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Anschläge in Museen - waren es Anhänger von Hildmann?

Von Alexander Fröhlich, Julius Geiler und Jette Wiese Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) sucht nach Zeugen für einen massiven Angriff auf Kunstwerke, die auf der Berliner Museumsinsel ausgestellt sind. In einer E-Mail der für Kunstdelikte zuständigen LKA-Ermittler, die der Berliner Zeitung Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Am 3. Oktober 2020 wurden auf der Berliner Museumsinsel in verschiedenen Museen eine größere Anzahl an Ausstellungsstücken durch Aufbringen einer Flüssigkeit beschädigt."

Der Fall war erst am Dienstagabend bekannt geworden, nachdem Besucher, die für den Tag der deutschen Einheit ein Ticket gebucht hatten, eine Mail mit Bitte um Hinweise vom LKA erhielten. "Wir ermitteln schon eine Weile. Bisher haben wir den Fall aus ermittlungstaktischen Gründen nicht öffentlich gemacht", sagte ein Polizeisprecher am Mittwochmorgen.

Die Verwaltung von Kultursenator Klaus Lederer gab am Mittwoch an, erst aus der Presse von dem Anschlag erfahren zu haben.

Ermittelt wird nun wegen „gemeinschädlicher Sachbeschädigung". Experten hegen nun einen Verdacht: Haben Anhänger des rechtsextremen Vegan-Kochs Attila Hildmann einen der größten Anschläge auf antike Kunst in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands verübt?

Als "Vegan-Koch Nr. 1" präsentiert sich Attila Hildmann im Internet, zuletzt fiel er aber als Verschwörungsideologe auf. © dpa

Mindestens 70 Objekte im Pergamonmuseum, im Neuen Museum, in der Alten Nationalgalerie und an anderen Standorten sind mit einer öligen Flüssigkeit bespritzt worden. Die hat auf ägyptischen Sarkophagen, Steinskulpturen und Gemälden des 19. Jahrhunderts sichtbare Flecken hinterlassen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Berliner Polizei bestätigten die Beschädigungen an Ausstellungsobjekten.

Eine Besucherin, die am 3. Oktober in einem der Museen war, kann sich nur schwer vorstellen, dass die zahlreichen Angriffe auf die Ausstellungsstücke nicht gleich bemerkt worden sind. Sie berichtete, dass dort sehr viel Personal eingesetzt war.

Hildmann hetzte auf Telegram gegen Museen

Die Mitarbeiter achteten demnach darauf, dass Besucher die wegen der Corona-Pandemie vorgeschriebenen Mindestabstände einhalten. Auch seien die Kunstwerke gesichert, man dürfe nicht zu nah herantreten, sagte die Besucherin. Im Juni hielt der Verschwörungstheoretiker und Antisemit Attila Hildmann regelmäßig seine Kundgebungen auf den Stufen des Alten Museums ab.

Im Juli verbot die Berliner Versammlungsbehörde schließlich seine Demonstrationen wegen einer formulierten „erheblichen Wahrscheinlichkeit" von Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung. Zugleich distanzierte sich die die Museumsinsel verwaltende Stiftung Preußischer Kulturbesitz von den Hasstiraden des Kochbuchautors.

Die Stiftung machte dies unter anderem mit einem großen Banner am Eingangsportal des Alten Museums deutlich, auf dem sich die Stiftung für Weltoffenheit und gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus einsetzte. Daraufhin rückten die unterschiedlichen Museen in Berlins Zentrum in den Fokus von Hildmanns Hetze. Auf dem Messengerdienst Telegram schrieb er bereits im August, dass sich im Pergamonmuseum mit dem Baal-Altar angeblich der „Thron des Satans" befinden würde.

Hildmann bezeichnete das Exponat immer wieder als „Zentrum der globalen Satanisten und Corona Verbrecher", nachts würden im Museum „Menschen geopfert" und „Kinder geschändet", schrieb der Verschwörungsideologe seinen Anhängern.

Hildmann bezeichnete Merkel als "Dämon"

Hildmann schrieb, das Alte Museum habe ihn "boykottiert bei meinen Demos. Jetzt wissen wir auch warum. Drecks Satanisten." Auch der Sänger Xavier Naidoo hat derlei verbreitet. Es gehört zu den Erzählungen der verschwörungs-esoterischen Szene in Deutschland.

Zudem stellte Hildmann er einen angeblichen Zusammenhang zwischen der privaten Wohnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Mitte und deren Nähe zum Pergamonmuseum her. Mehrfach bezeichnete er die deutsche Regierungschefin als „Illuminati" und „Dämon". Auf Telegram folgen Hildmann mittlerweile mehr als 100.000 Menschen.

Auch am 3. Oktober, als der Anschlag auf die Kunstwerke offenbar stattfand, wurden in Berlin-Mitte diverse verschwörungstheoretische Kundgebungen abgehalten.

Gegen Hildmann wird wegen seiner Äußerungen in seinem Telegram-Kanal auch in Brandenburg ermittelt, weil er dort wohnt. Anfang Mai liefen die ersten Anzeigen wegen Volksverhetzung bei der Polizei Brandenburg ein, dann übernahm der Staatsschutz die Ermittlungen, mittlerweile liegt der Fall Hildmann bei der zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Internetkriminalität in Cottbus. Von dort heißt es: „Wir stecken noch mitten in den Ermittlungen."

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