Julia Adame y Castel

Journalistin, Redakteurin, Hamburg

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Dritter G20-Prozess: Flaschenwerfer (21) bekommt Bewährung

Nach den ersten beiden Urteilen vor zwei Wochen begann am Freitag der dritte G20-Prozess vor dem Amtsgericht Altona. Besonders das erste Urteil fiel aufgrund der hohen Strafe auf: zwei Jahre und sieben Monate Gefängnis für einen jungen Niederländer (21), der zwei Flaschen auf Polizisten geworfen hatte. Am Freitag dann die Überraschung: Der ebenfalls 21 Jahre alte Angeklagte kam mit einem wesentlich milderen Urteil davon - obwohl er sogar mehr Flaschen geworfen hatte.

Zum Auftakt um 13 Uhr verlas der Anwalt des Angeklagten zunächst eine Erklärung. Darin gestand sein Mandant die Taten. Als Begründung führte der Anwalt aus, Polizisten hätten friedliche Demonstranten massiv mit Pfefferspray attackiert. Aus Wut darüber habe sein Mandant dann mit Flaschen geworfen.


Der Angeklagte gab sich während der Verlesung der Erklärung entspannt, lächelte Prozessbeobachtern zufolge schüchtern.Anschließend äußerte er sich selbst. Eine Dolmetscherin übersetzte: Er habe gar nicht zu G20 gewollt, war vielmehr auf der Suche nach einem Mädchen, das er vorher bei einem Festival in Portugal kennengelernt hatte. Sie hätte ihm erzählt, dass sie zu G20 nach Hamburg fahren wollte - deswegen sei der Angeklagte auch in die Hansestadt gekommen. Er habe sich sogar ein T-Shirt angezogen. Aufschrift: „Ich will dich wiedersehen."


Am Nachmittag erging dann das Urteil: ein Jahr und fünf Monate auf Bewährung. Dazu 120 Tagessätze à fünf Euro und 500 Euro in Raten (50 Euro pro Monat) an die „Witwen- und Waisenrente der Polizei Hamburg". Das Amtsgericht Altona sah es als erwiesen an, dass der 21-Jährige bei der „Welcome to Hell"-Demonstration Flaschen auf Polizisten geworfen und gegen seine Festnahme gewaltsam Widerstand geleistet hat.


Als Begründung für die - im Verhältnis zum kürzlich ergangenen Flaschenwerfer-Urteil - milde Strafe gab das Gericht unter anderem das junge Alter des Angeklagten an. Außerdem habe ihn die Untersuchungshaft sehr belastet, der junge Mann habe früh Reue gezeigt und ein vorgetragenes Geständnis abgegeben.


Mit seinem Urteil blieb das Gericht knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung verlangt hatte. Die Verteidigung hatte keine konkrete Forderung gestellt, aber auf eine Strafe von unter einem Jahr gesetzt.

In dem ersten Prozess war ein Niederländer für das Werfen zweier Flaschen auf Polizeibeamte verurteilt worden. Urteil: zwei Jahre und sieben Monate Gefängnis - ohne Bewährung.


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