Julia Adame y Castel

Journalistin, Redakteurin, Hamburg

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Messerdrama im Taxi: Angreiferin entschuldigt sich bei ihrem Opfer

Im Prozess um die brutale Messerattacke am Stephansplatz hat jetzt das Opfer ausgesagt. Nachdem bereits der erste Verhandlungstag durch eine gelangweilte Schöffin gestört wurde, gab es auch am Freitag eine überraschende Wendung.

„Ich verzeihe dir", bringt Frau Thi T. kurz vor Ende des zweiten Verhandlungstages unter Tränen hervor. Sekundenlang herrscht Stille im Verhandlungssaal 138 des Strafjustizgebäudes.


Mit einer Versöhnung hatte wohl kaum einer gerechnet. Denn was die Angeklagte Ngoc P. (43) ihr angetan haben soll, wird sie wohl ihr Leben lang verfolgen: In der Nacht vom 8. auf den 9. November 2015 soll Ngoc P. die Beifahrertür des Taxis, in dem ihre Bekannte Frau T. saß, aufgerissen und mit einem Messer auf die Landsmännin eingestochen haben. „Überall war Blut", berichtet das Opfer zu Beginn des Verhandlungstages.

Das Messer trennte ihre linke Hand bis auf den Knochen ab. Ein weiterer Schlag traf den Oberschenkel der 54-Jährigen. Ein Zeuge hielt sie davon ab, weiter auf Thi T. einzustechen. Der Grund für den Angriff sind laut der Angeklagten Geldschulden, die Frau T. nicht bezahlt habe.


Tatvorwurf: versuchter Mord sowie schwere und gefährliche Körperverletzung. Noch heute leide sie unter den Folgen der Tat, berichtet T. vor Gericht. Ihre linke Hand kann sie nur noch eingeschränkt benutzen. Nur Daumen und Zeigefinger sind noch beweglich. Für die Vietnamesin, die im Familien-Bistro arbeitet, eine schwerwiegende Einschränkung. Auch psychisch hat die Nacht ihre Spuren hinterlassen: „Ich habe Albträume von damals", übersetzt der Dolmetscher aus dem Vietnamesischen.


Ngoc P. sucht immer wieder den Blickkontakt zu ihrem Opfer und wendet sich nach Thi T.s Aussage direkt an sie: „Ich möchte mich von Herzen entschuldigen. Willst du mir verzeihen?" Weitere Verhandlungstage folgen.

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