Julia Weise

Digital-Redakteurin, Münster

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Eine Nähschule für Kinder

Anke Horstmann bringt Kindern und Jugendlichen in ihrer Werkstatt „muster-stück" in Osterath das Schneidern bei. Die Nähschule hat sie vor 14 Jahren gegründet. Wegen Corona musste auch sie geschlossen werden. Jetzt finden wieder Kurse statt - mit Auflagen.

Ursprünglich sollte es gar keine Nähschule werden, erzählt Anke Horstmann. „Ich wollte eigentlich Kindermöbel restaurieren und handwerklich arbeiten. Aber dann war es ab dem ersten Jahr doch eine Schule für Kinder", sagt die 55-Jährige. 2007 gründet sie die Firma muster-stück, 2008 kommen Näh- und Bastelkurse hinzu. Mittlerweile hat sich muster-stück zu einer Nähwerkstatt für Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene entwickelt.

Horstmann hat viele Jahre als Dekorateurin unter anderem im Carsch-Haus und bei Janssen-Pralinées in Düsseldorf gearbeitet. Dann hat sich die ausgebildete Schauwerbegestalterin beruflich neu orientiert. „Über den Kindergarten meiner Tochter bin ich dazu gekommen, mit Kindern in kleinen Gruppen zu nähen", sagt sie.

Kurse und Kontakt der Nähschule muster-stück

Wo Nähschule muster-stück, Kaarster Straße 18 in Osterath.

Wann Dienstags und donnerstags, 16 bis 18 Uhr; in den Sommerferien werktags, 10 bis 13 Uhr.

Was Nähkurse für Kinder und Jugendliche, max. vier Teilnehmer pro Gruppe. Materialien vor Ort.

Kontakt www.muster-stück.de; Anmeldung unter 0163 5088333.

Dann ging alles ganz schnell. Zu Horstmanns Nähkursen kommen Grundschulkinder und Kinder, die zur weiterführenden Schule gehen. Auch Jungen kommen gerne, berichtet Horstmann: „Ich hatte auch eine Werkbank hier und wollte Werkunterricht geben, aber die Jungs wollten Elefanten-Kissen oder einen Turnbeutel fürs Fußballtraining nähen", sagt sie mit einem Lachen. Natürlich bilden sie noch die Minderheit, aber Nähmaschinen sind nicht nur Mädchensache, findet Horstmann. „Nähmaschinen sind sehr technisch und mit dem Pedal ist es wie Autofahren", erklärt sie.

Vor einer Woche hat Anke Horstmann die offizielle Erlaubnis bekommen, in ihrer Nähschule wieder unterrichten zu dürfen. Aber auch dort gelten bestimmte Auflagen, die es zu bewältigen galt. In der Werkstatt müssen die Kinder Mundschutz tragen, die Nähmaschinen wurden so umgebaut, dass es genug Abstand gibt. Außerdem dürfen nur vier Kinder statt sonst sechs Kinder pro Kurs teilnehmen. Dass die Gruppen nun kleiner sind, sei ein finanzieller Nachteil. Aber Horstmann ist froh, dass es wieder los geht. Denn vor der Zwangsschließung wegen Corona habe ein Kurs angefangen, den sie noch beenden möchte.

Alles, was genäht werden kann, bemustert Horstmann vorher. Denn Nähanleitungen seien oft kompliziert und schwer zu lesen. An einem Objekt sei die Arbeit einfacher zu vermitteln, so Horstmann. Ihre Musterstücke liegen dann vor den Kindern auf dem Nähtisch. Horstmann fängt klein an: Zuerst nähen die Kinder Kissen mit Applikation, damit sie lernen die Nähmaschine einzustellen und Stoffe miteinander zu verbinden. Kleine Taschen, Turnbeutel und Rucksäcke folgen. „Auch wenn eine Naht mal etwas schief wird, ist das Ergebnis am Ende schön", sagt Horstmann. Erst in den fortgeschrittenen Kursen werden Anziehsachen genäht. „Ich finde es schade, wenn man lange an einem Projekt arbeitet, und es sitzt nicht so wie man es sich vorgestellt hat. Das ist frustrierend, und da sind auch Kinder pingelig."

Meistens inspiriere der Stoff die Kinder, Horstmann lässt der Kreativität freien Raum. Die verschiedenen Stoffe sind in den Kursgebühren inbegriffen, und die Kinder können sie sich nach Lust und Laune aussuchen. „Erwachsene arbeiten oft Ton in Ton und Kinder kombinieren Sachen und sind viel offener und weniger festgelegt. Es ist wahnsinnig schön, was sie in den Stoffen sehen und daraus machen", sagt Anke Horstmann erstaunt.

Während die Nähschule für fast drei Monate wegen der Corona-Pandemie geschlossen bleiben musste, hat Horstmann in der Zeit angefangen, Stoffe zu verkaufen. Obwohl sie nicht so viel Auswahl habe wie ein Stoffgeschäft, seien viele Menschen gekommen und hätten Stoffe gekauft, um eigene Stoffmasken zu nähen. Horstmann hat die Zeit auch dafür nutzen können, um neue Musterstücke zu nähen. „Ich habe die Werkstatt auf links gedreht und mich auf den Sommer vorbereitet", sagt Horstmann.

Denn dann beginnt die heiße Phase. „Die Sommerferien sind eigentlich immer ausgebucht, da kann ich viel anbieten", sagt Horstmann. Einzelne Termine mache die 55-Jährige gar nicht erst aus, denn da schaffe man nicht viel, außer die Nähmaschine und die Stoffe zu erklären. Ab Juli finden jeden Vormittag Kurse statt. In den Ferien dürfen die Kinder auch ihre eigenen Nähmaschinen mitbringen und die ganze Woche in der Nähwerkstatt stehen lassen.

Es gibt dann auch die Möglichkeit, viel herumzuspielen und die verschiedenen Maschinen, etwa die Overlock-Nähmaschine von Anke Horstmann, auszuprobieren. „Kinder sind es geübt, Sachen nicht zu können und neu zu erlernen. Erwachsene sind oft kritischer, wenn sie an etwas Neues herangehen."

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