Models auf der Fashion Week Berlin Immer Competition machen
Von Kajsa Philippa Niehusen
Während Heike Makatsch und Shermine Sharivar noch auf dem roten Teppich posieren, geht es hinter den Kulissen bereits hektisch zu: Visagisten, Stylisten, Fotografen und Reporter versperren sich in der Garderobe im Berliner Fashion-Week-Zelt gegenseitig den Weg. Die Lampen der Schminkspiegel sind zur Hälfte ausgefallen, doch heiß ist es trotzdem. Selbst die leicht gekleideten Models schwitzen. Sie verständigen sich auf Englisch, wenn es sein muss auch in Zeichensprache. Einige starren apathisch ins Leere, während bis zu drei Maskenbildner gleichzeitig an Gesicht und Haaren herumwerkeln. Andere hingegen halten das Treiben um sie herum mit ihren Handykameras fest und lächeln aufgeregt. Der Umgang mit dem Stress scheint Einstellungssache. Aber ist das wirklich der Job, von dem so viele junge Mädchen träumen?
Die Show des Berliner Modelabels Kaviar Gauche ist eine der Höhepunkte auf der Berliner Fashion Week. Die beiden Designerinnen Alexandra Fischer-Roehler und Johanna Kühl gründeten das gemeinsame Modehaus 2004. Bekannt wurden sie vor allem für ihre klassisch-opulenten Brautkleider, begehrt wegen ihrer sogenannten Lamella Bags. Die runde Handtasche aus Kalbsleder ist der letzte Schrei unter modebewussten Frauen. Heike Makatsch schlenderte damit über den roten Teppich bei der Berlinale - seitdem ist die Handtasche fast so begehrt wie die von Marc Jacobs oder der Kelly-Bag von Hermès.
Zum Model sein gehört GlückAleksandra Marczyk gehört zu den Models, die in Berlin die Sommerkollektion des Labels vorführen dürfen. Eine Stunde vor Beginn der Show sitzt sie schlaff in ihrem Sessel. Unter ihren großen blauen Augen haben sich dunkle Schatten gebildet. Die 20-Jährige ist erst im vergangenen September beim Einkaufsbummel in ihrer Heimat Polen entdeckt worden: "Ich hatte einfach Glück." Stolz erzählt sie, dass sie bereits in Mailand, New York und Paris gelaufen ist. "Ich bin eigentlich kein Model", sagt Marczyk, denn in ihrer Heimat studiert sie Industriedesign. Sie genießt das Modeln vor allem des Herumreisens wegen, "und weil man Leute aus der ganzen Welt kennenlernt". Dabei gelingt es Marczyk sogar, Freundschaften aufzubauen - von Konkurrenzdenken und Eifersucht scheinbar keine Spur. "Wir sind hier alle eine große Familie", sagt sie und fragt die Visagistin, die ihr soeben die Augenringe weg tupft: "Stimmt doch, oder?"
Für eine Antwort bleibt keine Zeit. "Fertig machen für die erste Probe", ruft der Choreograph der Show streng in die Runde. "Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass auch alle Models da sind", sagt Designerin Fischer-Roehler. Offenbar nehmen es nicht alle mit ihren Terminen so genau. Manche bleiben einfach weg, obwohl sie für die Show gebucht waren. "Das kommt vor", sagt die Designerin. Warum? "Weil sie zu lange feiern waren." Hoffnungen, noch einmal für eine Show von Kaviar Gauche gebucht zu werden, brauchen die Partymodels sich allerdings nicht zu machen. Auch auf dem Laufsteg ist Disziplin gefragt.
Nebenjob ja, aber Traumjob nein"Der Job kann sehr anstrengend sein", sagt Marczyk. Gerade dann, wenn sie so wie heute auf mehreren Shows hintereinander läuft. "Viele Leute denken, Modeln wäre einfach, man müsste nur gut aussehen. Dabei ist Modeln auch Arbeit." Obwohl es im Moment gut für die Polin läuft, kann sie sich allerdings nicht vorstellen, ihr Studium aufzugeben und hauptberuflich als Model zu arbeiten. Die Unsicherheit, vielleicht doch nicht genügend Castings zu gewinnen, um den Lebensunterhalt sichern zu können, ist ihr zu groß. "Spätestens mit Ende 20 bist du für den Laufsteg ohnehin zu alt, kriegst keine Aufträge mehr und stehst dann ohne Ausbildung da", erklärt Marczyk. Solange sie das Modeln nur als Nebenjob betreibt, ist sie frei von Erfolgsdruck und kann stattdessen die schönen Seiten ihres Erfolges auskosten: das Herumreisen, die Aufmerksamkeit, die gute Bezahlung und die schönen Momente auf dem Laufsteg. Ein Traumjob ist das Modeln für sie nicht, aber ein traumhafter Zeitvertreib.