Sigmaringen sz Das Handynetz in und um Sigmaringen ist nicht das Beste. Immer wieder gibt es Funklöcher oder das mobile Netz ist so schlecht, dass sich keine Webseite auf dem Smartphone laden und kein durchgängiges Gespräch auf dem Handy führen lässt. Leser Herrmann Rumpel schreibt zum Beispiel: „Diese extrem schlechte Versorgung im Stadtgebiet ist ein Armutszeugnis für eine Kreisstadt! Damit kann man in diesem Bereich des Stadtgebietes jeglichen mobilen Internetzugriff zumindest im D2 Netz vergessen. Man wird lange suchen müssen, bis man in einer Stadt ein ähnlich schlecht versorgtes Gebiet findet." Doch warum ist das so. Die Funknetzplaner der beiden größten Mobilfunkanbieter in Deutschland, Telekom und Vodafone, erklären, warum das Handynetz in der Region oft so schlecht ist.
Der Aussichtsturm auf dem Mengener Missionsberg ist kein normaler Aussichtsturm - er ist gleichzeitig Funkmast. Der Mobilfunkanbieter Vodafone hat die Restauration des Aussichtsturms mitfinanziert und dabei gleich eine Funkanlage auf dem Turm angebracht. Sie ist eine von 12 Funkanlagen im Landkreis, von der aus Vodafone die Mobilfunknutzer mit LTE versorgt, dem schnellsten Mobilfunk-Netz zur Datenübertragung, das es aktuell gibt. Auch bei Ablach, auf der Anhöhe gleich hinter den letzten Häusern des Dorfes, steht ein Funkmast - dieser ist aber von Vodafones Konkurrenz, der Telekom. Der Ablacher Funkmast versorgt den ganzen Umkreis mit GSM- und UMTS-Netz, den Vorgängernetzen des LTEs. Hans-Peter Frick, der Verantwortliche bei der Telekom für die Abstimmung der Netzplanung mit den Kommunen, steht unter dem Ablacher Masten und schaut in den strahlend blauen Himmel zu den weißen Masten hinauf. In der Hand hält Frick einen Plan, auf dem sämtliche Telekom-Funkmasten im Landkreis Sigmaringen aufgezeichnet sind. Um die 20 Punkte sind auf dem Plan zu sehen. Ein fetter, blau-roter Punkt mitten in Sigmaringen, mehrere blaue Punkte im Umkreis, manche davon auch mit einer gelben Füllung. „Gelb steht für LTE, der blau-rote hier ist Ablach", erklärt Frick.
Einen ähnlichen Plan hält auch Michael Feistel in der Hand. Er ist Fricks Pendant von Vodafone und auch für den Netzausbau in Sigmaringen verantwortlich. Auch bei ihm sind ganz viele bunte Punkte auf seinem Plan vom Landkreis Sigmaringen verzeichnet. Feistel steht auf dem Mengener Aussichtsturm und überblickt das Gebiet, das der Mengener Funkmast mit bestem Vodafone-Netz abdecken soll. Doch wie kommt nun das Funksignal und das mobile Internet von den Punkten auf dem Plan zum Smartphone? Und wie kommt es, dass sowohl die Telekom als auch Vodafone so viele Punkte im Landkreis auf ihrer Landkarte haben, dennoch das Handy-Netz im Landkreis oft sehr schlecht ist?
Topografie ist Hindernis fürs Netz„Diese Sendeanlage hat drei Antennen und sendet damit in Richtung Innenstadt, aber auch in die umliegenden Dörfer", erklärt Michael Feistel von Vodafone. Der Aussichtsturm eignet sich gut für einen Funkmasten, da er hoch über der Stadt Mengen steht und ihm wenig Berge oder andere Hindernisse im Weg stehen. „Die Topografie ist eines der Haupthindernisse für das Mobilfunknetz. Die Masten müssen so stehen, dass im geplanten Abdeckungsgebiet alle Täler und Ortschaften gut von den Funkwellen erreicht werden können und nicht von Bergen verschattet werden. Das ist natürlich in Regionen wie auf der Schwäbischen Alb nicht immer einfach", sagt Feistle. Das gleiche Problem hat auch Hans-Peter Frick von der Telekom. „Dieser Mobilfunkmast, hier auf der Höhe, sendet bis Zielfingen, Göggingen und natürlich versorgt er Krauchenwies. Würde er nur ein paar Meter weiter unten stehen, könnte er zum Beispiel Göggingen nur noch schlecht erreichen." Ein Problem ergibt sich für die Techniker, wenn ein Standort wegfällt, weil zum Beispiel die Nachbarn keinen Funkmasten in der unmittelbaren Umgebung wollen. „Es müsste dann ein Standort im Radius von 200 bis maximal 400 Metern gefunden werden, damit das Gebiet genauso gleichmäßig wie vorher abgedeckt werden kann", erklärt Frick. Die Region, die ein Sendemast abdeckt, muss genau bis zur Grenze des nächsten Funkbereichs reichen, sonst entstehen Funklöcher.
