Johanna Pauls

Freie Journalistin, Nicosia

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Artikel

Pride: Die Geschichte hinter dem Protest

Im Juni feiert die LGBTQIA+ Community traditionell einen ganzen Monat lang Diversität und protestiert für mehr Gleichberechtigung. Ein Einblick in die Ursprünge der Pride-Bewegung.

Jedes Jahr versammeln sich weltweit Millionen Menschen aus der LGBTQIA+ Gemeinschaft mit ihren Unterstützern, um im Zuge farbenfroher Proteste und Märsche ihre Identität zu zelebrieren und auf bestehende Ungleichbehandlung aufmerksam zu machen. Doch abseits von schrillen Outfits und Feiern, ist die Pride ein wichtiges Symbol für den langen Kampf um Akzeptanz und Gleichberechtigung.

Der Ursprung der Pride lässt sich auf Ende 1960er Jahre zurückdatieren. Damals hatten Menschen die queer, also anders als heterosexuell oder cisgeschlechtlich waren, noch mit weitaus mehr Diskriminierung zu kämpfen, als heutzutage. Die Stonewall-Proteste, die sich im Juni 1969 in der New Yorker Nachbarschaft Greenwich ereigneten und gegen eben diese Unterdrückung richteten, gelten als Wegbereiter der modernen Pride-Bewegung.

Wofür steht LGBTQIA+?

Im Kontext von Themen rund um lesbische, schwule oder transgeschlechtliche Identität fällt der Terminus LGBTQIA+ oft als Sammelbegriff. Die vielen Buchstaben sorgen dabei manchmal jedoch für Verwirrung und sind nicht für alle klar erkennbar. Daher folgt hier eine übersichtliche Aufschlüsselung der englischen Begriffe auf Deutsch:

Lesbisch. Frauen, die sich romantisch und/oder sexuell zu Frauen hingezogen fühlen.

Schwul. Männer, die sich romantisch und/oder sexuell zu Männern hingezogen fühlen.

Bisexuell. Personen, die sich romantisch und/oder sexuell zu anderen Geschlechtern hingezogen fühlen.

Transgeschlechtlich. Menschen, deren Geschlecht nicht mit jenem Geschlecht übereinstimmt, welches ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Das Gegenteil dazu lautet Cisgeschlechtlichkeit, auch mit cis abgekürzt.

Queer oder hinterfragend. Übersetzt bedeutet der Begriff queer „seltsam" oder „merkwürdig". Früher wurde der Begriff als Beleidigung gegen queere Personen, benutzt, bis diese ihn positiv besetzten und nun selbst nutzen. Der Begriff „queer" wird unter anderem von Menschen benutzt, die ihre Geschlechtsidentität (Gender) oder sexuelle Orientierung nicht definieren möchten. „Questioning" bezeichnet Personen, die sich ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung unsicher oder im Begriff sind, diese herauszufinden.

Intergeschlechtlich. Bezeichnet Personen, die mit Varianten der Geschlechtsentwicklung geboren werden oder deren Körper keinem eindeutigen Verlauf bei der geschlechtlichen Entwicklung folgt. Ihre Chromosomenpaare weichen von den klassisch als „weiblich" oder „männlich" definierten Kombinationen ab.

Asexuell. Wird als (Selbst-)Bezeichnung für Personen verwendet, die kein sexuelles Verlangen verspüren. Dies schließt jedoch nicht aus, dass asexuelle Personen romantische Beziehungen eingehen, oder sich verlieben können.

Plus. In der LGBTQIA+ Gemeinschaft wird viel Wert auf Inklusion gelegt. Das Plus steht in diesem Zusammenhang für all jene Menschen, die sich in den Bezeichnungen der Buchstaben LGBTQIA nicht oder nur teilweise wiederfinden.

Stonewall-Unruhen als Ursprung der Pride

Der Ursprung der für die LGBTQIA+ Community so wichtige Pride liegt also in den Stonewall-Unruhen 1969. Damals war das „Stonewall Inn" die wohl bekannteste Schwulenbar der Stadt und auf Grund bestehender Diskriminierungen gerne Ziel für Polizei Razzien. So auch in der Nacht vom 27. zum 28. Juni 1969, in der es wiederholt zu Durchsuchungen und Übergriffen auf die Besucher der Bar kam. Diese mündeten in Ausschreitungen, die eine landesweite Mobilisierung zur Folge hatten und einen Wendepunkt im Kampf um die Rechte der queeren Gemeinschaft markierten. Im Zuge der Unruhen forderten die Protestierenden das Recht ein, ihre Identität und Sexualität offen leben zu können, ohne sich vor polizeilicher und staatlicher Repression fürchten zu müssen.

In den Jahren darauf nahmen zahlreiche Aktivisten die „Stonewall Riots" Anlass für die Veranstaltung diverser Zusammenkünfte, Proteste und Informationsveranstaltungen, um für die Anerkennung ihrer Rechte, die eigene Sichtbarkeit und gegen die fortwährende Diskriminierung von Personen der LGBTQIA+ Gemeinschaft zu kämpfen. Nur ein Jahr später resultierte daraus die erste Pride, die im Juni 1970 in New York abgehalten wurde. Österreich zoge erst deutlich später, im Jahr 1996, mit der ersten Pride-Parade in Wien nach. Mittlerweile wird weltweit jeden Juni in 107 Ländern die Pride gefeiert.

Vom Protest zum kulturellen Ereignis

Die Pride ist heute nicht mehr nur Protest, sondern auch ein kulturelles Ereignis. Zudem ist sie längst nicht mehr nur Personen der LGBTQIA+ Gemeinschaft vorbehalten, sondern lädt vielmehr alle Teile der Gesellschaft ein, gemeinsam für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung einzustehen.

Zu Beginn der Bewegung kämpften die Protestierenden im Rahmen der Pride in erster Linie für die Rechte von Lesben, Schwulen und transidenten Personen. Heute setzen sich die Engagierten jedoch auch für die Rechte von bisexuellen, intergeschlechtlichen, nicht-binären und queeren Menschen ein. Das heißt nicht, dass es diese Personen, Identitäten und sexuellen Orientierungen nicht bereits damals - oder schon immer - gab. Im Zuge gesellschaftlicher Verbesserungen hat sich vielmehr der Raum geöffnet, dass Menschen offen über ihre Geschlechtsidentität und Sexualität reden können und diese somit mehr einbezogen werden.

Die Pride hat sich zu einem groß zelebrierten, kulturellen Ereignis entwickelt, zu dem in Wien jährlich Hunderttausende queere und nicht-queere Menschen zusammenkommen. So zählte die erste Pride, die nach der pandemiebedingten Pause im letzten Jahr wieder offiziell stattfand, knapp 300.000 Teilnehmende. Die Pride-Bewegung hat sich als eine wichtige Plattform für die Anliegen und Probleme der LGBTQIA+ Communit y entwickelt. Dabei gibt es auch in Österreich noch wichtige Themen wie etwa die Gleichstellung nicht-heterosexueller Paare, den Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz und den generellen Schutz von Transgender-Personen, für die sich die Community, an der Pride selbst, aber auch durch alltäglichen Aktivismus einsetzt.

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