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So leicht kommt Berlins AfD-Chefin nicht ins Gefängnis

Beatrix von Storch will keinen Rundfunkbeitrag zahlen. Ihr Konto wurde gesperrt, aber eine Inhaftierung ist sehr unwahrscheinlich.


Beatrix von Storch, Vorsitzende des Berliner Landesverbandes der Alternative für Deutschland (AfD), würde gerne drei Tage in Einzelhaft gehen, anstatt den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Das ließ die 44 Jahre alte Politikerin am Dienstag über AfD-Bund-Sprecher Christian Lüth ausrichten. Doch tatsächlich ist es gar nicht so einfach, aufgrund von Nichtbezahlen der Rundfunkbeiträge inhaftiert zu werden.

Zahlt jemand wiederholt den gesetzlichen Rundfunkbeitrag nicht, erhält er zuerst eine Zahlungsaufforderung, teilte das Verwaltungsgericht Berlin auf Nachfrage der Berliner Morgenpost mit. Kommt er dieser nicht nach, folgt ein Bescheid und anschließend der Vollstreckungstitel. In den Bundesländern sind die Zuständigkeiten bei Vollstreckungen je nach Landesgesetz unterschiedlich geregelt. Es können zum Beispiel die Finanzämter, die Kommunen oder auch Gerichtsvollzieher tätig werden. In Berlin sind es die Finanzbehörden.

GEZ ließ von Storchs Bankkonto sperren

Die Vollstreckung stützt sich auf das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) und kann unterschiedlich umgesetzt werden. Zum einen als "Pfändungs- und Überweisungsbeschluss". Konkret bedeutet das für den Zahlungsverweigerer, dass sein Konto so lange gesperrt ist, bis das Finanzamt die erhobene Summe eingezogen hat. Scheinbar traf dies auch auf Beatrix von Storch zu. Auf dem sozialen Netzwerk Twitter veröffentlichte sie: "Nun ist es passiert. Die GEZ hat zugeschlagen - und mein Konto gepfändet."

Nun ist es passiert. Die GEZ hat zugeschlagen- und mein Konto gepfändet. Am 1. April, wie ich gerade erfahre.... https://t.co/eImcB14Wio

- Beatrix von Storch (@Beatrix_vStorch) 4. April 2016

Eine weitere Möglichkeit der Vollstreckung ist die Pfändung von Sachgegenständen. Sollten der betroffenen Person allerdings die Mittel fehlen, die ausstehende Zahlung zu begleichen, muss sie eine "Eidesstattliche Erklärung" über ihre Finanzen abgeben. Nur wenn die Person diese verweigert und eine Vollstreckung durch Pfändung zuvor erfolglos war, kann sie inhaftiert werden - bis sie ihre Vermögensverhältnisse komplett offenlegt. Somit ist ein "Absitzen der Rundfunkbeiträge" der AfD-Politikerin eher unwahrscheinlich.

Bundesverwaltungsgericht: Gebühren rechtens

Der Fall, in dem eine Frau aus Thüringen wegen Nichtzahlens der Rundfunkbeiträge für zwei Monate inhaftiert war, gilt eher als Ausnahme. Sie hatte seit 2013 keinen Beitrag gezahlt und sich geweigert, dem Gerichtsvollzieher eine Vermögensauskunft zu geben. In Berlin sei ein vergleichbarer Fall in letzter Zeit nicht vorgekommen, teilte das Verwaltungsgericht mit.

Erst kürzlich wurde in 18 Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Rundfunkbeitrag rechtens ist. Die Entscheidungsgründe werden noch veröffentlicht. Die Höhe des Beitrags - zurzeit 17,50 Euro pro Wohnung im Monat - wird von der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten vorgeschlagen und von den Parlamenten der Bundesländer gesetzlich festgelegt. Auch Bürger, die kein Rundfunkgerät oder Radio besitzen, müssen den Rundfunkbeitrag zahlen.

Mehr Klagen gegen den Rundfunkbeitrag

In diesem Jahr haben bereits 145 Bürger beim Verwaltungsgericht Berlin gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen geklagt. 2015 waren es insgesamt 336, 2014 noch 211. Somit sind 2016 bereits überdurchschnittlich viele Klagen beim Gericht eingegangen. Ein Trend, den die AfD-Politikerin für ihre politische Kampagne nutzt. Erst am Sonntag hatte sich der Berliner AfD-Landesverband in seinem Programm für die Abgeordnetenhauswahl im September dafür ausgesprochen, den Rundfunkbeitrag abzuschaffen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf die gesetzliche Grundversorgung zu beschränken. Ein weitergehender Antrag, die ARD als Dachorganisation aufzulösen, fand jedoch keine Mehrheit.

Auch ARD-Chefredakteur Thomas Baumann schätzt das Verhalten der AfD-Politikerin als widersprüchlich ein. Denn paradoxerweise sei Beatrix von Storch sich nicht dafür zu schade, die Einladung des Senders anzunehmen, und die Talk-Show mit Anne Will als ihre Bühne zu nutzen, sagte Thomas Baumann gegenüber der "Bild"-Zeitung.

Für die Frage, ob sie weiterhin zu Talk-Shows eingeladen werde, sei irrelevant, ob sie den Rundfunkbeitrag zahle oder nicht, sagte ein ARD-Sprecher am Mittwoch. "Frau von Storch kann auch künftig in die Sendungen kommen. Das entscheiden in der ARD die Redaktionen." Thomas Baumann betonte allerdings: "Wenn Frau von Storch wieder einmal Gast in einer unserer Sendungen sein sollte, dann behalten wir uns vor, sie auf diesen Widerspruch anzusprechen und Aufklärung von ihr einzufordern."

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