bei einem Präventions- oder Regenerationsaufenthalt stärkt. Denn während im Wellnessbereich Behandlungen mit Naturkosmetik und Entspannungsmassagen von Kopf bis Fuß angesagt sind, kümmern sich Therapeuten unter ärztlicher Leitung um die Gesundheit der Sanatoriumsgäste. Auch Hotelgäste können in den Genuss von fachkundiger Massage und Physiotherapie, Kneipp-Anwendungen und Gesundheit-Checks kommen. Ein wöchentliches Aktiv- und Kulturprogramm bietet Gesundheitswandern, Yoga, Walking, Gerätetraining oder Meditationen an. Und da kommt auch wieder Bayernkönig Ludwig II. ins Spiel. Mit Wanderungen auf seinen Spuren und einem Besuch von Neuschwanstein. Oder im Winter Skifahren unterhalb des Märchenschlosses.

Karin Willen


 Die besondere Expertise des Geigenbauers für Holzqualität
„Bergfichte, deren Jahresringe besonders dicht aneinander liegen, eignet sich am besten für Geigendecken“, sagt Hofer. Und die findet er in den heimischen Wäldern. Für Boden, Hals und Zargen bevorzugt er Bergahorn aus Bosnien; Griffbrett, Wirbel, Kinn- und Saitenhalter sind dann beispielsweise aus Ebenholz, das er wie den Ahorn vom spezialisierten Holzhändler bezieht. Klangholz muss lange lagern. Der Bau einer neuen Geige dauert mindestens ein halbes Jahr und kostet ab 25.000 Euro. Doch die ist dann individuell und fürs Leben, weder vom Klang noch von der Spielbarkeit her vergleichbar mit einer günstigen chinesischen Massenware.


Natur auf allen Ebenen intelligent nutzen
In der Natur und mit ihr: Im Biohotel Eggensberger wird Energie direkt vor Ort gewonnen, mit Biogas aus dem hauseigenen Blockheizkraftwerk, über Solarflächen auf dem Dach sowie mit zertifizierter Wasserkraft. Im neuesten Projekt sollen die Bioabfälle sogar zu Pflanzenkohle umgewandelt werden und als Dünger die Bodenfruchtbarkeit verbessern, statt durch Vergärung CO2 freizusetzen. „Mit einem Aufenthalt bei uns können Sie einen besseren ökologischen Fußabdruck erzielen, als wenn Sie zu Hause geblieben wären, selbst wenn Sie mit dem Auto anreisen!“ Auf die gute CO2-Bilanz des Hotels ist Chefin Heike Eggensberger besonders stolz. Ihr Mann Andreas gehört zu den Pionieren der Biohotels in Deutschland. Der Geschäftsführer und Kneipp- und Physiotherapeut hat 2021 mit einer Studie im Eggensberger Therapiezentrum gezeigt, dass die Kneippsche Hydrotherapie die Schlafqualität verbessern kann. Das Vier-Sterne-Haus ist zudem an der Gemeinwohl-Ökonomie ausgerichtet; diese Bewegung lässt sich im wirtschaftlichen Handeln von den Werten Menschenwürde, Solidarität, ökologischer Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung leiten. Außerdem gehört es der Kooperation der Allgäu Top Hotels an.


 Winterurlaub in Füssen
Gleich von der Hoteltür des Eggensberger ankönnen Gäste  in geführten Schneeschuhtouren durchs unberührte Weiß oder auf geräumten Wegen wandern. Winterlandschaftsgenuss  gibt es wahlweise auf der flachen, sonnenreichen Runde um den Hopfensee oder in einer sanft ansteigenden Tour durchs winterliche Hochmoor am Enzensberg. Wenn der See zugefroren ist, spielt Gastgeber Andreas Eggensberger gern mit den Gästen eine Partie Eisstockschießen.
Daneben bietet die Agentur Allgäu-Aktiv viele Touren für Skifahrer, Snowboarder, Langläufer oder Schneeschuhwanderer an. Wer dann immer noch Lust auf die Welt des Märchenkönigs hat, kann sich im Festspielhaus Neuschwanstein am Ufer des Forggensees bis zum 29. Januar „Ludwig² - Das Musical“ anschauen. Oder zur ehemaligen Jagdhütte König Ludwigs, der Bleckenau Hütte, wandern. Die Hütte ist auch im Programm einer Pferdeschlittenfahrt enthalten. Und Familien können sich im Schlitten von Pferden zur Wildfütterung am Bannwaldsee mit traumhafter Bergkulisse ziehen lassen. Dort leben rund 150 Hirsche.
Daneben finden Skifahrer in den Ammergauer und Tiroler Alpen zahlreiche Pisten und urige Hütten. Und Snowboarder können sich in zwei Funparks austoben.
 

Weitere Informationen:

Füssen Tourismus und Marketing, Kaiser-Maximilian-Platz 1, D-87629 Füssen, Tel.: 08362 / 938 50, E-Mail: tourismus@fuessen.de, www.fuessen.de

Biohotel Eggensberger, Enzensbergstraße 5, D-87629  Füssen / Hopfen am See, Tel.: 08362 / 91030, E-Mail: info@eggensberger.de, Internet: www.eggensberger.de, www.allgaeu-top-hotels.de