Leipert: Eine wirkliche Herausforderung war die Produktion. Denn wir mussten das gesamte Bewegtbildmaterial - alles im Hochformat - vorab produzieren und spielen es jetzt zehn Monate lang aus. Also eigentlich erstmal wenig Insta-typisch. Das liegt einfach daran, dass wir auf Spielfilmniveau gedreht haben und das geht eben in historischen Kostümen, Maske und eingerichteten Locations nur in einem bestimmten Drehzeitraum. Richtig spannend war auch die Bildgestaltung: Denn Luna Wedler, die Sophie Scholl spielt, hat zum großen Teil die Kamera selbst gehalten beim Spielen - sie war also Hauptdarstellerin und Kamerafrau in einem. Nur so konnte ein echter authentischer Selfie-Look erzeugt werden.
Anlass war Sophie Scholls 100. Geburtstag am 9. Mai 2021. Normalerweise gibt es zu solch einem Jubiläum Veranstaltungen und Medienberichte, die schnell wieder verpuffen. Denken Sie, dass das Interesse am Account @ichbinsophiescholl weiterhin wachsen wird?Leipert: Das hoffen wir natürlich sehr. Sophie Scholl eignet sich aber mit ihrer Geschichte besonders als Protagonistin: Sie über zehn Monate lang zu begleiten, wie sie langsam als Studentin in der Großstadt München ankommt und dann in den Widerstand geht. Wie sie zwischen Liebeskummer und Wut über die diktatorische Struktur beschließt, mitzumachen bei der Weißen Rose. Uns Macher:innen hat es sehr viel Spaß gemacht, die Geschichte dieser modernen und mutigen junge Frau zu konzipieren in der Hoffnung, dass die User:innen dann genau so viel Spaß damit haben.
Das Projekt lässt die Follower:innen an den letzten zehn Monaten von Sophie Scholls Leben teilhaben. Wird @ichbinsophiescholl auch aus ihrer Haft posten, kurz vor ihrer Hinrichtung?Leipert: Auch wenn das historische Ende von Sophie Scholl bekannt ist, möchte ich hier nicht zu viel verraten. So viel sei gesagt: Wir haben im Team lange darüber gesprochen und uns entschlossen, der Haltung des Kanals treu zu bleiben, dass Sophie selbst aus ihrer Perspektive radikal subjektiv erzählt. Was denken Sie, wie lange hätte Sophie gefilmt nach ihrer Verhaftung? Was wäre mit ihrem Handy geschehen?
Ist der Bayerische Rundfunk nun inspiriert, vergleichbar aufwändige „Social only"-Projekte anzustoßen? Können Sie uns hier schon etwas verraten?Leipert: Der BR hat ja im digitalen Bereich schon viele erfolgreiche Projekte an den Start gebracht. Ich denke da an preisgekrönte Digitalproduktionen wie „Die Befreiung" „Ich, Eisner!", „Do Not Track" oder „Homo Digitalis". Und natürlich haben wir weiter den Ansporn unseren Zuschauer:innen und User:innen Information und Unterhaltung zu liefern - egal über welchen Ausspielweg.