Papier galt lange als veraltet, umweltschädlich und überflüssig. Doch heute erlebt es eine erstaunliche Renaissance - als handwerkliches Meisterwerk, in der Kunst oder um offline Kreativität auszuleben. Ode an ein Kulturgut.
Die älteste Papiermaschine Europas steht in Gmund am Tegernsee. Sie wird im Firmensitz des gleichnamigen Unternehmens nicht etwa in einer Vitrine ausgestellt, sondern versieht Tag für Tag klaglos ihren Dienst im Alltagsbetrieb. Das Gerät aus dem Jahr 1883 ist vielleicht ein bisschen langsamer als ihre modernen Kolleginnen, auch bedarf sie einer ausführlicheren Revision. Aber sie wird benutzt. Und das, was sie herstellt, ist gefragter denn je. Denn Papier erlebt derzeit eine Renaissance - in Form von Designer-Papeteriewaren, als Werkstoff für Kunst, in Gestalt edler Drucksachen.
Papier galt in den vergangenen Jahren als Auslaufprodukt. Als Arbeits- und Kommunikationsmittel ohnehin: Warum einen Brief schreiben, wenn die E-Mail doch in Echtzeit ankommt? Warum schwere Bücher mitschleppen, wenn moderne E-Book-Reader doch keine 200 Gramm mehr wiegen? Und warum eine Zettelwirtschaft auf dem Schreibtisch, wenn man doch alles digital auf dem Desktop ablegen kann?
Dazu kommt die schlechte Ökobilanz: Die Papiertüte ersetzte die Plastiktüte nicht nur als Symbol der Wegwerfgesellschaft, sondern sorgte rasch bei Umweltverbänden für ähnlichen Groll, ist die Herstellung von Zellulose für diese Papiertüten doch energieaufwändig.
Das ist auch Sabine Huber bewusst, die in Gmund für die Kommunikation zuständig ist. Sie weist aber auch auf etwas anderes hin: „Papier kommt aus der Natur und geht auch wieder in die Natur zurück. Sie können es in den Wald werfen und nach zehn Jahren ist es weg." Nun produziert man in Gmund weder Supermarkttüten noch Schmierzettel. Die 1829 gegründete Papierfirma steht für die schönen, die luxuriösen Dinge. Der Fokus liegt auf Papier für den B2B-Markt. Es kaufen also vor allem Unternehmen in den Voralpen ein, die mit ihren aus Gmund-Papier hergestellten Produkten zeigen wollen: Das, was wir anbieten, besitzt einen gewissen Wert. Das sind zum Beispiel Autofirmen, wie Huber sagt: „Klassische Kataloge gibt es nicht mehr, weil alles online konfiguriert wird. Die Hersteller geben dem Kunden jetzt eher ein Booklet mit, wenn er das Auto kauft. Und dafür werden dann hochwertige Papiere eingesetzt."
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