Offiziere dürfen nur in den Klassenraum, wenn auch Kriegsgegner eingeladen werden
Bielefeld. Das NRW-Schulministerium hat strengere Regeln für den Besuch von Offizieren der Bundeswehr im Unterricht erlassen. Vorträge von Soldaten im Klassenraum sind nur noch erlaubt, wenn Schulen zugleich auch Vertreter von Friedensinitiativen oder Kirchen einladen, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums. Außerdem darf die Bundeswehr nicht mehr wie bisher Angebote in der Ausbildung von Lehrern machen.
Wie erst jetzt bekannt wurde, schloss das Schulministerium bereits Ende August eine neue Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr. Gegenüber der alten Version von 2008 wurde deutlich das Vokabular geändert. Die "Entwicklung der Friedensgesinnung" der Schüler steht jetzt im Vordergrund. In der alten Vereinbarung - noch von Schwarz-Gelb abgesegnet - war von einer "Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen der politischen Bildung" zwischen Schulen und Bundeswehr die Rede gewesen.Auch laut neuer Regelung dürfen Jugendoffiziere auf Einladung von Lehrern im Unterricht über Themen wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr sprechen. Doch das Ministerium verpflichtet die Schulen jetzt dazu, auch kritischen Stimmen Gehör zu verschaffen. Aktivisten von Friedensinitiativen oder Kirchen müssten in diesen Fällen "gleichberechtigt eingeladen" werden, sagte Julia Heer, Sprecherin des Ministeriums, auf Anfrage dieser Zeitung. "Wenn die Bundeswehr zwei Stunden bekommt, sollen andere auch zwei Stunden erhalten."
So soll verhindert werden, dass die Bundeswehr allein die Sicht der Schüler auf strittige Themen präge, sagt Sigrid Beer, Landtagsabgeordnete der Grünen aus Paderborn und Sprecherin im Ausschuss für Schule und Weiterbildung. Um "Waffengleichheit" bei den Sachmitteln herzustellen, können Friedensaktivisten laut Beer auch die Kosten für ihre Fahrten aus einem Budget im Landeshaushalt ersetzt bekommen.
Bielefelder Schüler verlangten "Hausverbot für Bundeswehr" Die Kritik einiger Organisationen lässt das nicht verstummen. Man wolle die Armee "ganz aus den Schulen herauskriegen", sagt der Sprecher von Pax Christi Paderborn, Anton Schneider. Die katholische Organisation Pax Christi hält die Bundeswehr "zu Friedenserziehung und Friedensbildung nicht geeignet". Auch an Schulen gab es schon Proteste. 2010 verlangten Schüler des Helmholtz-Gymnasiums in Bielefeld ein "Hausverbot für die Bundeswehr"."Das Engagement der Bundeswehr kann rechtlich nicht verboten werden", betont Sigrid Beer. Schließlich stehe die Bundeswehr auf dem Boden der Verfassung. Allerdings wurde beschlossen, dass die Jugendoffiziere in der Ausbildung der Lehrer nichts mehr zu suchen haben. Etwa sei das Politiksimulationsspiel POL&IS "gern in der Ausbildung von Referendaren nachgefragt worden", berichtet der in NRW für Jugendoffiziere zuständige Sprecher der Bundeswehr, Helmmar Schmidt. Noch "vor drei Wochen" seien entsprechende Anfragen bearbeitet worden - zum Ärger des Ministeriums. Kommentar
Dokumenten Information Copyright © Neue Westfälische 2013 Dokument erstellt am 08.10.2012 um 21:30:46 Uhr Letzte Änderung am 09.10.2012 um 15:42:41 Uhr