von Karin Willen
Einmal im Jahr entgiften? Ballast abwerfen? Ein bisschen innere Einkehr? Es gibt viele Gründe zu fasten. Selbst die sonst skeptische Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) urteilt: Fasten schärft die Geschmackssinne und lehrt, dass man sich auch ohne vollen Magen wohlfühlen kann. Doch was passiert dabei eigentlich? Der Körper zapft die eigenen Kohlenhydratreserven in Leber und Muskeln, Körpereiweiß und -fett an und stellt, wenn der Verzicht freiwillig ist, schließlich auch mehr vom Glückshormon Serotonin her. Was genau beim Fasten die Geschmackssinne schärft, ist letztlich nicht geklärt. Aber jeder, der gefastet hat, kennt den Ekel vor zu süßen, zu salzigen, zu fetten oder zerkochten Gerichten.
Fastenanhänger berichten von Kreativitätsschüben, von mehr Energie, guter Laune und strafferer Haut. Also alles bestens, wenn der Körper eine bis fünf Wochen lang seine Nährstoffspeicher als Energiequelle nutzt? Nicht unbedingt. Auch wenn fasten nicht darben heißt und Hunger sich bald in Wohlgefallen auflöst, befällt viele vor allem in den ersten Tagen ein Schwächegefühl und manche Kopfweh, einige sind müde oder frieren. Doch das lässt sich mit Arzt und Fastenleiter, Koch, Fitnesstrainer, Masseur und Psychologen besser ertragen, vor allem aber mit Leuten, die im selben Boot sitzen.
Moderne Fastenhotels und -kliniken punkten dabei zusätzlich mit schönem Ambiente, Natur und guter Küche. Ihr Tag wird im Rhythmus von Bewegung und Ruhe getaktet. Und was in diesen Häusern auf den Tisch kommt, ist in der Regel von hoher Qualität, um den Körper optimal mit Vitalstoffen zu versorgen. Bio-Gourmetkoch Florian Klinger vom Fastenhotel Viva am Wörthersee etwa kocht seine täglich unterschiedlichen Brühen mit regionalen Gemüsen, die Dinkelbrötchen kommen aus der eigenen Bäckerei. Eine der wichtigsten Fastenregeln heißt: viel trinken. Etwa drei Liter Wasser, Säfte und Brühen am Tag helfen, die Stoffwechselprodukte über Nieren und Blase beim Fasten auszuleiten. Generell wird den Entgiftungsorganen beim freiwilligen Nahrungsverzicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Feuchtwarme Umschläge unterstützen die Leber während der Mittagsruhe. Der Darm, wichtiger Sitz des Immunsystems, wird schonend gereinigt. Massagen, Algen- oder Schlammpackungen und Bürstungen pflegen die Haut. Und die Fastenden pusten mit moderater Bewegung in frischer Luft die Lungen durch und putzen die vermehrten Ablagerungen von der Zunge. Eingefleischte Puristen gehen ins Kloster oder machen eine ayurvedische Panchakarmakur, Leute mit guter Kondition können mehrstündiges tägliches Fastenwandern wagen.
Wie und wann fastet man am besten? Anfänger sollten sich auf jeden Fall von Experten unterstützen lassen. Dr. Françoise Wilhelmi de Toledo von der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung rät Leuten mit niedrigem Blutdruck, im Gebirge ab 600 Metern zu fasten. Wer friert, leicht müde wird oder allergisch auf Gräser reagiert, sollte am besten im Sommer kuren, Pollenallergikern empfiehlt sie, den Frühling zu wählen. Außerdem warnt sie: „Menschen, die chronisch oder akut krank sind, dürfen nur mit medizinischer Begleitung fasten, am besten in einer Klinik."
Und nach welcher Methode? Sehr beliebt ist das Fasten nach Dr. Otto Buchinger (1878-1966). Es beginnt mit zwei Einleitungstagen, zum Beispiel Reis- oder Obsttagen. Glaubersalz oder Einlauf führen alle zwei Tage ab. In den Fastentagen werden Wasser und Kräutertee mit Honig getrunken sowie Gemüse- oder Obstsaft. Leberwickel und Bewegung sind feste Bestandteile.
Beim Fasten nach Franz Xaver Mayr (1875-1965) hingegen folgt auf ein kurzes Tee-Wasser-Fasten eine Milch-Semmel-Diät, die das bewusste Kauen fördern soll. Bauchmassagen und Leberwickel unterstützen die durch Glaubersalz eingeleitete Darmsanierung. Es folgt eine frische, basische Kost.
Beim Fasten nach Hildegard von Bingen (1098-1179) gibt es drei Varianten: Fasten mit Dinkel, Obst und Gemüse, das Brotfasten und das Hildegardfasten: Bei Letzterem nimmt man nach den Entlastungstagen nur noch Flüssiges zu sich, erlaubt sind Dinkel-Gemüsebrühe, Fencheltee und Dinkelkaffee.
Doch welche Detox-Methode auch immer die Auszeit aus dem Alltag organisiert: Nach körperlichem Auskehren und innerer Einkehr winken feinere Geschmackssinne, eine gesteigerte Vitalität und innere Harmonie.
Hotel Kastenholz Wershofen (Rheinland-Pfalz) Medical-Wellness-Oase in der Eifel: Die FX- Mayr-Wochenkur ist eines der Gesundheitsangebote, das ärztlich begleitet wird. Die Gäste fasten nach einem individuellen Therapieplan mit drei Bauchmassagen und nehmen am täglichen Hausprogramm teil,darunter Salsa-Aerobic, Klangschalenmeditation undGesundheitsvorträge. 100 Betten im familiär geführten 4-Sterne-Superior-Hotel am Dorfrand, hauseigener Hirschpark, Saunalandschaft, Beauty- und Wellness-Welt undPanoramabad. Regionale Küche. www.kastenholz-eifel.de
Bio-Hotel Alpenrose Bad Wörishofen (Bayern) Kneippend im Allgäu regenerieren: Fastenleiterin Monika Maurer begleitet neben dem Therapieteam die bis zu zehn Personen starke Gruppe nach Buchinger oder Hildegard von Bingen unter ärztlicher Aufsicht. Wassergüsse und Bäder nach Kneipp ergänzen Massagen, Gymnastik, Wanderungen und Entspannung nach Jacobsen. 25 Betten in einem familiär geführten 3-Sterne-Haus, Sauna, Infrarotkabine, Kosmetik, Abendprogramm, Therme und Kurpark sind zu Fuß zu erreichen. Frische biologische Küche.
Bio-Hotel AnNatur Juist (Niedersachsen) 13 Tage Auszeit im Reizklima: Fastenleiterin Annegret Coordes schließt ihre beiden kleinen Häuser für andere, wenn sie eine Gruppe von Fastenden begleitet. Nach Gymnastik und Strandwandern kann man die Insel per Fahrrad erkunden. Gefastet wird nach Buchinger. 22 Betten auf der autofreien Nordsee-Insel Juist, Multifunktionssauna, ayurvedische Behandlungen, Wassergymnastik im nahen Hallenbad, Kosmetik, Abendprogramm mit Vorlesungen, biologisch-vegetarische Küche. www.annatur.de