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Ohne Attest nicht in den Kindergarten

Symbolbild) © Monika Skolimowska/dpa

Kinder, die Husten oder Schnupfen haben, dürfen im Landkreis ab sofort erst wieder in die Kita, wenn ein Arzt bescheinigt, dass sie nicht mit Corona infiziert sind. Ein Doktor berichtet.


Landkreis - In normalen Jahren beginnt die große Infektionswelle erst im Winter, doch Lars Kellner arbeitet schon jetzt am Limit. Rund 20 Corona-Tests macht der Kinderarzt aus Gräfelfing täglich. „Hier brummt der Laden, es ist wirklich turbulent." Der Andrang hat einen Grund: Seine Praxis liegt nahe an der Grenze zum Landkreis Starnberg. Hier müssen Eltern ihre Kinder aus Kitas und Kindergärten abholen, wenn die Nase läuft. Die Kleinen müssen solange zu Hause bleiben, bis ein ärztliches Attest vorliegt, das Corona ausschließt.

Der Landkreis München zieht nun nach: Weil die Sieben-Tage-Inzidenz den kritischen Wert von 50 überschritten hat, verschärft nun auch das Landratsamt die Regeln für Kindergärten: Kleinere Gruppen und Notbetreuung schließt Landrat Christoph Göbel jedoch vorerst aus, wie er am Donnerstag betonte. „Es ist insbesondere für den Landkreis München, wo oft beide Eltern arbeiten, dringend geboten, dass die Kinder weiter betreut werden." Doch die Attestpflicht ist seit gestern in Kraft - greift auch schon bei leichtem Schnupfen und Husten ohne Fieber. Göbel konkretisierte: „Ein ärztliches Attest ist ausreichend, ein negativer Test auf Covid-19 ist nicht erforderlich." Er vertraue auf das Urteil der Ärzte.

„Bei jedem leichten Schnupfen zwei Tage zu Hause zu bleiben, das ist nicht optimal"

Doch Kinderarzt Kellner sieht hier ein Problem, denn will ein Arzt auf Nummer Sicher gehen, müsse er fast testen: „Wenn ich bei steigenden Fallzahlen attestieren soll, dass ein Kind sicher nicht Corona hat und nicht ansteckend ist, dann geht das nur mit einem Test." Denn die Symptome können vor allem bei Kindern sehr subtil verlaufen. Bei Kellner dauert es rund 48 Stunden, bis ein Ergebnis vorliegt. „Bei jedem leichten Schnupfen zwei Tage zu Hause zu bleiben, das ist nicht optimal."

Bisher hatten die Kindergärten selbst noch etwas Ermessensspielraum: „Wir haben die Kinder mit leichter Schnupfennase noch nicht heim geschickt. Erst wenn sich ein Kind wirklich schlecht fühlte, dann haben wir die Eltern angerufen," sagt Claudia Springer-Pietsch, die Leiterin des Kindgartens Falkenstein in Garching. Das geht jetzt nicht mehr.

Hoffnungen ruhen auf Schnelltest

Vor allem für berufstätige Eltern sei das belastend, glaubt Springer-Pietsch: „Es ist schon jetzt eine sehr angespannte Lage, für viele Eltern ist das eine große Herausforderung." Erschwerend hinzu kommt, dass Corona es erschwert, das Personal an ihrem Kindergarten flexibel einzusetzen. Durch den Hygieneplan ist es nicht mehr möglich, Gruppen flexibel umzuschichten - jede Gruppe hat ein feste Größe: „Wir haben die Eltern schon darauf eingestellt, dass sie die Kinder vielleicht manchmal früher abholen müssen", sagt Kindergartenleiterin Claudia Springer-Pietsch.

Die Angespanntheit hat auch Kinderarzt Kellner festgestellt: „Eltern machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz und ihre täglichen Arbeitsabläufe, wenn sie die Kinder wegen jedem Schnupfen nach Hause geschickt kriegen." Er hofft nun, dass Corona-Schnelltests Entspannung bringen. „Das könnte viel verändern, weil man dann innerhalb von zehn Minuten weiß, ob ein Mensch infektiös ist", sagt Kellner. Er wurde auch schon gefragt, ob er Kita-Personal schulen könne, damit sie selbst die Tests durchführen. Vorstellen könne er sich das. Aber er warnt, dass auch diese Tests keine absolute Sicherheit bieten: „Wenn jemand wenig Symptome hat, kann ein Test falsche Sicherheit geben. Dann schickt man vielleicht ein Kind in den Kindergarten, und zwei Tage später ist es positiv."

JULIAN LIMMER


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