Deplatziert wirken sie; und mit
ihrer Oberfläche aus grünem Kunststoff seltsam künstlich. 22 Meter sind
die überdimensionalen Gewächse hoch – Urlaubsstimmung will nicht
aufkommen. Ob wenigstens die Blätter in der Krone echt sind, lässt sich
von unten kaum sagen, aber auch sie wirken seltsam statisch. Worum
handelt es sich? Ein ausgeklügeltes Raketenabwehrsystem im Palmenkostüm?
Eine alternative Nutzung für Dekopalmen, die ursprünglich Reisende am
Flughafen BER auf ihren Urlaub einstimmen sollte?
Wie so häufig, wenn es um
Unerklärliches geht, handele es sich bei dem Palmen-Paar um Kunst. So
steht es jedenfalls auf der Website des BND. Artikel im Internet streuen
das Gerücht, der BND hätte sich als Palmen getarnte Funkmasten in den
Vorgarten gesetzt. Ratlosigkeit herrscht auf Nachfrage auch bei der
Pressestelle des BND, schließlich sei man bei der
Informationsübermittlung doch schon längst auf Satelliten umgestiegen.
Gesehen habe der BND-Pressesprecher die seltsamen Kunststoffpflanzen
aber durchaus und das Ganze als Kunst am Bau ausgemacht.
Tatsächlich war es der
Nürnberger Künstler Ulrich Brüschke, der die Palmen als
Gruppenausstellung unter dem Namen "0° Breite" entwarf. An gut getarnte
Spionagegerätschaft sollen sie erinnern, selbstverständlich mit einem
Augenzwinkern. 2009 setzte sich der Entwurf als Kunst-am-Bau-Projekt für
die Terrasse zum Pankepark, dem Hof des BND, durch. Die Begründung des
Preisgerichts kommt ähnlich kryptisch daher, wie das Kunstwerk selbst:
"Die Palmen geben dem Gebäude eine seltsame Ortlosigkeit, die irgendwo
im Niemandsland zwischen Wüste und Shopping Mall Momente der
Verschiebung und Dislozierung schafft." Dechiffriert heißt das:
Übergroße Plastikpflanzen sind immer ein Hingucker, egal wo. Auch nachts
kommen die Palmen ihrem Auftrag nach und machen leuchtend auf sich
aufmerksam.
Zweimal war das Projekt zur
kunstvollen Verschönerung der Terrasse zum Pankepark ausgeschrieben. Am
ersten Durchgang nahmen etwa 400 Künstler teil und doch konnte keiner
von ihnen die fachkundigen Männer und Frauen aus Kunstszene und Bauwesen
überzeugen. Zu geheim wurde das Projekt gehandelt. Zu wenige
Informationen ließen die Künstler mit ihren Vorschlägen im Trüben
fischen. Erst genauere Angaben zu den schwierigen Baubedingungen des
Standorts konnten im zweiten und diesmal offenen Wettbewerb die Suche
zum Ziel führen. Leicht sollte das gesuchte Kunstobjekt sein, um die
Statik des im Untergrund versteckten Geflechts aus Fluren und Räumen
nicht zu gefährden. Alternativ zu den Palmen könnten heute auch
bewegliche Stahlgitterkonstruktionen mit Parabolantennen vor dem Gebäude
umher eiern. Die zweitplatzierte Arbeit von Alexander Laner trug den
passenden Titel "Agenten".
Um eventuelle Irritationen ausschließen, entschied sich die Jury jedoch dagegen. Wäre es nach dem drittplatzierten Künstler, Holger Beisitzer, gegangen, stünde auf den Terrassen zum Pankepark heute eine steingewordene Lektion zum Thema Schwerkraft in Form eines fünf Grad geneigten Turms. Das ausgewogenste Ergebnis versprach man sich jedoch von Brüschkes Palmen: "Die räumliche Fernwirkung, Leichtigkeit und Höhe der Palmen setzen einen starken Kontrapunkt zur Strenge und Monumentalität der Fassade."
So wird aus dem Bundesnachrichtendienst das Haus mit den zwei Palmen. Eine gute Tarnung!
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