Der ehemalige Olympiareiter Hugo Simon kam aus dem Strahlen nicht mehr heraus, als seine Stute Charisma HS v. Uriko-Cassito (Christoph Schmidt, Ober-Mörlen) auf der Warendorfer Burandtwiese als Bundeschampionesse der fünfjährigen Springpferde ausgezeichnet wurde. Erst zum Jahresbeginn hatte er die Fuchsstute entdeckt und sofort ihr Talent erkannt.
Sie gehörte damals seiner Schwägerin Karin Schmidt, die die Mutter des Züchters ist. Simons Interesse wurde geweckt, als er erfuhr, dass es sich um eine Uriko-Tochter handelt. Dessen Vater Untouchable geht auf den einst von Hugo Simon gerittenen Selle Française-Hengst Hors de la Loi II zurück. Mit ihm war er bis Drei-Sterne-Niveau erfolgreich. „Ich hatte gehört, dass die Pferde aus dieser Linie alle gut springen sollten, deshalb habe ich mir die Stute angeschaut - und sofort gemerkt: Das ist ein Ausnahmepferd!" So zog die Fuchsstute - bis dato ohne Namen und Turniererfahrung - in den Stall des 77-Jährigen zu seinen anderen fünf Pferden, die er täglich selbst reitet. Auf der Suche nach einem Reiter, der seine Youngster auf dem Turnier vorstellen sollte, fragte Hugo Simon seinen Freund Bernd Herbert um Rat. Er verwies ihn an seinen ehemaligen Auszubildenden und Neu-Selbstständigen Richard Vogel. Der 22-Jährige hatte zuvor als Bereiter für Philipp Weishaupt bei Ludger Beerbaum gearbeitet und war zu Jahresbeginn in einen eigenen Berittstall in der Nähe von Mannheim gezogen. Nachdem sich Simon vergewissert hatte, dass der U25-Springpokalsieger einen guten Job macht, fuhr er Charisma zu einigen Turniervorstellungen mit Richard Vogel. „Die tägliche Arbeit habe ich zuhause weitergemacht. Charisma lernt schnell und ist trotz ihres Blutanteils immer entspannt", so der Olympia-Zweite von 1992. Und auch Vogel war von Anfang an begeistert von der patenten Stute: „Sie ging im Februar ihren ersten Parcours überhaupt, will immer alles richtig machen und hat sich außergewöhnlich gut entwickelt." Dass Charisma ihrem Namen alle Ehre machte und zügig viele Interessenten in ihren Bann zog, wunderte Hugo Simon wenig. „Ich habe alle abgelehnt. Sie steht für mich in einer Reihe mit meinem früheren Top-Pferd E.T. Ihr Springvermögen ist überragend, dabei hat sie einen sehr guten Charakter und ist hochintelligent. Und ich glaube, sie mag mich auch ein bisschen", schmunzelte er.
Mit Top-Noten zum Sieg
Die Qualifikation zum Bundeschampionat folgte rasch, sowohl Richard Vogel als auch Hugo Simon waren nie zuvor beim Jahreshighlight für Nachwuchspferde in Warendorf am Start. „Sie zeigte sich gewohnt cool und bewältigte jede Aufgabe problemlos", freute sich der stolze Besitzer. Ihre Vorstellungen wurden von den Richtern mit Noten bis 9,3 bewertet, wobei sie sich von Umlauf zu Umlauf steigerte. „Darüber habe ich mich besonders gefreut", so Richard Vogel, „denn für so ein junges Pferd ist es nicht selbstverständlich, dass die Form jeden Tag noch besser wird." Bundestrainer Peter Teeuwen lobte das Gleichmaß und die Balance der Stute, ihre Übersicht und Leichtigkeit am Sprung. „Das Pferd kann es kaum besser machen", war das Fazit der Jury im Finale. „Aber auch Richard hat großartige Arbeit geleistet", ergänzte Hugo Simon zufrieden. So ließ das Paar die anderen 35 Finalteilnehmer, davon weitere sieben mit Holsteiner Brand, hinter sich und nahm die Goldmedaille entgegen. Dass er bei seiner ersten Teilnahme eine Bundeschampionesse stellen würde, hatte Richard Vogel nicht erwartet. „Natürlich habe ich immer gewusst, wie großartig sie springt, aber sie ist in diesen Tagen noch einmal über sich hinausgewachsen", so der Reiter. „Ich habe vom ersten Moment an gewusst, dass sie etwas ganz Besonderes ist. Jetzt haben es alle gesehen", so Simon, der den Verbandshengst Uriko in der kommenden Saison für eine seiner Zuchtstuten benutzen will.
Über den Winter darf Charisma eine Pause genießen, erst im Frühjahr soll es mit den Turnieren weitergehen. Ziele habe ihr Besitzer keine bestimmten, hauptsächlich wolle er Freude an der Stute und ihrer gelehrigen und freundlichen Art haben. „Und Spaß macht sie zum Glück jeden Tag."