Jens Hecht

freiberuflicher Musikproduzent, Sound Designer, Dozent & Autor, Berlin

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Black Box: Roland TR-626 (1987) Vintage-Drumcomputer - AMAZONA.de

Die Drumcomputer aus dem Hause Roland sind sicherlich mit die bekanntesten und beliebtesten ihrer Art und vor allem mit der TR-Reihe hat Roland ganze Genres maßgeblich geprägt. Heute stellen wir euch die Roland TR-626 aus dieser legendären Serie vor.

Die Geschichte der Roland TR-626

1981 erschien Rolands analoger Klassiker TR-808 fast gleichzeitig mit der digitalen Linn LM1, die bereits mit einer Sample-basierten Klangerzeugung arbeitete und deutlich realistischer Drumspuren ermöglichte. Während die TR-808 und auch ihr hybride Nachfolgerin TR-909 erst einmal viele Jahre in der Versenkung verschwanden, setzte der gesamte Markt für Drumcomputer auf die neue Sample-Technologie. Erst 1985 brachte Roland mit den beiden Modellen TR-707 und TR-727 adäquate Wettbewerber auf den Markt. Da Sample-Speicher nach wie vor sehr kostspielig war, bediente die TR-707 die klassische Rock-Pop Bedürfnisse der Musikproduzenten, während die TR-727 ausschließlich mit Percussion-Sounds bestückt war. Erst mit dem Nachfolger TR-626 vereinte Roland die Drums beider Maschinen in einem Gerät. Leider wurden dafür an anderer Stelle Abstriche gemacht, um den Preis nicht durch die Decke gehen zu lassen. So fehlte z. B der integrierte Audiomixer, der jedem Sound auf der Oberfläche des Gehäuses einen eigenen Fader zur Verfügung gestellt hatte. Nicht gestrichen wurden hingegen die Einzelausgänge.

Ein Jahr später ergänzte Roland seine Produktpalette um eine abgespeckte Version der TR-626 und nannte diese TR-505. Die Roland TR-505 hatte deutlich weniger Sounds als die TR-626, verzichtete darüber hinaus auf Einzelausgänge und war in einem kleineren Gehäuse untergebracht.

Schauen wir uns die TR-626 einmal genauer an:

Facts & Features der TR-626

Die TR-626 arbeitet mit 12 Bit PCM-Samples, wie auch die Vorgänger TR-707, TR 727 und die Budget-Version TR-505. Die Roland TR-626 bietet eine 8-stimmige Polyphonie, Pitch-Funktion von 7 Halbtönen in beiden Richtungen, 8 individuelle Ausgänge sowie Echtzeit- und Step-Recording mit jeweils 48 Presets- und User Patterns. Der Main-Out ist ein Stereoausgang ohne Panning und es gibt auch einen 3,5 mm Trigger-Ausgang, welcher beim Abspielen einer Rimshot einen +5 V Impuls sendet, um Synthesizer mit CV-Eingängen anzusteuern. In den meisten Fällen müsste man diese dann folglich stummschalten. Der Klangcharakter ist typisch 80er, aber einige Sounds und vor allem der Sequencer lassen sich auch heute noch für verschiedene Genres nutzen.

Hier nochmal die wichtigsten Spezifikationen im Überblick:

48 Presets- und 48 User-Patterns 6 Songs mit bis zu 999 Steps 30x 12 Bit PCM-Samples 8-stimmige Polyphonie Matrix-Display 16 Drum-Pads 6,3 mm Stereoausgang 6,3 mm Kopfhörerausgang 8x 6,3 mm Monoausgänge 6,3 mm Start-/Stop-Eingang für Fußschalter 3,5 mm Trigger-Ausgang Tape-Sync In/Outs MIDI In/Out Der typische Charakter der 80er-Drums

Es gibt 30 verschiedene Drum-Stimmen, welche mit den Pads, die zwar keine Variation der Anschlagsstärke bieten, aber individuell im Pegel eingestellt werden können, gespielt bzw. programmiert werden. Durch die Polyphonie können maximal 8 Stimmen gleichzeitig abgespielt werden und die Sounds sind gruppiert, was bedeutet, dass man z. B. Snare 1 und Snare 2 nicht layern kann, da diese auf einer Gruppe liegen. Claps und Shakers in einem Pattern? Leider nicht. Wie bereits erwähnt, können die Sounds auch innerhalb eines Bereichs von 15 Halbtönen (+/-7) gestimmt werden.

