"Ich koordiniere das Ganze und hoffe, dass nichts schief geht", sagt der gelernte Maschinenschlosser und lacht. "Aber alles ist so gut vorbereitet, da sollte nichts passieren", versichert er. Für die Rolle als Maibaummeister gibt es keine Schulung oder Ausbildung, er habe sich das von den letzten 20 Malen, bei denen er schon dabei gewesen ist, einfach abgucken müssen. Trotzdem sei es eine gefährliche Angelegenheit. "Aber einer muss den Hut ja aufhaben", sagt der Maisacher, der zum dritten Mal für das Aufstellen des Baums verantwortlich ist, grinst und hebt seinen braunen Hut leicht an. Er ist der einzige, der an diesem Vormittag eine Kopfbedeckung trägt. Daran, an seinen prüfenden Blicken und den motivierenden Zurufen erkennt man den Maibaummeister nämlich.
Ein letztes Mal geht er durch die Reihen um zu schauen, ob alle Balken richtig liegen, mit denen die Männer gleich den Baum in die Höhe hieven. Bevor es los geht, erklärt Ottillinger noch seine Kommandos. "Wenn ich sage, dass der Fliegerhorst schieben soll, dann schiebt nur die rechte Seite. Soll nur die linke Seite schieben, sage ich, dass die Schule schieben soll. Und wenn ich nichts sage, schieben alle", brüllt er. Dann wird es spannend - die Helfer gehen in die Knie, packen die Holzbalken und auf Ottillingers Kommando, "eins, zwei und drei", wuchten die Männer den Baum etwa einen Meter in die Höhe. So weit, bis das erste "Schwaiberl" darunter passt. Eine Holzkonstruktion aus zwei mit einem Seil verbundenen Stämmen, die an den Schwanz einer Schwalbe erinnern. Die etwa 400 Zuschauer applaudieren und jubeln den Männern zu.
"Meine Burschen haben schon Bier getrunken, die haben Kraft", witzelt Ottillinger. Eine kurze Verschnaufpause, dann wechseln die Hintersten nach vorne und "eins, zwei drei", die Helfer pressen ihre Zähne aufeinander und drücken den Stamm mit all ihrer Kraft weiter nach oben. Nun können die nächsten Schwaiberl unter den Maibaum gestemmt und alle anderen nachgezogen werden. Doch dann macht jemand einen Fehler: "Halt!", ruft der Maibaummeister und die Helfer bleiben abrupt stehen. Ein Stamm eines Schwaiberls ist nicht eingerastet, wodurch die Männer ins Wanken geraten. Doch dann finden sie wieder ihr Gleichgewicht und die Menge atmet auf. "Das ist eine gefährliche Angelegenheit. Macht jemand einen Fehler, kann der Baum kippen", sagt Christa Turini-Huber. Sie ist Vorsitzende des Trachtenvereins, der verantwortlich für die Organisation des Spektakels ist.
Gefällt wurde der Baum am vergangenen Samstag am Baader-Anwesen in Anzhofen, gestiftet vom Maisacher Bürgermeister Hans Seidl. Der taucht nach etwa einer halben Stunde am Rathausplatz auf, um die Burschen zu unterstützen. Und nicht nur er packt mit an. Etwa 15 motivierte Männer aus dem Publikum schnappen sich zwei "Schwaiberl" und klemmen sie unter den Baum. "Ja, ich schieb doch schon", sagt einer der Männer, die seit einer ganzen Weile versuchen, den Maibaum ein Stückchen höher zu bekommen. Doch irgendwie stockt die Prozedur. "Wollen wir Wetten abschließen?", fragt eine Großmutter ihren Enkel. "Ich glaube sie schaffen das nicht alleine und müssen einen Kran zur Hilfe holen." Doch eine weitere Stimme aus dem Publikum ist zuversichtlich, feuert die Männer an und versichert ihrer Freundin, dass sie schon die letzten sieben Male dabei gewesen sei und jedes Mal hätten sie es aus eigener Kraft geschafft. Und tatsächlich, mit der zusätzlichen Unterstützung der Freiwilligen gelingt es auch an diesem Sonntag.
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