Wie junge Paderborner beim Casting zu "Deutschland sucht den Superstar" ihren Träumen nachjagen
Paderborn. "Was ist mit dir? Kannst du gut reden?", fragt der freundliche Mann. Fernando nickt. Eigentlich will der 18-Jährige gut singen, aber davor soll er seinen Traum vor der Kamera erzählen. Dass er berühmt werden will. Durch "Deutschland sucht den Superstar". In Paderborn sucht Fernsehsender RTL Nachschub für seine Traumfabrik.
Fernando schafft immerhin die erste Hürde: die Gesichtskontrolle des RTL-Mitarbeiters. Denn was der junge Paderborner in die Kamera spricht, könnte tatsächlich später im Fernsehen landen. Als Videoschnippsel in der bunten Show. Von den Gesangsversuchen der Kandidaten im großen blauen RTL-Laster wird dagegen später nichts im TV gezeigt werden. Denn die Fernseh-Jury um Dieter Bohlen ist gar nicht da.In der Warteschlange auf dem Marktplatz vor dem Lastwagen, dem "Casting Truck", bricht trotzdem Aufregung aus, sobald sich die Leute mit der Kamera nähern. Ein blondes Mädchen mit Hut soll mal etwas vorsingen. Sie trällert "Happy Birthday". Es gefällt dem RTL-Mitarbeiter, es passt zur zehnten Auflage von "Deutschland sucht den Superstar" - oder auch "DSDS". Er bittet die umstehenden Mädchen miteinzustimmen. Alle werfen sich in Pose. "Guckt in die Kamera", ruft der Mitarbeiter ihnen zu. "Da ist Dieter!" Vier Mal singen die Mädchen das kurze Lied, dann ist der Fernsehmann zufrieden mit der Aufnahme.
In 30 Städten macht der Zirkus halt. Neben Dortmund ist Paderborn in diesem Jahr die einzige Station in NRW. Vorsingen darf jeder zwischen 16 und 30 Jahren. Für die vergangene Staffel haben sich 35.000 Menschen beworben. Den Gewinner erwarten Ruhm und Reichtum - das hoffen jedenfalls alle. Dafür unterwerfen sich die Bewerber dem harten Urteil von Bohlen und Co - und oft der Schadenfreude des Fernsehpublikums.
Der Gewinner der vergangenen Staffel heißt übrigens Luca Hänni. Man muss sich nicht schämen, wenn man den Namen zum ersten Mal hört. Dass die meisten Sieger der vergangenen Jahre längst wieder vergessen sind, scheint die Sucher nach dem Scheinwerferlicht nicht zu stören. Fernando, der seinen kurzen Aufritt vor der Kamera hinter sich hat, gibt nicht auf. Er war schon mal bei einem TV-Casting. "Bei Popstars in Köln." Da habe er die erste Runde geschafft, erzählt er stolz. "Dann bin ich leider krank geworden."
Jetzt also Fernandos nächster Anlauf zur Starkarriere. Leider sitzt der Text für sein Lied noch nicht. "Ich weiß erst seit gestern, dass das Casting in Paderborn ist." Also liest Fernando den Liedtext immer wieder auf seinem Smartphone durch. Später wird er wie alle Bewerber allein die Metalltreppe hinaufgehen in den Lastwagen, wo drei unbekannte Juroren ihn beurteilen.
Daniel und Lilli aus Paderborn, beide 19 Jahre alt, sind schon wieder raus. Die Gesichter sind lang, es hat nicht geklappt. "Ich hätte mehr Gas geben müssen, vor allem beim Tanzen", sagt Daniel zerknirscht. "Die suchen eine richtige Rampensau." Die Juroren haben ihnen noch mit auf den Weg gegeben, dass sie Gesangsunterricht nehmen sollen. "Wie soll ich das denn als Schülerin bezahlen?", fragt sich Lilli.
Trotzdem bleibt da dieser hartnäckige Traum. "Ich will berühmt werden", sagt Daniel. Musiker oder Modedesigner, das sind seine Berufsziele. Auch wegen des Geldes, sagt er. Es war für beide schon das dritte Casting für eine Talentshow im Fernsehen. Daniel will beim nächsten Mal wieder antreten. Lilli ist sichtlich frustriert: "Ich frage mich, ob hier überhaupt jemand weiter kommt."
Dokumenten Information Copyright © Neue Westfälische 2013 Dokument erstellt am 20.09.2012 um 19:33:04 Uhr Letzte Änderung am 20.09.2012 um 21:17:40 Uhr