Wichtig zu wissen ist, dass Änderungen bei Pitch und Velocity global funktioneren. Versetzt man beispielsweise seine Toms um einen Halbton, so wird dieser Sound auch bei allen anderen Patterns dementsprechend versetzt. Neben den typischen akustischen Drumsounds, ist die TR-626 mit einigen Latin-Percussion-Sounds ausgestattet. User der TR-626 haben oft bemängelt, dass die Bassdrum zu dünn klänge und die Sounds der Open HiHat, Cymbals und Toms in ihrer Ausklingzeit etwas stark beschnitten seien. Dennoch lassen sich tolle Grooves bauen die, wie ich finde, vor allem als Unterstützung gut funktioneren. Hier ein Beispiel-Pattern, das ich mit einen externen Filter bearbeitet habe:

Liste aller Sounds und Sounddemo

Hier mal ein Klangbeispiel mit Presetpatterns der Roland TR-626:

Und hier eine Liste mit allen verfügbaren Sounds:

Einfach und nützlich: Der Sequencer

Der Sequencer der Roland TR-626 wird durch ein unbeleuchtetes Display unterstützt, das technisch dem der beiden Vorgängern entspricht, aber weniger Spuren gleichzeitig anzeigen kann. Oben deutlich zu erkennen, eine bedruckte Folie die über dem Display liegt und die einen guten Kontrast bietet. Das Display selbst setzt nur nur Punkte innerhalb des vorgegebenen Rasters.

Der Sequencer bietet 16 Steps pro Pattern mit Shuffle-, Accent-, Scale-, und Flam-Funktion. Es gibt 3 verschiedene Akzentwerte, die sich für jeden Sound des jeweiligen Schritts einstellen lassen. Zum Vergleich: Bei einer TR-808 hat dies Einfluss auf alle Sounds des jeweiligen Steps genommen. Die Pads können beliebigen MIDI-Noten zugewiesen werden, womit sich die TR-626 generell auch als solider Sequencer nutzen lässt. Die Noten werden auf dem LCD-basierten Raster eingegeben und können auch im laufenden Aufnahmemodus wieder gelöscht werden. Als die TR-626 auf dem Markt kam, gab es MIDI zwar erst seit wenigen Jahren, jedoch erkennt die Schnittstelle zum Beispiel schon MIDI-Positionszeiger, um mehrere Sequencer an gleicher Position starten zu können. Der Speicher lässt sich übrigens per SysEx auf ein externes Gerät übertragen. Durch die Anreihung verschiedener Patterns lassen sich viele Variationen eines Grooves bauen, was den Sequencer durchaus auch livetauglich macht.

Die Unterschiede zu TR-707, TR-727 und TR-505

Mit der Roland TR-626 löste Roland die 2 Jahre zuvor veröffentlichten TR-707 (Drums) und TR-727 (Percussion) ab. Dabei wurden einige Dinge verbessert, andere wiederum fielen dem Rotstift zum Opfer.

Die TR-707 und TR-727 besitzen zur Kontrolle der Lautstärker jedes einzelnen Sample einen eigenen Fader, die TR-626 hat nur einen Volume-Regler für den Mix-Ausgang,.

Das Display der Vorgänger bot mehr Übersicht, indem es die Patterns aller Sounds anzeigte. Auf der Habenseite der TR-626 steht dafür ein größer Speicher (2 Songs mehr) und eine Stimmfunktion der einzelnen Samples.

Klanglich ist anzumerken, dass TR-707 und TR-727 analoge VCAs und Hüllkurven verbaut haben. Manche User schwören deshalb auf die 7er-Modelle, die deshalb angeblich mehr Druck besitzen.

Und auch kurz der wesentliche Unterschied zur kleineren TR-505:

Die TR-505 kommt mit 16 dieser Samples aus, wogegen die TR-626 immerhin schon 30 davon an Bord hat. Außerdem besitzt die TR-505 keine Einzelausgänge. Auch die Stimmfunktion der einzelnen Samples macht die TR-626 wesentlich interessanter. Eine weitere Funktion, die man bei bei der TR-505 vermisst, ist die Flam- und Shuffle-Funktion der TR-626. Damit lässt sich natürlich wesentlich mehr Groove in so manches Pattern bringen.

Und sonst so?

Das Frontpanel bietet ausreichend Platz, um Schalter, Buchsen oder Potis hinzuzufügen, falls man auf die Idee kommen sollte, das Gerät zu modifizieren. Auch wenn die TR-626 für heutige Verhältnisse relativ groß ausfällt, ist sie doch sehr leicht und durch das Batteriefach für 6 AA-Batterien definitiv auch als portables Gerät anzusehen. Im Studio kann das Ganze über ein übliches 9 V Netzteil betrieben werden.

Die TR-626 on YouTube

Hier ein schöner Vergleich zwischen den beiden Modellen TR-626 und TR-707:

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