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Reportage

Mexiko feiert die größte Marien-Wallfahrt der Welt

Alejandro Lopez Perez hat einen weiten Weg hinter sich, als er die Basilika der Jungfrau von Guadalupe im Norden von Mexiko-Stadt erreicht. Er ist mit einer Gruppe aus dem rund 800 Kilometer entfernten San Cristobal im Bundesstaat Chiapas angereist – zu Fuß. Tagelang sind er und die anderen 30 Pilger, darunter zehn Kinder und Jugendliche, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gewandert.
"Wir bitten die Jungfrau darum, dass unsere Kinder gesund bleiben und wir Arbeit haben. Wir reisen jedes Jahr an und dank der Jungfrau geht es uns gut", erklärt der 31-Jährige. Die Gruppe um Alejandro lässt sich im Menschenmeer leicht an ihren individuellen Schürzen erkennen.

1531 erstmals erschienen

Auf deren Vorderseite ist groß die Guadalupe mit einem Rosenkranz gestickt. Einige der Pilger tragen Blumensträuße, die sie ihr zum Dank für die Güte auf den Altar legen wollen.
Die Legende um die Jungfrau geht auf das Jahr 1531 zurück. Am 9. Dezember soll damals die Jungfrau hier dem Indio Juan Diego erstmals erschienen sein. Daraufhin bat er den Bischof, auf dem Hügel eine Kapelle errichten zu dürfen. Der Bischof zögerte, willigte dann aber nach kurzem Zögern ein, als er am 12. Dezember auf dem Mantel des Juan Diego auf unerklärliche Weise ein Bild der Jungfrau Maria entdeckte.

Forum für politische Appelle

Ihr Fest wird daher am 12. Dezember gefeiert, in den Tagen davor schon machen sich viele Pilger wie Alejandro Lopez Perez auf zur gewaltigen Basilika, die rund 10 000 Menschen Platz bietet. Und die Geistlichen nutzen das große Forum auch schon einmal für politische Appelle. "Unser Mexiko wird vom Bösen heimgesucht: Organisiertes Verbrechen, Ungerechtigkeit und Korruption, die zum Himmel schreit, tausende Familien, die zu Hunger und Armut verdammt sind und infame Entführungen", sagte 2013 der Generalvikar Enrique Glennie Graue.

Die Jungfrau von Guadalupe gilt als zentrale Patronin Lateinamerikas und ist die Nationalheilige Mexikos. Rund die Hälfte aller Mexikaner besucht mindestens einmal im Leben einen ihrer Altäre in dem Land. "Im vergangenen Jahr haben in der Woche vor dem 12. Dezember neun Millionen Gläubige vor der Guadalupe gebetet", sagt eine Sprecherin der Basilika. Dieses Jahr werden ähnlich hohe Zahlen erwartet.

Basilika - das zweitwichtigste Ziel der katholischen Pilger

Somit stellt die Basilika der Jungfrau Guadalupe nach dem Vatikan das zweitwichtigste Ziel der katholischen Pilger dar und ist mit rund 22 Millionen Besuchern im Jahr der meistbesuchte Marienwallfahrtsort. "Für mich ist die Wanderung hierher auch ein Fest unter Freunden. Der Tag der Jungfrau ist mir wichtiger als unser Nationalfeiertag", sagt Pilger Alejandro.
Der Hügel um die Basilika gleicht einem Festivalgelände. Das weitläufige Areal ist gesäumt von Ständen mit Rosenkränzen, gekreuzigten Jesus-Figuren und Marienbildern auf Kerzen, T-Shirts und Beuteln. In ihre Gebete versunkene Nonnen räuchern die Besucher mit Weihrauch ein. Tänzer in bunt bestickten Gewändern tanzen zu Klängen einer Marimba, einem mittelamerikanischen Xylofon. Die Musik wird zwischenzeitlich vom Läuten der Basilika-Glocken durchbrochen.

Bis zum Sonntag wollen die Pilger ihre Heimat erreichen

Während die einen hier in ausgelassener Freude schwelgen, wenden sich die anderen in tiefem Schmerz an die Jungfrau. Als die Mittagsmesse beginnt, nähern sich einige Gläubige dem weiß gekleideten Priester auf Knien. Unentwegt murmeln sie ihre Gebete. Auch Guadalupe Ramírez García ist auf dem Weg zur Andacht. "Ich habe die Jungfrau viele Jahre nicht besucht. Jetzt möchte ich sie um Verzeihung bitten", berichtet die 76-jährige Namensvetterin. "Ich hoffe, dass sie mir helfen kann, meine Krankheit zu überstehen, die mir die Kraft raubt."

In den Altären um die Basilika brennen tausende Kerzen. Auch Alejandros Gruppe schließt ihren Besuch damit ab, Lichter für die Verstorbenen anzuzünden. Dann geht es auf dem gleichen Weg hunderte Kilometer zu Fuß zurück in das weit entfernte San Cristobal. Bis zum Sonntag wollen die Pilger ihre Heimat erreichen. Um dann in ihrer eigenen Kirche den Geburtstag der Jungfrau Guadalupe zu feiern.