Johanna Pauls

Freie Journalistin, Nicosia

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Artikel

Wie schlimm ist Alkohol wirklich?

Alkohol führt jährlich zu 2,8 Millionen Toten. Trotzdem wird in der EU mehr getrunken als im Rest der Welt.

Ob bei der Geburtstagsfeier, im Supermarktregal oder in der TV-Werbung - Alkohol ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Obwohl Bier, Spritzer und Schnaps seit Jahren als Volksdroge verschrien sind und jedes Jahr Millionen daran sterben, wird in der Europäischen Union (EU) mehr getrunken als im Rest der Welt. Woran liegt das?

Im weltweiten Vergleich ist die EU Spitzenreiter, was den Konsum von Alkohol pro Kopf angeht. Nirgendwo anders wird mehr getrunken und nirgendwo ist die Anzahl der Alkoholkranken höher. Laut Schätzungen des Bundesministerium für Soziales lag der Alkoholkonsum hierzulande im Jahr 2021 bei 11, 4 Litern pro Kopf.

Das mag zunächst nicht nach allzu viel klingen, doch ist hier die Rede von Reinalkohol, also Ethanol. Aufgeteilt auf das Jahr entspricht das einer Alkoholmenge von 24,7 Gramm pro Tag. Zur Einordnung: Ein Krügerl Bier enthält etwa 20 Gramm puren Alkohol. In Österreich nimmt man im Schnitt also täglich mehr Alkohol zu sich, als ein großes Bier enthält. Mit dem Pro-Kopf-Verbrauch von 11,4 Litern liegt Österreich im EU-Vergleich an vierter Stelle. Nur in Tschechien, Litauen und Lettland wird mehr getrunken als hierzulande.

Ab wann wird Alkohol schädlich?

Alkohol ist ein sogenanntes Zellgift. Das heißt, dass wir unserem Körper mit jedem Schluck Bier oder Wein zusetzen. Auch wenn es sich nicht gleich bemerkbar macht, kann bereits der Verzehr von nur wenigen Gramm Alkohol pro Tag unseren Körper auf Dauer schädigen.

Fachleute unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen risikoarmen und problematischen Alkoholkonsum. Dabei gehen sie von unterschiedlichen Referenzmengen je nach Geschlecht aus: Für Frauen liegt der risikoarme Konsum demnach bei maximal 0,4 Litern Bier pro Tag, ab 1,0 Litern spricht man von einem problematischen Konsum. Männer können laut Expertinnen 0,6 Liter Bier pro Tag konsumieren, erst bei 1,5 Litern pro Tag wird der Konsum hier problematisch. Individuelle Merkmale wie Größe, Statur und Vorerkrankungen können diese Werte allerdings beeinflussen.

Wie schlimm ist das Feierabendbier also wirklich? Sicher ist, dass sich Alkoholkonsum in jedem Fall sowohl auf die Gesundheit als auch auf das Sozialleben auswirkt. Eine Vielzahl von Krankheiten wie Herzinfarkte, Leberzirrhosen oder gar Krebs sind die Folge. Außerdem trägt Alkohol zu einer erhöhten Anzahl an Unfällen, Verletzungen und Gewalt bei. Schätzungen zufolge leiden in Österreich rund 340.000 Menschen an einer Alkoholsucht.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Alkohol jedenfalls als krebserregend ein. Studien zeigen, dass Alkoholkonsum für mindestens sieben Krebsarten verantwortlich ist. So sei die Mehrheit der alkoholbedingten Todesfälle auf verschiedene Arten von Krebs zurückzuführen und mehr als sieben Prozent aller frühzeitigen Todesfälle auf Alkoholmissbrauch zurückzuführen. Jedes Jahr sterben in der EU laut WHO 1 Millionen Menschen an oder durch die Folgen von Alkoholkonsum.

Alkoholkonsum nimmt im Alter zu

8,4 Prozent der Bevölkerung in der EU geben an, täglich Alkohol zu konsumieren. Die Mehrheit davon ist 65 Jahre oder älter. Das ist besonders riskant, da es in dieser Altersgruppe zu möglichen Wechselwirkungen mit Medikamenten oder einer Verstärkung von gesundheitlichen Problemen wie Diabetes oder Bluthochdruck kommen kann. Am wenigsten regelmäßig konsumieren die 15 bis 24 Jährigen, von ihnen gab nur ein Prozent an, täglich alkoholische Getränke zu sich zu nehmen.

Um den Alkoholkonsum EU-weit zu reduzieren, hat die EU eine eigene „Alkoholstrategie" verfasst, die als Leitfaden für Mitgliedsstaaten dienen soll. Die Strategie konzentriert sich auf fünf Eckpunkte, wie unter anderem den Schutz von Jugendlichen und Kindern, Präventionsmaßnahmen bei Erwachsenen und weit gestreuter Information in der Gesellschaft.

In Österreich wird beispielsweise mit der Festlegung eines Mindestalters für den Kauf alkoholischer Produkte, erhöhter Besteuerung dieser Produkte oder beschränkten Öffnungszeiten für Bars versucht, den Alkoholkonsum zu reduzieren. Weltweit geht die Tendenz derzeit in Richtung Reduzierung von Alkohol, der Alkoholkonsum ist zwischen 2000 und 2019 immerhin um 21 Prozent gesunken. Und Österreich folgt dem globalen Trend: Seit den siebziger Jahren ist der Pro-Kopf-Konsum in Österreich stetig weniger geworden.

Informationen und Hilfe bei übermäßigem Alkoholkonsum finden Sie hier:
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