Rund um die Uhr einkaufen, das geht auch in Neusiedl am See – am östlichsten Rand Österreichs. Bauer Hans Goldenits hat dort mit seinem Hofladencontainer besonderen Erfolg.
Es ist ein warmer
Sommerabend in Neusiedl am See – am östlichsten Rand Österreichs.
Sanfte Hügel fallen hier ab zum riesigen See, dahinter beginnt die
ungarische Steppenlandschaft. Auf der Hügelkuppe, kurz bevor die Straße
bergab führt, steht ein mit grünem Holz verkleideter Baucontainer.
„Also wir sind da jetzt auf einer der stärksten oder wahrscheinlich der
stärksten Zufahrtsstraße in Neusiedl am See. Und direkt an dieser
Zufahrtsstraße, schon im Ortsgebiet herinnen, da sitzt dieser Container,
leicht zuzufahren und mit einer Menge Parkplätze. Das ist ganz
wichtig.“
Jetzt gerade, wo Pendlerinnen und Pendler auf dem
Heimweg sind, herrscht auf dem Parkplatz reger Betrieb. „Hofladen, 24
Stunden, 7 Tage die Woche, Selbstbedienung“, ist in roter Schrift neben
dem Eingang zu lesen. Seit August 2018 verkauft Hans Goldenits hier
frische Produkte aus seinem Betrieb – im angenehm gekühlten Container.
Ein entscheidender Unterschied zu dem kleinen Stand auf der anderen
Straßenseite, an dem frische Erdbeeren schon den ganzen Tag in der Sonne
liegen.
„Der Endkunde freut sich, und wir freuen uns auch.
Das Konzept sieht aus, als würde es funktionieren. Nicht überall, wir
haben auch Standorte schon geschlossen. Aber in der Summe sind wir sehr,
sehr zuversichtlich.“
Im Container ist es kühl und eng: An
den Längsseiten sind Regale voll Gemüse aufgebaut, an der Stirnseite
Kühlschränke mit Milchprodukten. Ein älterer Mann packt gerade gelbe
Tomaten in eine Papiertüte.
„Ich komm eigentlich regelmäßig
her. Es ist praktisch. Auch nach 20 Uhr geöffnet, wie man draußen sieht.
Und es ist wahnsinnig praktisch, wenn ich ein Gulasch mache am Samstag
um 21 Uhr, und dann fehlt mir ein Kilo Zwiebeln. Das ist kein Problem
dann.“
Ca. 300 Kunden und Kundinnen pro Tag
Hier auf dem
Land, wo nach 18 oder 20 Uhr kein Laden mehr geöffnet hat, wird der
Selbstbedienungs-Hofladen im Container sehr gut angenommen. Ca. 300
Kunden und Kundinnen kämen pro Tag, sagt Hans Goldenits.
„Die
Zahlbeträge der Kunden sind oft sehr gering. Also oft sind das nur zwei,
drei, vier, fünf Euro. Sehr oft sogar. Warum? Weil die Kunden ja
wissen, das ist immer frisch, sie können jederzeit da her, deswegen
kaufen die immer nur die Menge, die sie auch wirklich jetzt wegessen.
Wir haben zum Beispiel einen Kunden, der kommt schon seit dem Herbst zu
uns und holt sich einen grünen Paprika. Und da sucht er sich einen
kleinen aus.“
Da er auf Verpackungen verzichtet, hat das
Gemüse eine geringere Haltbarkeit als im Supermarkt. Jeden Tag direkt
nach der Ernte beliefern zwei Fahrer den Container-Hofladen. Deswegen
ist der Hofladen am Morgen oft eher leer – nachgefüllt wird erst am
Mittag oder Nachmittag. Ein Umstand, den die Kund*innen aber gerne in
Kauf nähmen, sagt Hans Goldenits. Da das Gemüse lose verkauft wird, muss
auch selbst gewogen und gerechnet werden.
„Also wir haben ja
am Anfang angeboten, dass die Leute das selber mehr oder weniger im
Kopf, bzw. mit einem Taschenrechner selbst zusammenrechnen müssen.
Mittlerweile gibt es eine Art Rechenhilfe, das ist vergleichbar mit
einer Kassa aus dem Supermarkt. Wir haben zum Beispiel den Spitzpaprika
klein. Also wir nehmen uns da ein paar Stück, können das schon auf die
Waage legen und über den Button ´Produkt suchen` wählen wir das Produkt
aus. Wir haben hier gleich auf der ersten Seite den Snackpaprika, tippen
das an, das Produkt wird gewogen, dann bestätigen wir das mit OK und
schon ist das ganze drinnen.“
Bezahlen auf Vertrauensbasis
Damit
nichts wegkommt, gibt es im Container eine Videoüberwachung. Das
Konzept funktioniert gut – da es kein Wechselgeld gibt, würden die
meisten Kundinnen und Kunden eher auf- als abrunden, sagt Goldenits.
Noch dieses Jahr möchte er drei weitere Standorte eröffnen – der einzige
Standort, den er wieder schließen musste, war in Thaten – dem Dorf, wo
sein Betrieb liegt. Dort gab es einfach zu wenig Kundenfrequenz.
„Wir wollten uns eigentlich nicht in irgendwelche leerstehenden Lokale
einmieten, weil das Risiko in einem Lokal einfach sehr, sehr hoch ist.
Wenn ich da an einem falschen Standort investiere und von mir aus 20.000
Euro in die Revitalisierung dieses Objekts stecken muss oder vielleicht
auch mehr, und dann komme ich nach einem Jahr drauf, das schaffen wir
einfach nicht, dann ist dieses Geld verloren.“
In einen
Container investiert Hans Goldenits mit allen Details – Holzverkleidung,
Regale, Kühlschränke, Strom- und Wasser-Anschluss – ungefähr 35 bis
40.000 Euro.
„Und beim Container ist es zumindest so, dass man
den wieder nehmen kann, in eine andere Ortschaft oder auf einen anderen
Platz stellen, und kann das Prinzip da noch einmal versuchen.“
Der Wunsch, seine Produkte direkt an die Endkunden zu vertreiben, war
bei Hans Goldenits schon lange vor der Eröffnung der Container gereift.
Den Betrieb seiner Eltern übernahm er schon 1987. Die
landwirtschaftlichen Betriebe sind hier im Burgenland traditionell
relativ klein, weil sie immer wieder unter Geschwistern aufgeteilt
werden.
„Und bei uns war das auch so. Das war übrigens auch
die Zeit, wo Österreich in die EU gekommen ist und man gesehen hat: Mit
den Betriebsgrößen, die wir hier haben, da haben wir in der EU als
Landwirt überhaupt keine Chance. Und das war immer so – man hat nie den
Kontakt zum Kunden gehabt, man hat immer nur den Kontakt zu irgendeinem
top-geschulten Einkäufer gehabt. Man ist da immer wieder über den Tisch
gezogen worden, immer wieder hat man den Eindruck gehabt: Eigentlich hab
ich mit Abstand den Kürzeren gezogen, und eigentlich hab ich mit
Abstand die meiste Arbeit in das Projekt gesteckt. Letzten Endes war
dann die Container-Lösung für uns die Lösung, die die meisten Vorteile
für uns gebracht hat. Und wir denken, dass das also für unseren Betrieb
eigentlich die Zukunft sein wird.“
Zum Original