Blick ins Buch "Kulinarisches Brandenburg"
Uckermark
Apfelwinzer Gutshof Kraatz
Wenn jemand für eine Sache brennt und sein Handwerk mit großer Leidenschaft ausübt, dann spürt man das sofort. Florian Profitlich und seine Frau Edda Müller sind solche Menschen. Vor rund 15 Jahren kauften sie den denkmalgeschützten Gutshof Kraatz in der Nordwestuckermark, renovierten ihn behutsam, bauten ihn aus und um und verarbeiteten dabei ökologische Materialien und historische Baustoffe wie Ziegelsteine, Türen oder Fliesen. Zwei Ferienwohnungen entstanden, die mit Möbeln und Accessoires aus den 1920er und 30er Jahren eingerichtet wurden, und in der großen Scheune eine gemütliche Weinschänke. Denn, und das ist die zweite Sache, bei der man die Leidenschaft spürt, auf dem Gutshof Kraatz werden auch Weine gekeltert. Genauer gesagt: Apfel-, Birnen- und Quittenweine, die inzwischen mehrfach ausgezeichnet wurden. Als Florian Profitlich in die Uckermark zog, fielen ihm die Obstbäume auf, die überall an den Straßenrändern stehen. Schmackhafte, alte Sorten, die jedoch kaum jemand erntet. Sie brachten ihn auf eine Idee, Obstwein zu keltern. Der gelernte Fotograf wälzte dicke Bücher, in denen Pommologen hunderte Apfelsorten, hübsch gezeichnet oder fotografiert, katalogisieren. Und begann dann vor sieben, acht Jahren mit einem Experiment, das er seitdem mit der Akribie eines Wissenschaftlers und der Begeisterung eines Foodies betreibt, denn viele Fragen lassen sich nur durch Ausprobieren beantworten. Etwa: Wie reagiert diese oder jene Frucht bei der Gärung? Welchen Einfluss hat der Boden bei Äpfeln und Birnen auf Güte und Aroma? Der Pfannkuchenapfel beispielsweise hat, wenn man die Frucht vom Baum pflückt und isst, keinen außergewöhnlichen Geschmack. Aber weil ein Teil seines Zuckers von den Hefen bei der alkoholischen Gärung nicht zersetzt werden kann, stellte Profitlich fest, verbleibt er im Wein, und so entsteht ein fruchtiger Tropfen mit vielschichtigen Aromen und einer zarten Süße. Säure- und gerbstoffreich sind die alten Sorten, die in der Uckermark wachsen, auch das beeinflusst das Ergebnis beim Keltern. Die Äpfel werden vollreif kalt und schonend vergoren, die Weine trocken beziehungsweise feinherb ausgebaut. Wer noch nie Fruchtweine getrunken hat, muss sich an den Geschmack allerdings erst einmal herantasten. Dafür bieten sich die kleinen Weinproben an, die in der Weinschänke, welche zugleich auch der Hofladen ist, jederzeit möglich sind (Gruppen bitte vorher anmelden). Wer tiefer einsteigen und von Florian Profitlich selbst etwas über die Herausforderungen und Entdeckungen während seines Apfel-Experiments erfahren möchte, der fragt vorher einen Termin an. Als Begleitung gibt es in der Gaststätte kleine Gerichte wie etwa Quiche, Bauernfrühstück oder Wildbratwürste mit Thymian-Bratkartoffeln und Salat, die, soweit möglich, aus Zutaten von benachbarten Höfen zubereitet werden. Beim Uckermark Delikat-Essen immer Samstag ab 18 Uhr wird es raffinierter, dann steht auch mal eine japanische Köchin am Herd. Reservierung empfohlen!
Damit lässt sich der Ausflug verbinden
Einem historischen Stadtspaziergang durch Prenzlau, dessen älteste Bauwerke - die Stadtmauer mit Wiekhäusern und Türmen, die Kirche St. Marien und das Dominikanerkloster - aus dem 13. Jahrhundert stammen. Mehrmals im Jahr (bzw. für Gruppen ab 15 Pers. zum Wunschtermin) veranstalten die Stadtinformation Prenzlau, das Wein- und Teehaus Gotzmann und die Stadtführerin Doris Meinke einen "Stadtrundgang für Geist und Gaumen", bei dem man regionale Spezialitäten verkostet und allerlei Geschichten über die Stadt erfährt. www.prenzlau-tourismus.de
Infokasten
Adresse: Schloßstraße 7, 17291 Nordwestuckermark OT Kraatz, Tel. 039859/ 639 76, www.gutshof-kraatz.de
Öffnungszeiten: Von Ostern bis Ende Oktober Do-Fr 14-21 Uhr, Sa 12-21 Uhr, So 10-18 Uhr (von 10-14 Uhr "Langes Frühstück"). Die Schänke und Terrasse sind barrierefrei.
Preise: Weinprobe mit drei Weinen 5 €, mit fünf Weinen 7 € p.P. (ab 10 Personen auf Anfrage). Ferienwohnung: Remise ab 185 €, Bauernhaus ab 260 €, jeweils für 2 P. und 2 Nächte (Mindestaufenthalt).
Anreise: Mit der Bahn bis Prenzlau (mit RE oder ICE in 1,5-2h direkt ab Berlin Hbf), weiter mit dem Rufbus (tel. Voranmeldung unter 03332/ 44 27 55) oder 20 km mit dem Fahrrad über den Uckermärkischen Radrundweg und sekundäre Radwege. Mit dem Auto über die A11 bis Abfahrt Gramzow und weitere 32 km über die B198 und L25.