Julian Dorn

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Vornamen 2015: Gestatten, Rapunzel

Bei den Vornamen ihres Nachwuchses werden Eltern gern kreativ - und mitunter unfreiwillig komisch. Doch an die Spitze der beliebtesten Vornamen des vergangenen Jahres haben es zwei altbewährte Namen geschafft. Seit nunmehr 16 Jahren sind Maximilian und Sophie/Sofie die Favoriten. Wie die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden mitteilte, folgen wie im Jahr zuvor Alexander und Marie auf dem zweiten und Elias und Sophia/Sofia auf dem dritten Platz.

Für die Liste wurden die Daten von etwa 650 Standesämtern mit 940.000 registrierten Namenseintragungen gesammelt. „Damit decken wir rund 90 Prozent der im letzten Jahr eingetragenen Vornamen ab", sagt Andrea-Eva Ewels, Geschäftsführerin der GfdS dieser Zeitung. Insgesamt verzeichneten die Standesämter 2015 etwa 60.000 unterschiedliche Namen, sagt Ewels. „Eine enorme Namensvielfalt, die immer weiter zunimmt."

Da viele Kinder mehrere Vornamen tragen, haben die Sprachwissenschaftler der GfdS verschiedene Rankings erstellt. Zunächst wurden in einer Gesamtliste alle angegebenen Namen, also bei einem Kind mit mehreren Vornamen alle Nennungen, ausgewertet.

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Darüber hinaus zählten die Forscher die jeweiligen Erstnamen aus. Auch dabei gibt es einige Überraschungen: Jonas steigt von Platz sieben auf Position eins der am häufigsten vergebenen ersten Vornamen und löst damit Luis/Louis ab. Auf den Rängen zwei und drei rangieren Maximilian und Ben. Auch bei den ersten Mädchen-Vornamen tut sich einiges. Mia verbannt Hanna/Hannah auf Platz drei, hinter Emma.

Woran orientieren sich Eltern bei der Wahl des Rufnamens? „Es kommt dabei erstaunlicherweise nicht mehr auf die Bedeutung des Vornamens an", sagt Sprachforscherin Ewels, „genauso wenig auf familiäre Traditionen. Entscheidend ist etwas viel Banaleres: der Klang, gerade auch in Kombination mit dem Nachnamen." Insgesamt gehe der Trend von längeren Vornamen wie Katharina zu kürzeren einsilbigen Varianten wie Ben und Mia.

Eine phonologische Studie des Instituts für Historische Sprachwissenschaft des Deutschen an der Universität Mainz zeigt außerdem einen weiteren Trend auf: Jungen- und Mädchennamen nähern sich immer mehr an, werden androgyner. Die eigentlich für Mädchennamen typischen Vokale „a" und „i" kommen in männlichen Vornamen mittlerweile häufiger vor. Beliebte Namen wie Maik, Elias oder Julian sind nur einige Beispiele für diesen Trend. Charakteristisch für weibliche Vornamen sei zwar weiterhin der Vokal, auf dem sie endeten. Aber auch das sei kein Alleinstellungsmerkmal mehr, wie etwa die beliebten Jungennamen Luca und Mika zeigten.

Die GfdS zog in ihrer aktuellen Statistik auch einen regionalen Vergleich. Er ergab, „dass im Osten des Landes klassische deutsche Vornamen wie Anton, Karl oder Katharina populär sind", sagt Ewels, „wohingegen sich Eltern im Westen kreativer und auch experimentierfreudiger zeigen". Der Einfallsreichtum werdender Eltern mündet nicht selten in kuriosen Varianten: Nemo, Celina-Chayenne, Godsgift, Xantippe oder auch Rapunzel und Schnuckelpupine sind zwar nach wie vor selten, aber längst keine Einzelfälle mehr.

Doch nicht alle Vornamen erhalten einen Amtsstempel. Wenn die Behörden unsicher sind, ob sie einen Namen genehmigen sollen, wird die GfdS aktiv und gibt eine Empfehlung ab. Im vergangenen Jahr konnten dadurch Vornamens-Exoten wie Rukola, Makrele oder Alien verhindert werden, genauso die Namen Whiskey, Joghurt und Superman - zum Wohle des Kindes. „Man muss bei den Namen schon klar erkennen, dass es sich um Menschen handelt", sagt Sprachforscherin Ewels. Auch der Erstname Schnuckel wurde nur in Kombination mit den Zweitnamen Pupine oder Pupina genehmigt, da diese im Internationalen Namensverzeichnis stehen.

Fast schon ein Exot ist mittlerweile auch der Vorname Kevin. Mitte der Neunzigerjahre war er aus den Top Ten des Rankings nicht mehr wegzudenken, und das nicht nur in den neuen Bundesländern. Mittlerweile taucht er allerdings erst auf Platz 226 auf.

© dpa

Ein Novum der jüngsten Auswertung der GfdS: Erstmals wurden auch die beliebtesten türkisch-arabischen Vornamen in Deutschland erfasst. Mädchen wurden demnach am häufigsten Elif genannt, Jungen Muhammed. Auf den zweiten Plätzen folgten Layla und Ali.

Da hierzulande ein amtliches Ranking fehlt, wird das Statistische Bundesamt die Hitliste der Wiesbadener Sprachhüter, die seit 1977 geführt wird, ins Jahrbuch aufnehmen.

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