Zu diesem rein topografischen Problem bei der Standortsuche für einen Funkmasten kommen noch wirtschaftliche Gesichtspunkte hinzu. Da tauchen Fragen auf wie: Lohnt es sich, in einem gering besiedelten Gebiet einen weiteren Funkmasten aufzustellen? Und gibt es Bedenken von Bürgern oder Ämtern wie dem Denkmalschutzamt? Zudem müssen Grenzwerte was die Funkwellenbelastung angeht eingehalten werden. „Wir müssen uns jede Funkstation genau von der Bundesnetzagentur genehmigen lassen.", erklärt Feistel von Vodafone.
Sind alle Genehmigungen eingeholt und der Standort geeignet für einen Funkmasten, dann wird dieser aufgestellt. Damit die Mobilfunk-Basisstation eine gute mobile Breitbandversorgung bereitstellen kann, muss diese aber auch einen Zugang zu einem schnellen Netz haben. Das heißt, die Sendeanlage vor Ort braucht eine Glasfaser- oder Richtfunkanbindung. Gibt es ein Glasfasernetz in der Region, wird das Glasfaserkabel zu den Antennen am Mast hochgeführt und an den sogenannten Radio Remote Head angeschlossen. Dieser weiße Kasten, der nahe der Antennen montiert ist, wandelt dann die Lichtsignale aus dem Glasfaserkabel in Funkwellen um, die dann von den drei Antennen am Masten in alle Richtungen geschickt werden. So entsteht das Mobilfunknetz.
Damit diese Funkwellen aber auch wirklich Daten und Handygespräche übertragen können, müssen sie ungestört in das überregionale Mobilfunknetz gelangen. Beim Funkmasten in Mengen geschieht das über eine Richtfunkverbindung - eine Verbindung, die auf Sichtkontakt von einer Sendeanlage zur anderen Sendeanlage beruht. Der nächste Funkmast, zu dem die Anlage in Mengen über diese Richtfunkverbindung sendet, steht in Scheer. Diese Sendeanlage leitet das Signal dann weiter an den Natofunkmasten nach Pfullendorf. Diese Funkmasten bilden also eine Kette, von der die Funkwellen zum Beispiel ein Handygespräch von Mast zu Mast weiter übertragen können. Diese Richtfunkverbindungen laufen an Knotenpunkten zusammen. Der nächste Knotenpunkt unseres Signals, das vom Funkmasten in Mengen ausgesendet wird, ist ein Funkmast in Villingen. Dort kommen verschiedene Signale aus allen Himmelsrichtungen an und werden dann weiterverteilt. So bildet sich das Mobilfunknetz also aus.
Einem tollen Handyempfang im Landkreis Sigmaringen stehen also vor allem zwei Faktoren entgegen: Die Dichte an Mobilfunkmasten und die Landschaft mit ihren Bergen und Tälern. Viele Probleme haben die Funknetzplaner der Mobilfunkkonzerne also zu überwinden, um auch in ländlichen Regionen wie dem Kreis Sigmaringen ein gutes Handy-netz ohne Funklöcher bereitzustellen. „Der Netzausbau ist nie zu Ende", sagt Feistel von Vodafone.
Dies ist der letzte Teil der Serie „Sigmaringen digital". Online finden Sie eine Karte, auf der Funklöcher in der Region abgebildet sind, sowie ein Video, in dem Michael Feistel den Netzausbau mit LTE erklärt.
www.schwaebische.de/sigmaringen-digital (Interaktive Zusatzinformationen, weitere Artikel der Serie "Sigmaringen digital" auf schwaebische.de)